Rainer Nikowitz

Rainer Nikowitz Fragen Sie Frau Erna!

Fragen Sie Frau Erna!

Drucken

Schriftgröße

Sehr geehrte Frau Erna!
Vielen Dank für Ihre Bewerbung. Leider muss ich Ihnen aber mitteilen, dass Sie für die Stelle meines Büroleiters nicht infrage kommen, weil es dazu, wie Sie sicherlich verstehen werden, eines gewissen Vertrauensverhältnisses bedarf. Und mit der Laura wird man nun einmal halt nicht so schnell warm.
Mit dem Ausdruck aufrichtigen Bedauerns
Alexander Wrabetz, Unabhängiger

Lieber Herr Wrabetz!
Da kann man nichts machen. Aber vielleicht müssen Sie ja nach Ihrer nächsten Wahl den Posten eines stellvertretenden Stellvertreters für den stellvertretenden Stellvertreterstellvertreter besetzen. Sagen Sie mir doch bitte rechtzeitig, welche Qualifikation dafür vonnöten ist – und ich werde voll vertrauenswürdig sein!
Freundschaft, amen und, äh,
Heil Kornblume?
Frau Erna

*

Sehr geehrte Frau Erna!
Mein extrem unpopulistischer Vorschlag, Studiengebühren nur von Millionären zu kassieren, ist ja leider ungerechterweise rasch wieder in Vergessenheit geraten. Ebenso hat mein sowohl finanz- wie auch sicherheitspolitisch beeindruckender Vorstoß, die Eurofighter zu verkaufen und unseren Luftraum von irgendeinem netten Nachbarstaat mit beschützen zu lassen, sogar in meiner eigenen Partei zu flächendeckenden Lachkrämpfen geführt – und wir reden hier ja immerhin von der SPÖ, und die ist spaßtechnisch ­einiges gewöhnt. Jetzt ist es aber so: Ich hab schon wieder eine Spitzenidee gehabt! Gestern hat nämlich wer die „Krone“ vom Häusl in der Löwelstraße gefladert, und ich hab dadurch völlig unvermutet ein bissl Zeit zum Nachdenken gehabt und – peng! Da ist mir plötzlich eingefallen, dass wir überhaupt kein Budgetdefizit hätten, wenn uns die Reichen in einem Akt sozialer Gerechtigkeit die Eurofighter abkaufen und sie uns dann borgen. Ebenso könnte man mit sämtlichen unrentablen Nebenbahnen verfahren. Und natürlich mit den Autobahnen. Und …, und … Jetzt fällt mir grad nichts mehr ein. Ich geh gschwind noch einmal aufs Klo!
Ein bisschen stolz
Günther Kräuter,
auch Bundesgeschäftsführer

Sehr geehrter Herr Kräuter!
Brillant. Sie sind wirklich punktgenau in der richtigen Partei.
Gute Besserung
Ihre Frau Erna

*

Geschätzte Frau Erna!
Eben musste ich die ungeheuerliche Nachricht verdauen, dass Menschen, die der Reputation unseres Landes schweren Schaden zugefügt haben, ­namentlich vor allem die Ex-Minister Ernst Strasser und Hubert Gorbach, mit einem Diplomatenpass von einem dubiosen Gschäfterl zum nächsten reisen. Ich kann meiner Empörung über diese unglaublichen Sonderrechte für ­solche durch und durch amoralischen Korruptionisten kaum Ausdruck verleihen. Was ist das nur für ein Land, in dem so etwas möglich ist? Was meinen Sie, werte Frau Erna: Soll ich öffentlichkeitswirksam meinen eigenen Diplomatenpass zurücklegen, um gegen diese Ungeheuerlichkeit geharnischt zu protestieren?
Völlig außer sich
Karl-Heinz Grasser,
Botschafter der Herzen

Geliebter Herr Grasser!
Wie ich soeben in Erfahrung bringen konnte, ist es nicht mehr nötig, dass Sie Ihren Diplomatenpass zurücklegen. Die Herren Strasser und Gorbach haben dies nämlich getan, als sie ihrerseits gehört haben, dass Sie auch einen haben. Somit können Sie also, oh Sie Lichtgestalt des uneingeschränkten Finanzverkehrs, weiterhin unser schönes Land bei jeder Grenzkontrolle auf der gesetzesfreien Überholspur repräsentieren – wie Sie es ja immer schon taten!
Für immer die Ihre
Frau Erna

*

Gesegnete Frau Erna!
Ich muss meinem Missfallen darüber Ausdruck verleihen, dass die sehr christliche Idee meines Parteikollegen … Dings, äh, also von diesem ober-
österreichischen Bauern, den keiner kennt, böse Kirchensteuerflüchtlinge weiterhin mit ebendieser zu belegen, mit dermaßen wenig nächstenliebender Häme bedacht worden ist. Gerade in Zeiten wie diesen, in denen die Gottlosigkeit zum größten Problem vor ­allem der ÖVP geworden ist, wie Sie an den Wahlergebnissen unschwer erkennen können, sollte man ja sogar noch weiterdenken: Die Pflichtmitgliedschaft in den Kammern steht, weil Österreich ja ein voll freies Land ist, in der Verfassung. Und aus der Kirche soll man weiterhin einfach so austreten dürfen? Kruzitürken!
Das Flammenschwert schwingend
Michael Spindelegger, Messdiener

Lieber Herr Spindelegger!
Sie haben ja völlig Recht. Was bilden sich diese Ketzer eigentlich ein? Ich gehe jetzt sofort in den Keller und ­suche meinen spanischen Stiefel!
In gerechtem Zorn
Jungfrau Erna

[email protected]

Rainer   Nikowitz

Rainer Nikowitz

Kolumnist im Österreich-Ressort