Mann der Blätter mit einem Laubblasgerät wegbläst
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Bisher nur 20 Asylwerbende von Arbeitspflicht im Burgenland betroffen

Als Vorzeigebeispiel lobte Landeshauptmann Hans Peter Doskozil die verpflichtende gemeinnützige Arbeit für Asylwerbende. In der Praxis zeigt sich jedoch ein anderes Bild: Von 105 Betroffenen, die laut dem neuen Modell verpflichtet wären, gibt es bisher nur für die wenigsten eine Aufgabe.

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Rasenmähen, Fensterputzen, Akten einräumen – Aufgaben, zu denen in burgenländischen Gemeinden seit Juli Asylwerbende verpflichtet werden können. Ende Juni präsentierte die SPÖ Burgenland stolz das neue Modell: Asylwerbende müssen gemeinnützigen Arbeiten nachgehen, wer sich wiederholt weigert, dem werden die Leistungen aus der Grundversorgung gekürzt. Vergangenen Sonntag rühmte sich Landeshauptmann Hans Peter Doskozil in der ORF 2-Sendung „Das Gespräch” erneut für das Projekt.

Dort diskutierte er gemeinsam mit seiner Amtskollegin aus Niederösterreich, Johanna Mikl-Leitner, und Caritas-Wien Direktor Klaus Schwertner die Nachwirkungen der Flüchtlingskrise 2015. Zum Thema Integration und Arbeit sagte Doskozil, dass es so ein Modell wie im Burgenland „nirgends sonst wo” gäbe.

Aber wie sieht die konkrete Umsetzung in den Gemeinden aus? Packen dort jetzt wirklich reihenweise Asylwerbende beim Grünschnitt und Botengängen an? 

Das Vorzeigemodell in der Praxis

Nicht ganz, denn bisher sind bloß 20 Asylwerbende nach diesem Modell im Einsatz. Eigentlich wären aber 105 von der neuen Regelung betroffen, informiert das Land. Das heißt: Nur ein Fünftel der Betroffenen muss tatsächlich mitarbeiten. 

Woran liegt das? An den Asylwerbenden scheitert es nicht: Bisher habe noch keiner von ihnen eine gemeinnützige Arbeit abgelehnt, erklärt das Land auf profil-Nachfrage. Die 20 Arbeitspflichtigen sind aktuell in neun Gemeinden tätig. 

Dabei hätten 51 der 171 burgenländischen Gemeinden Bedarf angemeldet, sagt der rote Gemeindevertreter-Präsident und Bürgermeister von Neutal, Erich Trummer. Die Regelung betrifft grundsätzlich alle Asylwerbenden, die im Burgenland in der Grundversorgung sind. Wer aus gesundheitlichen Gründen nicht arbeiten kann, ist ausgenommen. Für Personen mit Betreuungspflicht gibt es die Möglichkeit, weniger Stunden zu leisten. Für alle anderen gilt eine wöchentliches Soll von 30 Stunden.

Bei Weigerung fallen Leistungen weg

Eigentlich würden die Aslywerbenden Leistungen verlieren, wenn sie nicht mitarbeiten, betont das Land: „Wird das Angebot zur Erbringung von gemeinnütziger Hilfstätigkeit wiederholt verweigert, werden die Leistungen der Grundversorgung eingeschränkt und auf das Mindestmaß reduziert.” Das gilt natürlich nur für Personen, die bereits angefragt wurden. Wer in den Gemeinden nicht unterkommt, soll als nächsten Schritt dann „niederschwellige Tätigkeiten” in den Abteilungen des Landes durchführen.

Bürgermeister hoffen auf Billig-Arbeitskräfte

Die Kommunen können laufend Bedarfe melden und entscheiden dann selbst, welche Arbeiten übernommen werden. Wer Interesse bekundet, bekommt einen Personenpool präsentiert, sagt Trummer. Dort steht, wie alt die Person ist, woher sie kommt und in welchem Quartier sie wohnt. Die Gemeinden suchen sich dann eine Person aus. Der Wohnort ist für Trummer der entscheidende Punkt. Denn die Gemeinden müssen sich selbst darum kümmern, dass die potenziellen Arbeitskräfte zum Dienstort und wieder zurückkommen. Auch die Kommunikation mit den Aslywerbenden übernehmen sie selbst.

In Neutal startet kommende Woche ein 21-jähriger Syrer seinen Dienst. Er ist im Nachbarort untergebracht, ein Gemeindemitarbeiter holt ihn ab, und dann wollen sie einmal schauen, in welchen Bereichen er helfen kann, erzählt Bürgermeister Trummer. Er könnte sich alle möglichen Aufgabengebiete vorstellen, nicht nur Unterstützung dabei, das Ortsbild in Schuss zu halten mit Blumengießen und Straßenkehren. Sondern auch beim Erhalt der Freizeitanlagen und Spielplätze. 

Trummer gibt offen zu, dass die Gemeinden ein Sparpotenzial wittern. Die Asylwerbenden bekommen bloß einen Stundensatz von 1,60 Euro. Wenn sie Arbeiten erledigen, kommt das der Gemeinde natürlich viel günstiger, als wenn dafür ein Mitarbeiter geschickt wird. „Ich kenne die Finanzsorgen der Gemeinden, gerade in der jetzigen Zeit kann und wird das eine Antwort sein”, meint der SPÖ-Politiker. Er glaubt, dass auch deswegen das Interesse noch wachsen könne. 

Oberwart wartet noch auf Antworten

In Eisenstadt mähen derzeit vier Asylwerbende für jeweils 14 Stunden die Woche Rasenflächen und jäten Unkraut. Die Erfahrungen seien sehr positiv, sagt ÖVP-Bürgermeister Thomas Steiner: „Es fördert einerseits die Integration der Asylwerber, weil sie aktiv am städtischen Leben teilnehmen können, und entlastet andererseits die Gemeinden bei alltäglichen Arbeiten.” Und auch er bringt die Finanzen ins Spiel: „Gerade in der aktuellen budgetären Situation ist diese Form der Unterstützung für Städte und Gemeinden besonders wertvoll.“ 

In Oberwart, einer ebenfalls ÖVP-geführten Gemeinde, hätte man im Jänner schon Bedarfe angemeldet. Antwort sei aber bis heute keine gekommen. Zum Schneeschaufeln, Grünanlagen pflegen oder bei Arbeiten im Bauhof hätte man sich durchaus die Unterstützung von Aslywerbenden vorstellen können, heißt es. Ob die kommt, wisse man im Rathaus nicht. Auch in der SPÖ-geführten Gemeinde Neusiedl am See gibt es Bedarf, der wurde Ende Juni dem Land gemeldet. 

Caritas pocht auf Zugang zum Arbeitsmarkt

Die Caritas betreut im Burgenland 115 Asylwerbende in zwei Einrichtungen. Vier davon arbeiten nun im Bauhof und in der Landschaftspflege. Grundsätzlich befürwortet die Caritas gemeinnützige Tätigkeiten für Asylwerbende, erklärte die Caritas gegenüber profil. Beschäftigungsmöglichkeiten während des Asylverfahrens würden eine Tagesstruktur geben und Integration fördern. Allerdings dürfe dieses Modell nicht den Zugang zum Arbeitsmarkt ersetzen, so die katholische Organisation.

Als reguläre Arbeitskräfte würden Betroffene dann aber freilich mehr als 1,60 Euro pro Stunde verdienen.