SPÖ-Lokal Breitenseer-Straße

Ab 67 Cent pro Quadratmeter: Die Billigmieten der SPÖ

Vom kleinen Sektionslokal bis zur Bundesparteizentrale mieten Parteien von der Stadt Wien über 100 Objekte. Vor allem die SPÖ profitierte von niedrigen Mietpreisen ab 67 Cent pro Quadratmeter.

Drucken

Schriftgröße

Wenn es nach der Stadt Wien gegangen wäre, würden Sie diese Recherche nicht lesen. Knapp zwei Jahre lang wehrte sich Wiener Wohnen, ein Unternehmen der Stadt, vor dem Verwaltungsgericht Wien gegen ein Auskunftsbegehren von profil. Es ging um eine simple Frage: Wie hoch sind die Mieten, die politische Parteien – allen voran die SPÖ – für Sektionslokale, Lagerhallen und Bezirksparteizentralen zahlen, die im Besitz der Stadt stehen?

Die Stadt bot in seitenlangen Schriftsätzen alles auf, was ihr an Argumenten gegen eine Auskunft einfiel. Eine prominente Kanzlei, spezialisiert auf Datenschutzrecht, wurde engagiert. Die Fragen von profil würden nicht nur Geschäftsgeheimnisse von Wiener Wohnen, sondern auch den Datenschutz der betroffenen Parteien berühren. Die Auskunft sei leider, leider zu verweigern. profil hielt dagegen: Das Recht auf Information wiege höher, und ohne die Herausgabe der Mietverhältnisse sei eine Kontrolle einer möglichen Besserstellung der Parteien gegenüber Privatmietern schlicht nicht möglich.

Nachdem das Verwaltungsgericht Wien Ende Mai 2025 der Stadt zum zweiten Mal den ablehnenden Bescheid zurückschmiss, in dem Wiener Wohnen seine Auskunftsverweigerung argumentiert hatte, kam es im Rathaus zum Sinneswandel. profil war gedanklich bereits auf die nächste Runde vor Gericht eingestellt, da rückte das städtische Dezernat für Mietrecht Anfang Juli die Mietzinse ausgewählter Objekte per Mail heraus.

Vielleicht liegt es daran, dass die Stadt bei Auskunftsersuchen bestrebt ist, „größtmögliche Transparenz walten zu lassen, (…) soweit dies die schutzwürdigen Interessen Dritter zulassen“, wie Wiener Wohnen in der Auskunftserteilung an profil einleitend schreibt. Vielleicht hat es aber auch geholfen, dass die Wien-Wahl vorbei ist und die Antworten nun mitten im Sommerloch publik werden. 

Wer weiß. 

722 Tage nach der ersten Anfrage hat profil Antworten bekommen. Spoiler: Eines der billigsten Objekte mietete die SPÖ um 0,67 Euro netto pro Quadratmeter. Die Mieten sind so niedrig, dass eine andere politische Partei bei der Stadt um eine Verdoppelung des Zinses ansuchte. Von sich aus, offenbar war ihr die Billigstmiete peinlich. Es geht um Objekte, die heute nicht mehr zu bekommen sind, schon gar nicht um diese Mietzinse. Es ist die Geschichte von kleineren und größeren Schlampereien bei Wiener Wohnen; zugunsten der Parteien und zulasten der Stadt. Und von historisch erworbenen Rechten, die sich nun kaum mehr rückabwickeln lassen. Die Mietzinse könnten auch parteienrechtlich relevant sein.

Stefan Melichar

Stefan Melichar

ist Chefreporter bei profil. Der Investigativ- und Wirtschaftsjournalist ist Mitglied beim International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ). 2022 wurde er mit dem Prälat-Leopold-Ungar-Journalist*innenpreis ausgezeichnet.

Max Miller

Max Miller

ist seit Mai 2023 Innenpolitik-Redakteur bei profil. Schaut aufs große Ganze, kritzelt gerne und mag Grafiken. War zuvor bei der „Kleinen Zeitung“.

Jakob Winter

Jakob Winter

ist Digitalchef und seit 2025 Mitglied der Chefredaktion bei profil. Gründete und leitet den Faktencheck faktiv.