Rainer Nikowitz

Rainer Nikowitz Goldrausch

Goldrausch

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Elisabeth Kaufmann-Bruckberger war ja nun wirklich keine, die ihre Freunde wechselte wie ihre Unterhosen. Dass sie im Dezember 2011 ins Parlament gekommen und in den folgenden neun elendslangen Monaten dem BZÖ ebenso ununterbrochen wie unumstößlich die Treue gehalten hatte, war diesbezüglich wohl wirklich Beweis genug. Aber dann lernte sie ihn kennen.

Frank war ja auf den ersten Blick gar nicht so sehr ihr Typ. Aber langsam fand sie Gefallen an seiner herzerfrischenden Natürlichkeit. An dieser aufrichtigen Freundlichkeit, die einen packte wie ein Schwertwal eine Robbe. Und dann seine endlose Geduld mit Leuten, die aufgrund eines Gendefekts oder vielleicht auch eines schrecklichen Traumas in ihrer Kindheit nicht aufhören konnten, ihn mit unangenehmen Fragen zu sekkieren! Einmal hatte Elisabeth mit eigenen Augen gesehen, wie er sich von jemandem nach der Uhrzeit fragen ließ. Echt! Einfach so! Erst als der Quälgeist die Antwort aus unerfindlichen Gründen nicht verstand und seine Frage renitent wiederholte, wurde er von den Bodyguards vermöbelt. Aber, Entschuldigung schon: Wenn man dermaßen drum bettelt?

Irgendwann fühlte sie, dass diese Lichtgestalt, die Gott in einer Sternstunde aus den Zutaten Transparenz und Fairness modelliert hatte, begann, ihr wohlige Serienschauer über den Rücken zu jagen. Und sie fand auch praktisch ­jedes seiner 14 Autos ziemlich cool.

Als Stronach sie dann in einem Moment ungeheurer Intensität und Intimität kehlig frug: „Derf i eh Lisi zou dir sougn?“ – da war es endgültig um sie geschehen. Bebend sank sie nieder und hauchte mit ihrer schönsten Scarlett-O’Hara-Stimme, die sie im Parlament bisher leider nur beim Bestellen in der Cafeteria erhoben hatte: „Frank, ich will ein Mandat von dir!“

Und jetzt, nur ein paar Wochen nach dieser Szene, die es an unschuldiger Reinheit mit jeder Schiefergasbohrung in Kanada aufnehmen konnte, musste Elisabeth entsetzt feststellen, dass diese undankbaren Kerle aus dem BZÖ, denen sie immerhin ihre besten Wochen geschenkt hatte, auf einmal behaupteten, es sei Geld im Spiel gewesen: Frank habe sie gekauft! Vielleicht mit jenen 500.000 Euro, von denen Josef Bucher behauptete, dass Stronach sie ihm angeboten habe. Oder mit jenen 15.000 Euro, von denen der steirische Abgeordnete Wolfgang Spadiut sagte, er hätte sie als monatliche Leibrente bekommen, wenn er nach einem Wechsel zu Frank bei der nächsten Wahl unglücklicherweise aus dem Parlament geflogen wäre.

Elisabeth lachte bitter. 500.000! 15.000 pro Monat! Schon allein diese Summen bewiesen doch, wie absurd der Verdacht war, sie habe sich damit kaufen lassen. Denn es musste doch bitte jedem klar sein, dass bei ihr schon viel weniger gereicht hätte!

Auch die anderen Mandatare, die sich Frank Stronachs Bewegung der vollkommen unverrückbaren Werte angeschlossen hatten, waren klarerweise schockiert von diesen Anwürfen. Schließlich kannte ganz Österreich Robert Lugar, Erich Tadler und Christoph Hagen als unbestechliche Männer von Ehre mit einem Rückgrat aus Krupp-Stahl.
Gut, vielleicht nur ein Teil von Österreich. Ein etwas ­kleinerer Teil. Ihre Freunde. Ihre Familien.

Robert Lugar, Erich Tadler und Christoph Hagen kannten also Robert Lugar, Erich Tadler und Christoph Hagen als unbestechliche Männer von Ehre mit einem Rückgrat aus Krupp-Stahl. Und da schmerzte es natürlich umso mehr, von diesen Losern aus dem BZÖ dermaßen gehässig verleumdet zu werden.

Sie sollten Geld genommen haben? Sie? Ganz so, als wären sie einfach nur ein Haufen von noch von Jörg Haider an irgendeiner Straßenecke eingesammelten Versagern, die 2013 lieber doch noch nicht zum AMS gehen wollten – und nicht die künftigen Erneuerer Österreichs?

Tadler erinnerte sich noch lebhaft an den Tag, als er nach einer angeregten Diskussion mit Stronach über dialektische Hermeneutik plötzlich wusste: Ja! Der ist es. Lugar wieder­um hatte sich einmal mit Frank gemeinsam Barcelona gegen Real Madrid angeschaut und die Expertise, man sollte diesen Messi künftig lieber ins Tor stellen, dermaßen faszinierend gefunden, dass er sein Herz in der Sekunde verloren hatte.

Und Christoph Hagen … Der war ja erst vor ein paar Tagen zu ihnen gestoßen. Der war erst dabei, sich einen guten Grund für seine neu entflammte Liebe zu überlegen, in dem nicht seine Kontonummer vorkam.
Nur Gerhard Köfer, der ja als Einziger nicht vom BZÖ gekommen war, blieb cool. Er war schließlich himmelhoch erhaben über diesen Verdacht, auf bedenkliche Zuwendungen angewiesen zu sein, besaß er doch als Energetiker Weltruf zwischen Spittal an der Drau und Möllbrücke. Und wenn er nicht mehr nur Franks Rennpferden seine heilenden Hände auflegte, sondern auch den Meerschweinchen, Kanarienvögeln oder Goldfischen des gewöhnlichen Volkes, dann war für ihn – wie übrigens auch für seine neue Partei – der Himmel die Grenze.

Aber: Nicht einmal da war er sich völlig sicher.

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Rainer Nikowitz

Kolumnist im Österreich-Ressort