Satire

Höchstkultur

Exklusiv! Die wichtigste Koalitionsbedingung der FPÖ in Salzburg lautet: Herbert Kickl hält die Eröffnungsrede bei den Festspielen.

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Gell, da schauen Sie jetzt aber wie ein Autobus, dass da auf einmal einer wie ich vor Ihnen steht. Einer, der nicht dazugehört. Zum System. Tja, so schnell kann’s gehen, oder? Aber ich kann Sie beruhigen: Ich spreche heute nicht als Politiker zu Ihnen. Oder zumindest nicht nur. Sondern, meiner wahren Berufung folgend, als immerhin fast fertiger Philosoph. Und natürlich – als Dichter! Ja, lachen Sie ruhig. Seien Sie versichert: Das wird Ihnen schon noch vergehen.

Ich kann mich in aller mir angeborenen Bescheidenheit mit ebenso viel Recht einen „Dichter“ schimpfen wie eure auf Regimentskosten durchalimentierten Staatsschreiberlinge, die glauben, sie müssen der Gesellschaft andauernd einen Spiegel vorhalten oder ihr sonst wie auf die Nerven gehen. Warum ich das darf? Dazu zwei wertfreie Feststellungen: Mein Beruf besteht in erster Linie darin, den Leuten andauernd was zu erzählen. Und: Zwischen Dichtung und Wahrheit ist ein Unterschied. Quod erat demonstrandum.

Apropos Demonstranten: Dass sich heute ein paar arbeitsscheue Großbürger als Kulturkleber draußen vor den Eingang hingepickt haben, um mir mein Recht auf freie Rede zu nehmen, zeigt nur, dass sie um nichts besser sind als ihre terroristischen Klimakinder. Pfui, sage ich! Diesem Totalitarismus werden aufrechte Demokraten wie wir niemals nachgeben. Wehret den Anfängen!

Man sagt uns Freiheitlichen gerne nach, wir seien kulturlose Banausen. Das ist aber natürlich nur eine linkslinke Lüge. Ich kann Kultur sehr viel abgewinnen. Außer der falschen natürlich. Aber sonst bin ich sehr interessiert. Ich kann Ihnen zum Beispiel aus dem Stand erklären, warum der „Jedermann“ auch heute noch total aktuell ist. Besser als jeder sogenannte Kulturkritiker. Denn was ist denn die Botschaft? Welche Assoziationen drängen sich förmlich auf?

Nun: Jedermann … will heutzutage zu uns. Jedermann … will nur unser Geld. Jedermann … hat sich gegen uns verschworen. Jedermann … hat es auf uns abgesehen! Diesen Gefühlen sollte man in der aktuellen Inszenierung vielleicht mehr Beachtung einräumen. Wie überhaupt wieder mehr aktuelle Themen unserer Zeit, die unter den Nägeln brennen, auf den Salzburger Bühnen verhandelt werden müssen, wie ich meine. Das ist doch wohl die vornehmste Vorgabe, die Kunst erfüllen muss, wenn sie relevant bleiben will – oder etwa nicht? Also braucht es mehr Themen wie: Inländerfeindlichkeit. Impfschadentraumata. Deep State. Chemtrails. Great Reset. Kornkreise. Da gäbe es so viele spannende Felder, über die sich bisher noch niemand schreiben getraut hat. Da brauchen wir eine neue Avantgarde, die nicht fürs System arbeitet, eine, die mutig vorangeht! Die Möglichkeiten sind da ja zum Glück sehr vielfältig, und ich will mich auch gar nicht in die Arbeit der Experten einmischen. Nur ein paar Denkanstöße geben, die aus dem gesunden Volksempfinden kommen, denn das wird man ja wohl noch sagen dürfen.

Wobei das ja hier bei euch in der Elite leider nicht so gefragt ist, nicht wahr? Da muss man ja leider sagen, dass die linkslinke Gehirnwäsche bis weit ins bürgerliche Milieu hineingewirkt hat – auch wenn da jetzt langsam Besserung eintritt. Und ich weiß, man blickt vom hohen Ross – und komme mir jetzt keiner damit, dass ich Rösser auch gerne mag, das kann man nicht vergleichen – auch sehr gern herunter auf die Kultur, die vor allem die autochthonen Massen, also jene braven, hart arbeitenden Menschen, die ihre Heimat lieben und denen ich mich verpflichtet fühle, wirklich bewegt. Und das ist nun einmal für die meisten: die volkstümliche Musik. Also sage ich: Mozart und Beethoven – schön und gut. Auch als ewiger Beweis für die kulturelle Überlegenheit unserer Völker. Aber warum kann man nicht hier, bei den Festspielen in einer lieblichen Stadt voller alpenländischer Tradition, auch einmal beides zusammenführen? Ich meine, für den Gabalier Andi wäre dieses lächerliche, angeblich Große Festspielhaus ja ohnehin ein paar Nummern zu klein – aber stellen Sie sich vor, die John-Otti-Band spielt hier gemeinsam mit den Philharmonikern „Immer wieder Österreich“. Das wäre ja vielleicht einmal ein Gänsehautmoment! Zweifellos einer, der über alle ideologischen Grenzen hinweg wirken würde. Und er würde helfen, die Gräben, die uns trennen, zuzuschütten. Ähnlich wie ein Coronamaßnahmenopferfonds, nur mit anderen Mitteln.

Mag sein, dass das manche von Ihnen noch als Sakrileg empfinden. Aber ich sage es ganz offen: Die Zeiten ändern sich. Sie haben sich schon geändert. Also wird sich auch die Kultur ändern müssen. Natürlich nur zum Besseren. Denn eines steht schließlich über all unseren Bemühungen, auch wenn manche nicht gleich hören wollen und dann fühlen müssen: Wir meinen es nur gut!

In diesem Sinne erkläre ich die Rieder Messe für eröffnet. Oder wie heißt das hier noch einmal schnell?

Rainer   Nikowitz

Rainer Nikowitz

Kolumnist im Österreich-Ressort