Es kann nur einen geben!
Gratulation, Herr Vizekanzler! Die in den SPÖ-Statuten festgelegte Frist ist verstrichen, es hat sich niemand gemeldet. Das heißt also: Sie werden beim kommenden Parteitag der einzige Kandidat für den Parteivorsitz sein. Da Sie ja auch Sportminister sind, lassen Sie mich mit einer tiefgründigen Sportreporterfrage beginnen: Wie fühlen Sie sich?
Babler
Dem Anlass entsprechend – hervorragend! Ich freue mich sehr, dass meine erfolgreiche Arbeit so eindrucksvoll gewürdigt wird. Und ab jetzt heißt es: Se sky is se limit!
Wie erklären Sie sich, dass über Ihren Sieg kaum berichtet wurde?
Babler
Die Medien sind bekanntlich alle in der Hand von gewissenlosen Kapitalisten und haben den Befehl, mich niederzuschreiben. Da können Sie jeden Anhänger von mir fragen, der wird Ihnen das sofort bestätigen. Darum machen wir ja jetzt auch SPÖ-TV, damit meine Verdienste endlich einmal medial richtig gewürdigt werden.
Ich bin mir sicher, das wird ein Gassenfeger. Sie treten jetzt also zu einer Wahl an, bei der Sie von vornherein wissen, dass Sie gewinnen werden. Das muss ja ein völlig neues Gefühl für Sie sein.
Babler
Keineswegs! Das ist praktisch wie früher in Traiskirchen.
Hatten Sie da auch keinen Gegenkandidaten?
Babler
Doch, das schon. Aber in Traiskirchen kann die SPÖ einen vollen Aschenbecher als Spitzenkandidaten aufstellen und gewinnt trotzdem.
Wobei die Freude, keinen Gegenkandidaten zu haben, manchmal ja leider auch trügerisch sein kann. Pamela Rendi-Wagner hatte auch keinen, bekam aber bei einem Parteitag trotzdem nur 75 Prozent der Stimmen. Befürchten Sie nicht, dass es Ihnen ähnlich ergehen könnte?
Babler
Ich wüsste nicht, warum.
Nun ja, unter Umständen vielleicht deshalb, weil die SPÖ in den Umfragen nur mehr bei etwas mehr als 18 Prozent liegt. Das ist für eine einstige Großpartei eine Zahl zum Fürchten. Sogar die völlig derangierte ÖVP liegt immer noch um drei Prozentpunkte vor Ihnen.
Babler
Das mag sein. Aber man muss die Zahlen hinter den Zahlen sehen!
Und spätestens seit dem Excel-Exzess bei Ihrer Kür zum roten Chef ist die SPÖ dafür ja herausragend prädestiniert!
Babler
Die ÖVP hat nämlich seit der Nationalratswahl fünf Prozent verloren – und ich nur drei! Das heißt also was?
Dass Sie beide immer weiter in die Rue de la Gack vordringen? Und dass die nächste Regierung ohne FPÖ deshalb wahrscheinlich aus allen vier anderen Parteien bestehen wird müssen?
Babler
Nein: Das bedeutet, dass die progressive Aufholjagd in vollem Gang ist!
Das wäre mein zweiter Tipp gewesen. Aber das heißt also, Sie bauen eher nicht darauf, dass Sie dazugewinnen und die ÖVP damit überholen – sondern eher darauf, dass die Schwarzen noch mehr verlieren und Sie dabei quasi unterholen.
Babler
Ich bin halt ein Pragmatiker.
Seit wann?
Babler
Wenn es um das situationselastische Anpassen von Wahlzielen geht und das flexible Festlegen dessen, was im Zweifel noch als Sieg verkauft werden kann, war ich das schon immer.
Man muss aber auch einräumen, dass Sie nicht zu beneiden sind. Der rechte Parteiflügel rund um Hans Peter Doskozil ist sowieso unglücklich mit Ihnen. Und jetzt brechen auch noch einige enttäuschte Linke weg, denen in den Mühen der Regierungsebene der große Revolutionswurf fehlt.
Babler
Da können Sie einmal sehen, wie viele Bälle ich in der Luft halten muss. Ich finde, dafür liege ich eigentlich in den Umfragen ausnehmend gut.
Dann nehmen wir einmal an, Ihre Rechnung geht auf. Sie bleiben auf Ihren 18 Prozent, die ÖVP hat am Wahltag noch weniger. Aber sind 18 Prozent tatsächlich ein Wert, mit dem man dann den Kanzleranspruch stellen kann?
Babler
Zum Ersten: Die 18 Prozent sind nicht in Stein gemeißelt. Die werden sich bis zur nächsten Nationalratswahl noch verändern, da können Sie sich sicher sein.
Da bin ich mir auch sicher. Ich fürchte allerdings, ich sehe da eine andere Veränderung herandräuen als Sie.
Babler
Und zum Zweiten: Selbstverständlich werde ich das tun. Und ich werde dann selbstverständlich ein Kanzler für alle Österreicher sein, nicht nur für die 18 Prozent.
Es steht zu befürchten, dass Sie das tatsächlich glauben.
Babler
Aber ich will nicht über ungelegte Eier gackern. Ich denke von Wahl zu Wahl. Und zunächst gilt es, diejenige beim SPÖ-Parteitag erfolgreich zu gestalten!
Ich bin mir sicher, die wird ein Triumph.
Babler
Und ich erst!