Rainer Nikowitz

Rainer Nikowitz Kampfgeister

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BZÖ-Obmann Josef Bucher, bekannt als durchsetzungsstarker Chef einer unverzichtbaren politischen Kraft, ohne deren Arbeit die vergangenen Jahre in Österreich sicherlich ganz anders verlaufen wären, hat sich ausbedungen, die Bundesliste seiner Partei für die Nationalratswahl im Alleingang zu erstellen. Vermutlich nicht zuletzt deshalb, weil nach der garantiert durch keinerlei finanzielle Anreize befeuerten Massenflucht seiner ziemlich großartigen Abgeordneten zu Frank Stronach eigentlich niemand mehr da ist, mit dem er sich über diese Liste unterhalten könnte. Bis auf einen: Stefan Petzner. Aber der beklagt sich lautstark darüber, offenbar nicht mehr erwünscht zu sein: Ihm bliebe nämlich nur ein Platz an unwählbarer Stelle. Das ist ein wenig kleinlich vom einzig wahren Erben Jörg Haiders – schließlich gibt es beim BZÖ ja keine anderen.

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Bundeskanzler Werner Faymann geriet bei einem Interview mit der ihm ausgesprochen ferne stehenden Gratiszeitung „Heute“ sicherlich nicht nur aufgrund der Hitzewelle gehörig ins Schwitzen. Der Chefredakteur des Qualitätsblattes quälte den Kanzler mit einer kritischen Frage nach der anderen, sodass Faymann schließlich in seiner Not nichts anderes mehr übrig blieb, als endlich einmal Farbe zu bekennen. Nämlich: „Österreich ist zu schön, um es schlechtzureden.“ Im Folgenden ein Auszug aus dem Interview – der allerdings nur von Menschen mit starken Nerven gelesen werden sollte.

Heute: „Wie werden die nächsten fünf Jahre?“
Faymann: „Schwierig, wir müssen die Ärmel aufkrempeln. Wir haben viel erreicht, aber um gleich gut zu sein, muss man noch mehr arbeiten.“

Heute: „Mit welchen Schwerpunkten?“
Faymann: „Wir wollen in Europa aktiver werden. Man kann in seinem eigenen Garten viel machen. Aber richtig schön ist er nur, wenn auch die Landschaft rundherum blüht.“

Heute: „Als Gärtner braucht es wieder die große Koalition?“
Faymann: „Das Land ist auch zu schön dafür, dass es schwarzblau wird.“

Trotz aller Härte geht es allerdings noch eine Spur investigativer. Unsere Vorschläge für Fragen für das nächste „Heute“-Interview:

„Ist Österreich nicht viel zu schön, um es schlechtzureden?“
„Warum wird dieser Spindelegger niemals so ein toller Hecht sein wie Sie?“
„Wie spät ist es?“

Und schließlich: „Darf ich Sie abschließend um ein Autogramm bitten – oder unterschreibt der Ostermayer den nächsten Inseratenauftrag?“

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Die Jung-Grüne Janine Wulz, deren größte Leistung als ÖH-Vorsitzende es war, mit dem „basisdemokratischen, feministischen, antisexistischen, progressiven, antidiskriminierenden, antirassistischen, emanzipatorischen, ökologisch-nachhaltigen, antifaschistischen, antinationalistischen, antiklerikalen, antipatriarchalen und antiheteronormativen“ Café Rosa aber sowas von total antikapitalistisch eine halbe Million Euro ÖH-Zwangsbeiträge zu verblasen, findet Eva Glawischnig „beschissen“. Die grüne Parteichefin hatte nämlich in einem „Presse“-Interview gemeint, dass Abschiebungen, sofern sie rechtlich gedeckt seien, an sich „selbstverständlich“ auch in Wahlkampfzeiten durchgeführt werden dürften. Die beiden sollten vielleicht auf einen antikoffeinären und vor allem durch und durch antirealistischen Kaffee miteinander gehen – dann dürfte alles wieder gut sein. Vorausgesetzt, Glawischnig zahlt.

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Frank Stronach ist es gelungen, seinem Team der allerbesten Köpfe noch eine weitere Spitzenkraft hinzuzufügen: Monika Lindner, schon als ORF-Generaldirektorin extrem erfolgreich, darf nun wirklich absolut als politische Zukunftshoffnung gelten. Außerdem nimmt sie es in puncto sympathischem Charisma locker mit Maria Fekter oder aber auch Darth Vader auf. Und wenn sich Erwin Pröll ärgert, was er nach dem herben Verlust seiner lieben Freundin möglicherweise ziemlich ausgiebig tut, dann hat Stronach auch schon circa 50 Prozent seiner politischen Agenda abgearbeitet. Ob sich Werner Mück, der gemeinsam mit Lindner dem ORF eine seiner denkwürdigsten Epochen bescherte, dem sicherlich laut ertönenden Ruf zur Mithilfe bei der Rettung Österreichs weiterhin verschließen kann, ist noch ungeklärt. Aber zumindest medienpolitisch wäre diese Traumpaarung ziemlich genau das, was Franks Werte so vorsehen.

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Michael Spindelegger überraschte bei der Vorstellung des völlig entfesselten ÖVP-Wahlprogrammes – er wird, wenn man ihn denn nur lässt, unter anderem 420.000 Arbeitsplätze schaffen und anschließend Wasser in Wein verwandeln – mit der geharnischten Forderung, die nächste Regierung müsse jetzt aber wirklich eine Reformregierung werden. Und die vergangenen fünf Jahre betreffend konstatierte er: „Das war zu wenig!“ Man kann sagen, was man will, aber: Das ist eine klarere Ansage, in Opposition zu gehen, als sie Wolfgang Schüssel jemals über die Lippen kam.

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Die FPÖ schließlich existiert laut Insidern tatsächlich immer noch. Sie weiß allerdings im Moment selbst auch nicht mehr so genau, warum.

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Rainer Nikowitz

Kolumnist im Österreich-Ressort