Morgenpost

„Das Recht auf Asyl gerät unter Druck“

Das EU-Asylsystem, allen voran die Verteilung von Schutzsuchenden, funktioniert nicht. Warum der aktuelle Lösungsvorschlag der ÖVP kritisch zu sehen ist. Und welche Rolle die FPÖ beim Thema Migration - inzwischen wieder - innehat.

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„Das Recht auf Asyl gerät unter Druck“, sagt Rechtswissenschafter Walter Obwexer gegenüber profil. Was er damit meint? Sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene bleiben Migration, Asyl und Schengen Dauerstreitpunkte; immer mehr Mitgliedsstaaten - allen voran Ungarn - halten sich nicht mehr an geltendes Asylrecht.

Aktuell sorgt der Vorschlag der österreichischen Volkspartei, die EU-Kommission solle eine „Zurückweisungsrichtlinie“ ausarbeiten, für Debatten. Laut ÖVP-Innenminister Gerhard Karner soll der Rechtsakt ermöglichen, jene, die keine Chance auf Schutz haben, ohne Asylverfahren in ihre Herkunftsländer (das Innenministerium nennt beispielsweise Marokko oder Tunesien) zurückzubringen. Fachleute wie Obwexer von der Universität Innsbruck sehen das kritisch. Schließlich ist in der Genfer Flüchtlingskonvention - dem zentralen internationalen Dokument für Flüchtlingsschutz - vorgesehen, dass Schutzsuchenden ein Recht auf ein faires Asylverfahren zusteht. Auch in der EU-Grundrechtecharta ist dieses Recht explizit verankert.

Meine Kollegin Siobhán Geets hat sich die ÖVP-Pläne im Detail angesehen – bzw. versucht. Denn Antworten auf die Frage, worin der Inhalt des neuen Rechtsakts genau besteht oder wie dessen Umsetzung in der Praxis erfolgen soll, blieb die ÖVP schuldig. Nur so viel: Innenminister Karner schwebt eine Art Analogie zur „Vertriebenenrichtlinie“ vor, wonach Ukrainer:innen ohne Asylverfahren Schutz in der EU erhalten. Im Gegensatz dazu sollen nach der „Zurückweisungsrichtlinie“ Menschen mit keiner bzw. geringer Asylchance unmittelbar in ihre Herkunftsländer gebracht werden – gleichsam ohne Verfahren.

Apropos Ukraine – für seine erste offizielle Auslandsreise in der zweiten Amtszeit hat Alexander Van der Bellen Kiew als Ziel ausgewählt, gestern früh traf der Bundespräsident in der ukrainischen Hauptstadt ein und wird dort seinen Amtskollegen, Wolodymyr Selenskyi, treffen. Begleitetet wird Van der Bellen unter anderem von Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) und Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) – und meiner Kollegin Iris Bonavida, die an dieser Stelle für Sie berichtet.

Zum Abschluss wieder zurück nach Österreich, konkret nach Niederösterreich: Welche Rolle das Thema Asyl bei der Landtagswahl vergangenen Sonntag gespielt hat und welche Lehren die Bundespolitik aus dem Comeback der FPÖ ziehen muss, lesen Sie hier. „Die frühere Regel vom Schmied und vom Schmiedl in der Asyl-Migrationspolitik gilt wieder“, analysiert meine Kollegin Eva Linsinger etwa. Und, so viel sei bereits verraten: Auch in der kommenden profil-Ausgabe wird der Konnex zwischen der freiheitlichen Partei und dem Thema Migration eine Rolle spielen.

Einen schönen Donnerstag!

Katharina Zwins

Katharina Zwins

Katharina Zwins

war Redakteurin bei profil und Mitbegründerin des Faktenchecks faktiv.