Leitartikel: Christian Rainer

Christian Rainer Wahltag, Zahltag

Wahltag, Zahltag

Drucken

Schriftgröße

1400 Euro könnte die Hypo Alpe-Adria jeden Österreicher kosten, so hat es die EU auf Basis von Angaben des Finanzministeriums berechnet. Das entspricht ziemlich genau einem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen dieses Österreichers. Und den Konjunktiv „könnte“ können wir uns sparen: Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass diese Bankenpleite weniger als die nun prognostizierte maximale Schadenssumme von 11,7 Milliarden anrichten wird. Vielleicht macht es da eher Sinn, „maximal“ zu relativieren und „prognostizierte“ hervorzuheben. Denn kein Mensch weiß mit irgendeiner vertretbaren Genauigkeit, was die Hypo an Risiken wirklich durch die Gegend schleppt. Anzunehmen ist, dass die Situation von den Rechnern der Republik und mit Hoffnung auf den möglichen Verkaufserlös optimistisch dargestellt wurde. Das ist logisch, das lehrt die Erfahrung.

Richtig ist also, was nun allerorts erstaunt zum Besten gegeben wird, dass diese Pleite nämlich „alles bisher Dagewesene“ in den Schatten stellt: Bei Einrechnung der Inflation wird die Schadenssumme von umgerechnet 4,7 Milliarden Euro, die der Kollaps der Verstaatlichten Industrie verursacht hat, den 11,7 Milliarden zwar nahekommen. Es ist jedoch unsinnig, bei der Verstaatlichten von einem Einzelereignis zu sprechen, da hier zwischen VÖEST und AMAG voneinander einigermaßen unabhängige Konzerne krachen gingen.

Ein Monatsgehalt also. Da ist es schon erstaunlich, wie gelassen das Land im Allgemeinen und Sozialdemokraten sowie Volkspartei im Besonderen mit diesem Thema nur drei Wochen vor der Nationalratswahl umgehen. Beim ORF-Duell zwischen Michael Spindelegger und Josef Bucher am Donnerstag der vergangenen Woche musste der geneigte Zuseher eine gefühlte Ewigkeit warten, bis der Vizekanzler seinem Gegenüber dann doch erklärte, wer denn für das Hypo-Desaster verantwortlich sei. (Wobei die verbale und körpersprachliche Explosion, die Spindelegger dabei erschütterte, den Argumenten angesichts der notorischen Partialparalyse des Mannes einen Touch von Unwirklichkeit verlieh.)

Warum also bleibt die Regierung so entspannt, warum bestreitet der Vizekanzler wider besseres Wissen, dass die Abwicklung der Hypo den Steuerzahler treffen wird, dass es ein Sparpaket geben muss, um den Wahnsinn zu finanzieren? Verantwortlich für das teuerste politische Abenteuer aller Zeiten ist doch nicht er, sondern der politische Gegner.
Es gilt, leicht verständlich, den Haider-Wahnsinn zu bezahlen und damit die Erblast von FPÖ und BZÖ. Ja, und auch von Team Stronach, das sich aus dem BZÖ rekrutiert hat. Was ist denn die Hypo Alpe-Adria? Ein unabhängiges Finanzinstitut mit institutionellen Eigentümern? Nein, die Hypo war die Kärntner Landesbank, genauer die Kärntner Landeshauptmannbank. Die kranke Expansion des Unternehmens erfolgte, als Jörg Haider Landeschef war, genauer auf dessen – bisweilen rechtswidrige – Anordnung hin. Die FPÖ war in Kärnten ab 1999 wieder an der Macht, ab 2005 als BZÖ. 2006 musste Wolfgang Kulterer, Haiders Handlanger als Hypo-Chef, nach gewaltigen Spekulationsverlusten seinen Platz räumen. Haider setzte ihn direkt in den Aufsichtsrat, von wo aus er weiter das ihm befohlene Unwesen trieb.

Eine Mitverantwortung von ÖVP und SPÖ im Kärntner Landtag? Ja, aber vernachlässigbar angesichts der Kabalen des Sonnenkönigs. Fehler später bei der Rettung der Bank? Wenige, bei einer Haiderhaftung von bis zu 24 Milliarden Euro war nicht mehr viel falsch zu machen.

Haider starb im Oktober 2008. Aber was BZÖ, FPÖ und Team Stronach zu schultern haben, ist mehr als eine anonyme Generalverantwortung. Schließlich ist ein Gutteil der Funktionäre mit Haider groß geworden. Allen voran BZÖ-Chef Josef Bucher und Stefan Petzner: Petzner war jahrelang Haiders engster Vertrauter. Bucher kroch genauso aus Haiders Kärntner FPÖ-Sumpf und war – was für ein Zufall! – BZÖ-Finanzsprecher. Und eben auch Frank Stronachs Klubobmann und Stellvertreter Robert Lugar: Er war mit Haider von der FPÖ zum BZÖ übergetreten und kandidierte 2008 für diese Partei.

Müssten also BZÖ, FPÖ und Team Stronach allein wegen des Hypo-Desasters für die Österreicher unwählbar sein? Müssten sie. Stattdessen schimpft Stronach ausgerechnet auf die Banken. Die Schuldigen kreischen: „Haltet den Dieb!“ Und die tumben Nochgroßparteien lassen sie kreischen.

[email protected]