Warum nicht alle von der neuen Trinkgeld-Pauschale profitieren
Was war das für eine Aufregung, und wie sehr wurde über die Einigung gejubelt: Wochenlang diskutierten Politik und Medien darüber, wie viel Trinkgeld bei den Beschäftigten bleiben soll. Bis dann Sozialpartner und Regierungsparteien eine Lösung fanden. Vor allem die ÖVP freute sich, denn sie hatte das Thema betrieben. „Die neue Trinkgeld-Regelung belohnt Leistungsträger und sorgt für dringend notwendige Fairness“, sagte Generalsekretär Nico Marchetti.
Allerdings gilt die Neuerung nur für Gastronomie und Hotellerie. Für Branchen mit einer wenigen lauten Lobby, in denen Trinkgeld gegeben wird, ändert sich (noch) nichts.
Worum geht es genau? Trinkgeld ist in Österreich nicht steuerpflichtig, aber es fallen Sozialversicherungsabgaben ab. So, wie Arbeitnehmern und Arbeitgeber einen bestimmten Prozentsatz auf das monatliche Gehalt zahlen müssen, ist das auch beim Trinkgeld der Fall. Damit die Betroffenen aber nicht mühsam den Überblick über ihr eingenommenes Trinkgeld behalten müssen, gibt es Pauschalen. In Wien wurde für einen Barkellner zum Beispiel lange ein fiktives Trinkgeld von 37 Euro angenommen, das mit dem Grundgehalt die Basis für SV-Abgaben war. Je nach Branche, Funktion und Bundesland waren diese Pauschalen aber unterschiedlich.
Die meisten Pauschalbeträge wurden seit 20 Jahren nicht an die Inflation angepasst. Viele Beschäftigte nahmen also viel mehr Trinkgeld ein. Das wurde manchen Unternehmen zum Verhängnis, zum Beispiel in Salzburg. Denn in einigen Bundesländern galt wiederum die Regel, dass Nachzahlungen fällig sind, wenn das tatsächliche Trinkgeld die fiktive Pauschale weit übersteigt.
Österreichweite Pauschale
ÖVP und Neos wollten die Pauschale ganz abschaffen, die SPÖ wehrte sich dagegen – zu wichtig seien die SV-Beiträge für die Pensionen oder das Krankengeld der Betroffenen. Am Ende einigten sie sich auf österreichweite, etwas höhere Pauschalbeträge. Und ein Ende der Nachzahl-Regelung. Aber eben nur für Gastronomie und Hotellerie.
Die frühere Regelung umfasste auch jene, die in den Bereichen Kosmetik, Fußpflege, Massage tätig sind, genauso wie Friseur:innen und Taxifahrer:innen. Treten all jene, die laut nach einer Neuregelung für die Gastrobranche geschrien haben, nun auch für andere Bereiche ein?
Mikl-Leitner: „Beitrag der Wertschätzung“
In der ÖVP-Zentrale verweist man – in Absprache mit Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) – auf profil-Nachfrage auf die zuständige Sozialministerin Korinna Schumann von der SPÖ. Und dort berichtet man, dass es nichts Neues zu dem Thema gibt.
Nur aus der zuständigen Gewerkschaft Vida heißt es, dass die Prüfung der Lage in anderen Branchen begonnen hat. Und Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, ÖVP, betont gegenüber profil: „Trinkgeld ist nicht nur in der Gastronomie ein Ausdruck von Anerkennung – sondern auch in vielen anderen Branchen ein Beitrag der Wertschätzung. Deshalb ist es sinnvoll, die Neuerung auch auf andere betroffene Branchen auszuweiten.“