Rainer Nikowitz

Rainer Nikowitz Fragen Sie Frau Erna!

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Werte Frau Erna!
Vermutlich haben auch Sie meinen mutigen Vorstoß für eine allgemeine Frauen-Wehrpflicht mitbekommen – ebenso wie den tags darauf folgenden und wahrscheinlich noch mutigeren Vorstoß gegen eine allgemeine Frauen-Wehrpflicht. Nachdem ich an dieser meiner neuen, aktiven Amtsauffassung zunehmend Gefallen finde, plane ich in näherer Zukunft weitere, im Moment wohl allen Bürgern heftig unter den Nägeln brennende Denkanstöße und Verbesserungsvorschläge – und deren unmittelbaren Rückzug. Ich bin mir allein über die Dringlichkeit und damit die taktisch klug gewählte Reihenfolge der Artikulierung meiner Ideen noch im Unklaren und ersuche Sie um Ihren Rat: Soll ich zuerst für eine verpflichtende Matura in Zeichnen und Werken und dann dagegen sein, anschließend für die Abschaffung von Plumpsklos auf Almhütten und dann dagegen und zum schönen Abschluss der ersten Tranche meiner Aktivitäten für einen in der Säure sehr ausgeprägten Veltliner-Jahrgang und dann dagegen sein – oder doch umgekehrt?
Hochachtungsvoll
Heinz Fischer,
Bundespräsident

Sehr geehrter Herr Bundespräsident!
Wenn Sie meine ganz persönliche Meinung wissen wollen: Ich halte es ja für hoch an der Zeit, dass endlich einmal jemand, dessen Wort Gewicht hat, für und gegen die Windelhose für Fiakerpferde eintritt. Dieses Thema wurde ja leider durch Wirtschaftskrise und Sparpakete völlig aus der öffentlichen Wahrnehmung gedrängt. Weiters wünsche ich Ihnen noch einen wirklich erholsamen Sommer!
Hochachtungsvoll
Frau Erna

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Liebe Frau Erna!
Wie Ihnen vielleicht bekannt ist, plant der ORF zur Schließung einer klaffenden Wunde in seinem öffentlich-rechtlichen Charakter eine spektakuläre Doku-Soap, bei der ein österreichisches Team um Hermann Maier schneller am Südpol sein soll als ein deutsches Team um Joey Kelly – bekannt vor allem durch seine ­Teilnahme an der Wok-WM und seine Teilnahme an der Wok-WM. Damit man das Ganze in bewährter Manier endlos in die Länge ziehen kann, werden in einem ausgefeilten Casting-Verfahren auch vier Menschen wie du und ich ausgewählt, die mitdürfen. Hier also meine Frage: Wollen Sie nicht mitmachen? Oder wenn schon nicht das: Würden Sie dann wenigstens den Fernseher aufdrehen? Biiiiitte!
Mit freundlichen Grüßen
Alexander Wrabetz
Immer noch ORF-General

Sehr geehrter Herr Wrabetz!
Im Zweifel sogar noch Ersteres. Allerdings ist auch dies mit meiner Lebensplanung in den nächsten Monaten leider überhaupt nicht vereinbar, weil ich ja in diesem Fall mindestens die Folgen 512 bis 568 von „Anna und die Liebe“ versäumen würde – und dann finde ich bei der Komplexität der Handlung nie wieder hinein. Sie werden schon einen würdigen Ersatz für mich finden. Vielleicht hat ja Wolfgang Lorenz zufällig gerade Zeit.
Mit freundlichen Grüßen
Frau Erna

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Liebe Frau Erna!
In tiefer Sorge, ja eigentlich sogar im Zustand bodenloser Verzweiflung wende ich mich heute an Sie: Der Fall jenes ÖBB-Regionalzugs, der vergangene Woche auf dem Weg von Linz nach Salzburg in Attnang-Puchheim eingezogen werden musste, weil aufgrund des aberwitzigen Sparkurses und des damit verbundenen ungeheuren Personalmangels, den wir noch der schwarz-blauen Horrorregierung zu verdanken haben, für einen krankgemeldeten Schaffner kein Ersatz zu finden war, empört mich als in der Wolle gefärbten Eisenbahner so ungemein, dass ich kaum Worte finde. So etwas passiert eben, wenn man Menschen tagtäglich dem zermürbenden Warten auf den 52. Geburtstag aussetzt, an dem sie sich endlich am Ende ihrer Kräfte in die höchst verdiente Pension schleppen dürfen. So etwas passiert, wenn man Golden Handshakes anbietet, die maximal silbern sind – wenn nicht sogar aus Platin. Und dann hauen auch noch immer alle fest auf die Bahn hin! Ich bitte Sie also hiemit um etwas Trost – und vielleicht eine kleine Verzweiflungszulage?
Am Boden zerstört
Wilhelm Haberzettl,
ÖBB-Konzernbetriebsratsvorsitzender

Lieber Herr Haberzettl!
Ich darf Ihnen sagen, dass ich wirklich aus tiefstem Herzen mit Ihnen fühle. Eine Zulage kann ich Ihnen zwar leider nicht bieten – aber ich würde Sie gerne zum Essen einladen. Würde ein lukullisches Menü in einem ÖBB-Speisewagen auf der Südbahnstrecke Ihren Schmerz wenigstens ein bisschen lindern?
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Frau Erna

Sehr geehrte Frau Erna!
Verarschen kann ich mich auch ­alleine.
Hochachtungsvoll
Wilhelm Haberzettl,
ÖBB-Konzernbetriebsratsvorsitzender

[email protected]

Rainer   Nikowitz

Rainer Nikowitz

Kolumnist im Österreich-Ressort