Coronakrise: Einkauswagen sollten genug vorhanden sein

Die Corona-Chroniken: Kassenschluss in Zeiten des Coronavirus

Im 9. Bezirk bereitet sich das gutbürgerliche Wien auf karge Zeiten vor.

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"Oida", stöhnt die resche Kassiererin: "Heut‘ sitzen wir bis in die Nacht": Es ist Freitag, acht Uhr früh, aber man könnte meinen, der Supermarkt in der Wiener Porzellangasse sei von einem ganz normalen Wochentag durch ein Zeitfenster in einen 23. Dezember kurz vor Schalterschluss gepurzelt; nur, dass die Einkaufstaschen nicht mit Aufschnitt, Sekt und Edelkonserven gefüllt sind, sondern mit Reis, Nudeln, Milch, anderen Grundnahrungsmitteln und - Klopapier.

Fehlende Einkaufswagerln

Hier im 9. Bezirk macht sich das gutbürgerliche Wien für die erwarteten kargen Zeiten des Virus-Notstands bereit. Noch halten Frisuren und Contenance; dass der Firnis der Zivilisation möglicherweise dünner ist, als man zu hoffen wagt, deutet sich jedoch bereits an: es gibt nicht mehr genügend Einkaufswagerln, was aber nicht daran liegt, dass es grundsätzlich zu wenige gäbe – sondern offenbar daran, dass sich manche damit nach Hause davongemacht haben.

Ähnlich die Lage in einem nahegelegenen anderen Supermarkt: Bereits vergriffen oder nur mehr in Restbeständen vorrätig sind: Erdäpfel festkochend, Zwiebel, Paradeiser. Mehl (universal), Salz, die meisten Nudelsorten. Thunfischdosen, Eier, Sojamilch. Klopapier gibt es noch, mit dem Nachschlichten kommen die Angestellten aber kaum nach.

"Naa, kaa Aungst"

An der Kasse stehen einige Leute, die man schon im anderen Supermarkt gesehen hat – offenbar im wahrsten Sinne des Wortes auf Schnitzeljagd nach Produkten, die dort nicht vorrätig waren. Die Coolen (das sind die mit dem kleinen Sackerl, in dem sich drei Äpfel und ein halber Liter Milch befinden) lächeln ein bisschen spöttisch über die Uncoolen (zum Beispiel den Mann, der zehn Großpackungen Toilettenpapier und fünfzehn Kartons mit Reis im Einkaufswagerl hat; ein wenig schmaler wird das Lächeln freilich, als er das Geschäft mit ebendiesem Einkaufswagerl nach draußen verlässt und um die Ecke verschwindet).

"Jetzt tätat I ma am liabsten a Flosch‘n Wodka kauf’n und mi ansaufen", sagt ein 48-er im orangen Mistkübler-Overall, der sich für die Neunerjause eine Wurstsemmel gekauft hat, am Handy zu irgendjemandem: "Owa des derf I leida net."

Kurze, offenbar besorgte Nachfrage vom anderen Ende der Leitung. "Naa, kaa Aungst", sagt der 48-er dann: "Daham hamma e no g‘nuag. Passt! Mia seg’n si um Fünfe."

Wie beruhigend: Für Schlüsselkräfte ist Dienst immer noch Dienst – und der Abend trotzdem gerettet.