Morgenpost

„Fette Bunker-Stimmung“

Die SPÖ ermüdet weiter mit ihren inneren Turbulenzen, die Salzburg-Wahl gilt als symbolkräftiges Vorspiel für den Herbst 2024.

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Auf Sky läuft gerade die vierte Staffel der preisgekrönten Serie „Succession”, die die Murdoch- Mischpoche als Shakespearesken Intriganten-Stadl bis zur Kenntlichkeit entstellt. Die Kronprinzessin der Boulevard-Dynastie Shiv Roy konstatiert mit einer gewissen Machtgerangel-Fatigue irgendwann „I do feel some serious bunker vibes here”, was tollpatschig übersetzt so viel bedeutet wie „Ich spüre hier eine fette Bunker-Stimmung.”

Ein Gefühl, das einen auch angesichts der „Succession”-Endlosschleife innerhalb der SPÖ befällt, die gestern mit einem wenig überraschenden Cliffhanger bis 22. Mai vorerst einmal auf Pausetaste gedrückt ist. Der Vorsitzende der Wahlkommission Harry Kopietz schlitterte gestern Nachmittag bei einer Pressekonferenz durch einen von irrationalem  Optimismus getränkten Freudschen Versprecher, als er die „Bundeskanzlerin“ und Parteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner neben Hans-Peter Doskozil und  dem „Traiskirchner Bürgermeister Babler” (dem er seinen Vornamen Andreas nicht vergönnte) als die übrig gebliebenen Bewerber:innen im Rennen um den Parteivorsitz präsentierte. Viele seien an der 30 Unterschriften-Hürde gescheitert, „was insofern nicht erstaunlich ist”, so Kopietz, denn „wenn jemand nicht in einer Partei verhaftet ist, dann tut er sich schwer einmal zu wissen, wer sind die Parteimitglieder.” Offensichtlich scheint das Unbewusste des Herrn Kopietz Parteizugehörigkeit mit einer Haftstrafe zu assoziieren.

Unser Chefsatiriker Rainer Nikowitz lässt Pamela Rendi-Wagner in der aktuellen Ausgabe, die den großen Menschheitsthemen Glaube, Liebe, Hoffnung gewidmet ist, ebenso in seiner Kolumne unerschütterlich am Glauben an das Bundeskanzleramt festhalten. Denn, so „Nikos” Rendi-Wagner, dass „Schöne am Glauben ist, dass er unhinterfragbar ist.”

Für unhinterfragbar hält sich offensichtlich auch der amtierende US-Präsident Joe Biden, der kürzlich in einem Interview mit der NBC verkündete, dass „ich vorhabe wieder zu kandidieren, aber wir sind noch nicht bereit es anzukündigen.” Oida, wie jetzt genau? Dass Biden seine Worte und seinen Gang nicht immer im Griff hat, kann man trotz der häufig zum Einsatz kommenden schnittigen Top-Gun-Sonnenbrillen bei seinen Auftritten klar erkennen. Im Jänner 2025, also bei seiner zweiten Vereidigung, wäre der Mann 82 Jahre alt, und sieht bereits jetzt keinen Tag jünger aus. Es stellt sich bei ihm, aber auch angesichts des zunehmend schwächelnden Papstes Franziskus, 86, die Frage: Warum scheint Alter beim Dirigieren von Supermächten (USA, katholische Kirche) so gar keine Rolle zu spielen, während es sich jede Schauspielerin bereits ab 45 im Mutter- und Großmutterfach bequem machen muss und mit übelstem „Ageism” konfrontiert wird?

Junge Hoffnungsträger hat die Salzburger Politszene. Mit Spannung blickt ganz Österreich am 23. April ins nicht mehr lange „dirndl-koalitonäre” Salzburg, wo unser Innenpolitik-Redakteur (und leidenschaftlicher Salzburger) Gernot Bauer ein Kräftemessen prophezeit, das für die Nationalratswahlen im Herbst 2024 wegweisend sein könnte. In seiner wie immer launigen Analyse „Draufscheißerin & Nervensäger” porträtiert Bauer auch die beiden „dreifachen Hoffnungsträger” Kay Michael Dankl (34, KPÖ plus, „Kommunist ohne Neigung zum Klassenkampf” und die blaue Marlene Svazek, 30, („Freiheitliche mit Gespür für Grenzen”). Sie seien beide, so Bauer, „politisch Radikale, die sich innerhalb des Vernunftsbogens bewegen, Fürsprecher der Politikverdrossenen und Chefs ihrer Parteien, die am 23. April Großes leisten könnten.” Bauers Diagnose: „Schwächelt die Mitte, werden die Ränder stärker und verlieren ihren Schrecken.”

Starke Lektüretage und eine schwächelfreie Woche

wünscht

Angelika Hager

Angelika   Hager

Angelika Hager

leitet das Gesellschafts-Ressort