Kärnten 2023

Die Außenseiter: Grüne und Neos schaffen Einzug in Kärntner Landtag nicht

Die Neos verpassen klar die Fünf-Prozent-Hürde, die Grünen hofften bis zuletzt - und scheitern am Wiedereinzug.

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Unter tapferem Applaus geben sich die Neos kurz nach der ersten Hochrechnung noch zweckoptimistisch – am späteren Nachmittag steht dann jedoch fest, dass die Pinken auch diesmal nicht in den Kärntner Landtag einziehen werden. Um die dafür erforderlichen fünf Prozent zu schaffen, hätten sie gut doppelt so viele Stimmen gebraucht.

Auch die Grünen blieben unter der Fünf-Prozent-Hürde und schlittern damit recht deutlich am Wiedereinzug in den Landtag vorbei. Warum tun sich die beiden Kleinparteien in Kärnten derart schwer?

Janos Juvan: Der Landtagswahlen-Debütant

Juvan ist wohl der Unbekannteste aller Spitzenkandidat:innen, man kennt ihn man vor allem aus der Klagenfurter Kommunalpolitik wo er Klubobmann der Neos im Gemeindat ist. Im Wahlkampf setzten die Neos vor allem auf das Schlagwort „Leistung“.

2018 traten die Neos zum ersten Mal bei Kärntner Landtagswahlen an und kamen auf etwas mehr als zwei Prozent. Spitzenkandidat war der Unternehmer und Jurist Markus Unterdorfer-Morgenstern (auch bekannt als Schlagersänger unter dem Pseudonym „Marco Polo“) der sich mittlerweile aus der Politik zurückgezogen und an Janos Juvan übergeben hat.

Man habe aus dem Misserfolg von vor fünf Jahren durchaus gelernt, meint die Wahlkampfleiterin der Neos, Kristina Janjic: „Wir haben zum Beispiel verstärkt den direkten Kontakt zu den Bürgerinnen und Bürgern gesucht und nicht nur ein paar Wahlkampfstände gemacht, das reicht nicht. Außerdem hat die Bundespartei sehr stark unterstützt.“ Janjic selbst ist stellvertretende Bundesgeschäftsführerin und für den Wahlkampf extra nach Kärnten gekommen. Gereicht hat es aber auch diesmal nicht - selbst wenn Janjic am Wahlabend noch euphemistisch von einem „Meilenstein“ spricht

Olga Voglauer: Biobäuerin für Klimaschutz

„Gemma Klima!“ Das war das Motto von Olga Voglauer in diesem Wahlkampf. „Gemma“ sei nämlich ihr Lieblingsausdruck auf Kärntnerisch, so die Bio-Landwirtin, die seit 2019 für die Grünen im Nationalrat sitzt. 

Die Grünen hatten es in Kärnten in der Vergangenheit noch schwerer, denn: Bis 2008 galt die sogenannte „Grundmandatshürde“, wodurch Parteien faktisch um die zehn Prozent erreichen mussten, um in den Landtag einzuziehen; dann wurde diese Grenze auf fünf Prozent heruntergesetzt. Gerade deswegen sind die Grünen erst so spät in den Kärntner Landtag eingezogen, erklärt Rolf Holub, der die vergangenen drei Landtagswahlen als Spitzenkandidat für die Grünen angetreten ist. „2004 haben wir es nur mit sehr viel Unterstützung von Alexander Van Der Bellen und Eva Glawischnig geschafft, in einem Wahlkreis – Klagenfurt Stadt und Klagenfurt Land – ein Mandat zu gewinnen. Das war der Durchbruch.“ 2013 feiert man dann einen immensen Erfolg und schafft 12,1 Prozent.

Die damalige Grüne Bundesprecherin Eva Glawischnig herzt ihren Kärnten-Spitzenkandidaten Rolf Holub bei der konstituierenden Landtagssitzung nach der Wahl am 28. März 2013.

Mit der Freude ist es aber schon 2018 wieder vorbei: Die Grünen kommen nur mehr auf 3,1 Prozent und fliegen nach zwei Legislaturperioden wieder aus dem Landtag. Die Kärntner Grünen sind innerparteilich zerfleddert und schaffen es nicht, geeint aufzutreten. „Da ist einiges explodiert, da gab es viele Intrigen,“ so Holub.

„Die Neos und die Grünen haben nie richtige Zugpferde in Kärnten gefunden“

Die Politikwissenschafterin Kathrin Stainer-Hämmerle analysiert die beiden Kleinparteien.

Warum schneiden Neos und Grüne in Kärnten traditionell so schlecht ab?
Stainer-Hämmerle: „Da gibt es mehrere Faktoren, die hineinspielen. Kärnten ist sehr stark von der Dualität zwischen der SPÖ und der FPÖ geprägt. Die Zuspitzung des Kampfes um den ersten Platz macht es kleineren Parteien schwer. Ebenso ist die Zusammensetzung der Wählerschaft ein Mitgrund, das heißt: Es gibt wenig urbane Räume, keine große Universität und eine verhältnismäßig alte Bevölkerung. Es fehlt ein bürgerliches, aber auch akademisches Milieu. Und schließlich liegt es auch daran, dass sich bei beiden Parteien nie richtige Zugpferde gefunden haben.“
Olga Voglauer war die Grüne Spitzenkandidatin, Janos Juvan ist für die NEOS ins Rennen gegangen. Wie bekannt sind die beiden im Land?
Stainer-Hämmerle: „Olga Voglauer hatte durch ihre Alleinstellungsmerkmale einen Vorteil: Sie ist die einzige Frau unter den Spitzenkandidaten, und eine Kärntner-Slowenin. Das ist grundsätzlich eine Klientel, bei dem die Grünen punkten sollten. Voglauer sitzt im Nationalrat, ist also Profi-Politikerin. Janos Juvan passt vom Role Model im Grund auch zur pinken Wählerschaft, ist aber relativ unbekannt. Auf den Wahlplakaten war nicht ohne Grund auch Parteichefin Beate Meinl-Reisinger mit ihm abgebildet.“
2013 sind die Grünen unter großem Jubel in den Landtag eingezogen. Warum können sie an diesen Erfolg nicht anknüpfen?
Stainer-Hämmerle: „Damals hat Spitzenkandidat Rolf Holub die Grünen rund um den Hypo-Skandal als Aufdecker- und Kontrollpartei präsentiert, und das war bei dieser Wahl genau der richtige Ansatz. Heute fehlt in Kärnten für dieses Thema mangels Skandalen nicht nur der Anlass, die Grünen kämen wohl auch in Erklärungsnot – in der Bundesregierung sitzen sie ja an der Seite der skandalgebeutelten ÖVP. Außerdem ist die Grüne Landespartei vor fünf Jahren an ihren innerparteilichen Schwierigkeiten gescheitert, sie hatte sich gespalten und zusätzlich eine konkurrierende Kleinpartei mit grünem Programm.
Auf welche Themen haben die beiden Parteien dann im Wahlkampf gesetzt?
Stainer-Hämmerle: „Die Grünen haben im Wahlkampf fast nur auf Klima gesetzt. Die NEOS wiederum haben sich zwei Themen gewidmet, zum einen der Bildung: Das war aber schwierig, denn dieses Thema hatte schon Peter Kaiser besetzt. Zum anderen haben sie sich für eine Aufwertung der Leistungsgesellschaft eingesetzt. Dafür haben sie wohl den falschen Zeitpunkt gewählt, auch wenn das Thema gut zu den Neos passt.  Wenn Wähler aufgrund der Teuerung Angst haben, sich Vieles nicht mehr leisten zu können und einen Kontrollverlust erleben, wirkt es fehl am Platz, über Leistung zu reden.“

In einem Wahlkampf, in dem es vor allem um die Spitzenkandidaten und weniger um Inhalte ging, taten sich Grüne und Neos schwer. Olga Voglauer und Janos Juvan sind - im Gegensatz zu den meisten anderen Spitzenkandidaten - nicht unter den Top-Wahlmotiven für ihre jeweilige Partei vertreten. Peter Kaiser (SPÖ), Gerhard Köfer (Team Kärnten) und Martin Gruber (ÖVP) stellen jeweils sogar das Haupt-Wahlmotiv dar.  

Kärnten bleibt also weiterhin das schwierigste Terrain für die Grünen und Neos, die minimalen Zugewinne sind unwesentliche Achtungserfolge. „Gemma Leistung!“ war dann doch zu wenig.

Lena Leibetseder

Lena Leibetseder

ist seit 2020 im Online-Ressort bei profil und Teil des faktiv-Teams. Schreibt über Popkultur und Politik.