100 Jahre Erster Weltkrieg: Der Tod in Venedig
Vor Venedig ereignet sich eine schreckliche Schiffskatastrophe: Ein kleiner Linienpassagierdampfer, der zwischen den Inseln in der Lagune verkehrt, kollidiert mit einem Torpedoboot der italienischen Marine und wird auseinandergerissen. 50 Menschen ertrinken. Die Opferzahl ist so hoch, weil sich die meisten Passagiere wegen des schlechten Wetters unter Deck aufhalten und mit dem Schiffswrack in die Tiefe gerissen werden. Die Ursache für das Unglück ist rasch gefunden: Ein militärisches Wasserflugzeug führte in der Lagune kühne Flugmanöver durch, was sowohl die Aufmerksamkeit der Besatzung des Dampfers als auch des Torpedoboots fesselte. Beide Kapitäne und auch die Steuermänner verließen ihre Posten, um das ungewöhnliche Spektakel zu sehen. Der Kapitän des Dampfers ertrank, jener des Torpedoboots wird verhaftet.
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Eingeweihte hatten es vorausgesehen. Am 16. März lässt Ministerpräsident Karl Stürgkh den Reichsrat, der am nächsten Tag zusammentreten sollte, abermals vertagen. Begründet wird dieser Schritt mit der Obstruktionspolitik der tschechischen Abgeordneten, die in ihrem Kampf um mehr Autonomie die Beratungen des Parlaments oft stundenlang durch Dauerreden blockierten.
Die Zeitungen kommentieren das Ereignis entsprechend ihrer politischen Ausrichtung. In der sozialdemokratischen "Arbeiter Zeitung heißt es: "Er hats erreicht, der Graf Stürgkh, wonach er so gesehnt und gestrebt hat: Der Reichsrat ist beseitigt und die ungehemmte und zügellose Herrschaft des Verfassungsbruchs hebt an. Die christlichsoziale "Reichspost - der Parlamentarismus war ihr nie geheuer - reagiert eher amüsiert: "Der Schwerkranke ist auf Erholung geschickt worden. Ob er von diesem Urlaub noch einmal zurückkehren oder ob ihn das böse Schicksal erreichen wird - wer weiß? Mit seiner Prognose weit daneben liegt das Qualitätsblatt dieser Zeit, die "Neue Freie Presse: Man werde schon bald die Rückkehr des Parlaments "als zwingende Notwendigkeit empfinden, allein schon wegen der "Bedürfnisse des Staatsschatzes . Tatsächlich wird der Reichsrat erst 1917 wieder zusammentreten. Die Kriegserklärung an Serbien im Juli 1914 unterschreiben Kaiser und Regierung - anders als in Deutschland - ohne Parlament.
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In Wien finden auf mehrere Tage der Woche verteilt Gemeinderatswahlen statt. Sie sind eine Farce, weil auf Gemeindeebene anders als im Reichsrat immer noch das alte Kurienwahlrecht gilt (Frauen dürfen da wie dort nicht wählen). Während bei den Reichsratswahlen 1911 die Sozialdemokraten in Wien deutlich vor den Christlichsozialen lagen, erringen sie nun im Gemeinderat nur neun Mandate, auf die Christlichsoziale Partei entfallen 136 Sitze. Die "Arbeiter Zeitung tobt: "Die Stimme eines Hausherrn entspricht den Stimmen von 13 Arbeitern: Wollt ihr solches Unrecht noch länger ertragen? Erst 1919 wird in Wien nach dem allgemeinen und gleichen Wahlrecht gewählt werden.
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Anzeigentext in der "Neuen Zeitung: "Die Schwere vieler Frauenkrankheiten würde sich wesentlich verringern, wenn alle Damen wüssten, dass ein großer Teil dieser Übel in der Hauptsache durch unregelmäßigen Stuhlgang verschlimmert wird. Franz-Josef-Bitterwasser ist ein langbewährtes Hausmittel, diese Beschwerden zu mildern.
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Die Monarchie erstarrt im Zeremoniellen. Mitte der Woche trifft König Friedrich August von Sachsen, ein Onkel des späteren Kaisers Karl, mit der Eisenbahn in Wien ein und bezieht das Palais im Augarten. Um 11.30 Uhr begibt er sich mit seiner Equipage zum Besuch des Kaisers in Schönbrunn. Die Visite scheint recht kurz ausgefallen zu sein, denn schon um 13 Uhr fährt Kaiser Franz Joseph zum Gegenbesuch ins Palais Augarten.
Auch der neue griechische Gesandte bei Hof wird vom Kaiser in Audienz empfangen. Bei dieser Gelegenheit betont der Botschafter das "wunderbare Aussehen seiner Majestät, wo-rauf der 84-Jährige antwortet: "Ja, aber ich werde alt. Er freue sich schon auf den Sommerurlaub in Ischl.
Noch 19 Wochen bis zum Krieg.
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