Rainer Nikowitz

Rainer Nikowitz Werner beinhart

Werner beinhart

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Er hat es geschafft. Endlich, nach einem harten politischen Leben voller Unbilden und Entbehrungen, ist er am Zenit angekommen. Hat sich gegen diese schreckliche Unsitte, die bei vielen Mitbürgern eingerissen ist, nämlich ihr ohnehin schon reizüberflutetes Gehirn gegen allzu viel ebenso unerwünschtes wie unnützes Wissen abzuschotten, mit der ihm eigenen Beharrlichkeit durchsetzen können.

Und jetzt ist er da. Ins kollektive Bewusstsein der Österreicher gekommen, um zu bleiben. Der Name, von dem eigentlich praktisch alle außer Karlheinz Kopf dachten, sie würden ihn sich nie im Leben merken müssen.
Endlich wissen die Österreicher, wer Werner Amon ist.

Dass das so lange gedauert hat, ist natürlich hochgradig ungerecht. Denn der charismatische Handelsschulabsolvent aus der Steiermark, der jetzt ein für alle Mal mit Staatsanwälten aufräumen wird, die glauben, sie können einfach so gegen einen Werner Amon ermitteln, ohne dass ihnen dieser Gigant des österreichischen Parlamentarismus vorher die ausdrückliche Erlaubnis dazu erteilt hat, kann auf eine Karriere zurückblicken, deren Glanz der breiteren ­Öffentlichkeit bisher völlig zu Unrecht verborgen geblieben ist.

Und dafür hat er ja auch alles gegeben. Zuvorderst einmal seine Jugend: Da Werner Amon schon als Chef der Jungen ÖVP geboren wurde, musste seine Jugend begreiflicherweise leider ausfallen. Wenn die Junge ÖVP etwas nicht brauchen kann, dann ja wohl Leute, die irgendwann einmal jung waren. Nicht zuletzt deshalb blieb Werner auch in diesem verantwortungsvollen Job, bis er 32 war. Erst dann konnte mit Silvia Fuhrmann eine in jeder Hinsicht würdige Nachfolgerin gefunden werden.

Dieser bedauerliche persönliche Verlust wurde Werner später wenigstens mit dem Großen Goldenen Ehrenzeichen für nicht näher bekannte Verdienste um die Republik Österreich vergolten. Aber diese Auszeichnung soll sich ja auch manch anderer, der im Korruptions-U-Ausschuss ein- und ausgeht, redlichst verdient haben. Das macht aber weiter nichts, denn Werner kann im U-Ausschuss schließlich auf ein anderes Alleinstellungsmerkmal verweisen: Er ist der Einzige, der sich dort selber untersuchen darf.

Auch anderweitig hat sich Werner langsam, aber stetig zur Allzweckwaffe der ÖVP entwickelt. Und die Tatsache, dass einer wie er dazu werden kann, verrät einiges darüber, warum die ÖVP so blendend dasteht, wie sie dasteht.

So ist Werner zum Beispiel Bildungssprecher seiner Partei. Warum auch immer. Und als solcher hat er gerade erst wieder kundgetan, mit der Umbenennung der Hauptschule in neue Mittelschule sei für ihn die Debatte um schulische Organisationsformen beendet. Somit konnte also die groß angelegte Bildungsreform aus Werners weitblickender Sicht auch schon wieder zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht werden, ohne dass man schreckliche Dinge tun musste, die er nicht so schätzt. Wie zum Beispiel etwas ändern. Und nun kann man sich beruhigt wieder den wichtigen schulischen Fragen zuwenden, wie zum Beispiel der, wie es denn um Himmels willen passieren konnte, dass es angeblich in der hinteren Buckligen Welt einen Schuldirektor gibt, der kein Parteibuch hat.
Weiters ist Amon gerade dabei, den Fall Natascha Kampusch völlig im Alleingang aufzuklären, bevor diese Dilettanten vom FBI daherkommen und ihm die ganzen Spuren zertreten. Von Mike Hammer trennt ihn eigentlich nur mehr eine Hasenscharte und ein Village-People-Schnurrbart darüber.

Nun gibt es zwar Menschen, die finden, sein jüngster TV-Auftritt, in dem er, als Vorsitzender des „Kampusch-Unterausschusses des Innenausschusses“ ja wohl der Experte schlechthin, befand, die Einzeltätertheorie sei „gefallen“, habe nur eines bewiesen: dass er den verschwitzten FPÖ-Wichtigtuern, die ständig mit neuen bahnbrechenden Erkenntnissen aufwarten, nicht viel nachsteht.

Aber, allen Besserwissern und Kritikern sei hiemit eines ins Stammbuch geschrieben: Können etwa Sie so einfach aus Ihrer Haut heraus? Und genau dieser harte, unbestechliche Blick, der Special Agent Amon so auszeichnet und der ihn im Fall Kampusch so klar sehen lässt, wie einen Olm in einem obersteirischen Bergsee, wird ihm jetzt zum Verhängnis. Die von ihm enttarnte Staatsanwaltschaft schlägt nämlich zurück und führt ihn jetzt aus Rache in einer anderen Causa als Beschuldigten. Ihn! Wegen 10.000 Euro, die der ÖAAB von der Telekom für seine viel gelesene Zeitung bekommen hat, und zwar als … als … Na, so halt! Ist das nicht wurscht? Wegen einer absoluten Lappalie bitte! Die ÖVP hat dieses Land nach ’45 sicher nicht uneigennützigst wieder aufgebaut – wofür ihr heutzutage übrigens generell viel zu wenig Dank entgegengebracht wird –, damit so was auf einmal als Korruption bezeichnet wird!

Mike Hammer würde wissen, was jetzt zu tun ist. Aber mit ihrem untrüglichen politischen Gespür wissen es ja zum Glück Karlheinz Kopf und Werner Amon auch.

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Rainer Nikowitz

Kolumnist im Österreich-Ressort