Rainer Nikowitz: Richtigstellung!

Herr Recep Tayyip Erdogan, von einem weitblickenden und gütigen Gott am 26.2.1954 auf die bis dahin schrecklich erdoganlose, nach Licht und Wahrheit dürstende Erde gesandt, Größter aller Großen, Klügster aller Klugen, Schönster aller Schnurrbärte und Sultan aller Sultaninen, befiehlt nachstehende Richtigstellung!

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Auch Ihre fälschlicherweise als „Nachrichtenmagazin“ titulierte anti-türkische Hetzschrift namens „profil“ stellte, wie leider viele lügnerische Feinde des Islam im europäischen Christenklub, wiederholt die unhaltbare Behauptung auf, das Osmanische Reich habe vor 100 Jahren einen Völker… – möge Allah in seiner unendlichen Weisheit jedem Ungläubigen, der es wagt, dieses Wort auch nur auszusprechen, die Zunge im Schandmaul verdorren lassen – also einen Völker…dings an den Armeniern begangen.

Dies ist selbstverständlich unwahr.

Allah ist mein Zeuge: Viele Armenier verspürten damals den ebenso unbändigen wie unerklärlichen Wunsch, das großartigste Land der Welt zu verlassen. Und das Osmanische Glorreich erklärte sich schweren Herzens bereit, ihnen bei all den logistischen Problemen, die so ein Umzug mit sich bringt, kräftig unter die Arme zu greifen. So taten die umsichtigen Behörden ihr Äußerstes, um den Armeniern die doch ausgesprochen aufwendige Reiseplanung abzunehmen und ihnen auch möglichst wenig Last in Form von persönlichen Habseligkeiten aufzubürden. Natürlich kann es aber bei einer solch groß angelegten Gruppenreise, die in etwa mit dem jährlichen Ansturm hässlicher weißbäuchiger Deutscher auf Mallorca zu vergleichen ist, leider auch zu vereinzelten Unglücksfällen kommen. So sind einige tragische Szenen überliefert, in denen die bei Urlaubern verbreiteten Flipflops zu einem Stolpern führten, das leider in einem zufällig anwesenden Bajonett endete. Auch litten viele Armenier unter starkem Schnupfen und einem schwachen Immunsystem. Wieder andere übertrieben es leider mit der Diät … und so weiter und so fort.

Wer nun aber all das der exorbitantesten unter den Nationen, unserem gesegneten Land, dessen glückliche Kinder sich von Milch, Honig und den allenthalben herumfliegenden gebratenen Tauben nähren, anlastet, ist ein widerlicher Schurke, den dereinst im Jenseits keine 72 rehäugigen, nach Zuneigung gierenden Jungfrauen erwarten mögen, sondern ebensoviele und von ebensolchen Absichten geleitete, rotäugige, vierschrötige Cracknazis! Und der gleichen Strafe sollen auch alle anheim fallen, die die gotteslästerliche Ungeheuerlichkeit ausspucken, meine mehr als begreifliche Erregung habe mit den anstehenden Wahlen in der Türkei zu tun, für die ich nicht mehr zu bieten hätte als unappetitliche nationalistische Aufwallung und grotesken Führerkult, um den mich sogar mein geschätzter Kollege Kim Jong-un beneiden würde.

Und wenn ich, der legitime Nachfahre von Attila dem Hunnenkönig, Süleyman dem Prächtigen und Hadschi Halef dem Omar, mich schon dazu herablasse, an nichtswürdige und trotz ihrer Weigerung, mir die Ehrerbietung zukommen zu lassen, die einem Titanen des Weitblicks und der Sittsamkeit zusteht, immer noch in Freiheit befindliche Journalisten mein güldenes Wort zu richten, sollen hier auch gleich noch einige andere Richtigstellungen getroffen werden.

Der erste Mann auf dem Mond war keineswegs dieser amerikanische Scharlatan Neil Armstrong, sondern natürlich Mustafa Yilmaz Erzgün, der nach der Absolvierung einer ganz normalen türkischen Pflichtschule über genügend Fachwissen verfügte, um aus leeren Milchflaschen, mehreren Köfte-Spießen und einem Schaffell – Letzteres als Sitzbezug – im Jahr 1947 die erste Weltraumrakete zu bauen. Als er – wie es sich für richtige Männer gehört, natürlich ohne Sauerstoff – den Mond betrat, sprach er jene Worte, die für immer in das Gedächtnis unserer vor allem stolzen Nation eingraviert sind: „Es ist ein großer Schritt für die Menschheit – aber ein Türke macht auch den mit links.“

Und wenn wir schon in den unendlichen Weiten des Weltalls sind: Mr. Spock war nicht vom Vulkan, sondern aus Trabzon.

Die erste Herztransplantation der Welt fand im Bazar von Istanbul statt, durchgeführt wurde sie von einem minderjährigen Teeverkäufer mit einem rostigen Taschenmesser. Sie dauerte zehn Minuten, länger war seine Mittagspause nun einmal nicht. Das beste Auto der Welt ist der Pörsche, dem ruchlos von bis heute an der Großartigkeit unseres Erfindergeistes und unseres technologischen Vorsprungs verzweifelnden Westlern einfach die Ö-Striche gestohlen wurden. Beim Öpel war das zwar auch ärgerlich, aber nicht ganz so tragisch. Und wenn ihr Kreuzritter glaubt, der Mount Everest sei das Ergebnis einer simplen tektonischen Plattenverschiebung, dann seid ihr tatsächlich so naiv, wie ich es ohnehin immer schon geahnt habe.

Und zum Schluss sei euch noch eines gesagt, damit es ein für allemal klar ist und dann nicht das große Wehklagen einsetzt: Ich bin bekanntlich mit grenzenloser Güte und Geduld gesegnet – aber selbst der Auserwählte stößt mitunter an seine Grenzen. Wenn sich also die EU weiterhin so lächerlich aufführt, dann lasse ich sie nie der Türkei beitreten. So wahr ich Gott helfe!

Rainer   Nikowitz

Rainer Nikowitz

Kolumnist im Österreich-Ressort