Strompreise: Her mit echtem Wettbewerb

Über 100 Netzbetreiber teilen sich ein natürliches Monopol, während im Strommarkt kaum echter Wettbewerb herrscht. Das System sollte dringend gedreht werden, schlägt oecolution-Geschäftsführer Christian Tesch im Gastkommentar vor.

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Eigentlich ist es klar: In einem natürlichen Monopol gibt es nur einen Anbieter, der muss reguliert werden. Bei Schieneninfrastruktur zum Beispiel. Im Markt sollte es viele Anbieter geben, die in gesundem Wettbewerb günstige Preise und besseres Kundenservice bringen. So ist es in (fast) allen Märkten.

Aber beim Strom stellt Österreich dieses Prinzip auf den Kopf. Da gibt es mehr Netzbetreiber (über 100) als Stromanbieter (nicht mal 40). Obwohl das Netz defacto ein natürliches Monopol ist, während der Strommarkt Wettbewerb dringend braucht.

Dabei ist Strom einer der zentralen Bausteine der Klima- und Energiewende. Sowohl die Integration der Erneuerbaren ins System als auch der steigende Strombedarf durch die Elektrifizierung bei Mobilität und Wärme stellen enorme Anforderungen ans Stromsystem. Große Investitionen sind notwendig. Explodieren allerdings die Strompreise, kommt die Energiewende unter Druck. Unternehmen verlieren an internationaler Wettbewerbsfähigkeit, Arbeitsplätze und Wohlstand sind gefährdet, weitere Investitionen in die Klimawende kaum mehr leistbar. Bürgerinnen und Bürger fordern den Rückwärtsgang bei der Klimawende, in der Hoffnung so wieder zu billigerem Strom zu kommen.

Die Klimawende kann aber sehr wohl eine positive Energiezukunft bringen. Weil Erneuerbare das Potential haben, billigeren Strom zu liefern. Aber nur, wenn man es klug macht. Gesamthaft geplant und reguliert im Monopol, wettbewerblich im Markt. Beides findet in Österreich maximal halbherzig statt.

Der Strommarkt wurde 2001 liberalisiert. Theoretisch. Der Vergleich mit dem - gleichzeitig liberalisierten - Telekommarkt belegt den Unterschied: Dort herrscht echter Wettbewerb. Ein Kampf und Kunden, mit niedrigen Preisen und kundenorientierten Angeboten.

Im Strommarkt bleiben die Kundinnen und Kunden den traditionellen Anbietern treu. Nicht einmal fünf Prozent haben im letzten Jahr den Anbieter gewechselt, die Hälfte überhaupt noch nie. Und das, obwohl man ordentlich was sparen kann - zwischen 200 und 400 Euro - wie ein Vergleich mit dem Tarifrechner der E-Control zeigt.

Die Stromversorger – wenige alternative Anbieter ausgenommen – machen eben auch keine Werbung. Die traditionellen – ehemals monopolitischen – Versorger beschränken sich brav auf ihr Bundesland. Den anderen kommen sie nicht in die Quere, und die ihnen auch nicht. Der Verbund als eigentlich österreichweiter Anbieter, wirbt zwar für Wasserkraft, aber nicht sonderlich um Kundinnen und Kunden. Jedenfalls nicht in jener Intensität, wie man es von A1, Magenta, Drei und anderen gewohnt ist.

Das mag auch daran liegen, dass einige Landesenergieversorger Miteigentümer des Verbund sind. Insgesamt gibt es eine Vielzahl an kreuzweisen Beteiligungen zwischen den Stromunternehmen. Der eine Vorstand sitzt im Aufsichtsrat des anderen. Und man wird doch nicht seinem eigenen Eigentümer die Kundinnen und Kunden abwerben. Die Bundeswettbewerbsbehörde hat dies heuer in einem Bericht zum Strommarkt ausführlich aufgearbeitet.

Die staatlichen (Mit-)eigentümer hätten es jetzt in der Hand: Entweder die Kreuzbeteiligungen überhaupt aufzugeben oder von ihren Unternehmen klar zu verlangen, als echte Wettbewerber am gesamtösterreichischen Strommarkt aufzutreten.

Im natürlichen Monopol der Netze herrschen überhaupt paradiesische Zustände. Aber nur für die Netzbetreiber, nicht für die Kundinnen und Kunden. Sagenhafte 9,58 Prozent Eigenkapitalrendite werden ihnen von der Regulierungsbehörde zugestanden – und das für eine defacto risikolose Investition.

Das freut natürlich deren Eigentümer. Und die sind – es kommt wohl nicht überraschend – zum Beispiel die Landesenergieversorger. Denen liefern die Netzgesellschaften satte Gewinne ab, wie auch profil vor kurzem berichtet hat. Zugestanden von der Regulierungsbehörde, bezahlt von allen Stromkundinnen und -kunden. Dass es bei den Netzen über 100 Betreiber gibt, bedeutet natürlich nicht mehr Wettbewerb, sondern nur mehr Aufwand: Für Koordinierung, für Planung, für mehrfachen Verwaltungs- und Overheadkosten.

Zusammengefasst: Wir sollten das System vom Kopf auf die Füße stellen. Am Strommarkt echten Wettbewerb ermöglichen. Und bei den Netzen zusammenlegen, gesamtösterreichisch planen und Entgelte festlegen, die Investitionen möglich machen, aber nicht hohe Gewinne finanzieren.

Christian Tesch

ist Geschäftsführer von oecolution – einem wirtschaftsnahen Verein, der sich für marktwirtschaftliche Lösungen der Klimawende einsetzt.