Die radikale Szene: Alarmierende Corona-Chats

Ein rechter Demo-Aktivist brüstet sich, für den Nachrichtendienst des Bundesheers gearbeitet zu haben. Wie gefährlich ist das?

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Hannes B., ein Aktivist der Rechts-Außen-Szene in den Kreisen von Gottfried Küssel, hat schon mehrere Demonstrationen gegen Corona-Maßnahmen organisiert. Dabei ist er jedes Mal. Nach der Corona-Demo in Wien vergangene Woche prahlte er in Telegram-Chats mit Geheimwissen über Ausrüstung und Abhörmaßnahmen der Polizei. Jedes Handy sei eine Wanze, „sogar über TV können sie abhören“. B. ließ durchblicken, woher er das alles weiß: „Hab fürs Heeres Abwehramt gearbeitet! Unsere Firma!“. Auf eine Anfrage von profil im Verteidigungsministerium kam kein klares Dementi.

„Höchste Sicherheitsstufe!“

Hannes B. gilt als führender Kopf von „Fairdenken“, einer Protestplattform, deren Mitglieder seit Wochen radikale Umsturzpläne wälzen. Nach den ersten größeren Wiener Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen am 16. Jänner wurde bekannt, dass Personen aus diesem Umfeld in Telegram-Gruppen über die „Übernahme des Parlaments“ debattierten und die „ganze Scheiss Regierung, die sich auflösen müsste.“ Hannes B. war damals laut Chatprotokollen, die profil vorliegen, der Ansicht, der 16. Jänner sei nur die Generalprobe, man werde diesmal noch „nicht alles niederreißen“.

Prahlt der Mann nur? War Hannes B. wirklich für einen der beiden österreichischen militärischen Nachrichtendienste tätig? Und in welcher Eigenschaft? Vergangene Woche schrieb B. in der Telegram-Gruppe: „Maria Theresienkaserne haben wir Monate verbracht! Eigener Vierkanthof, da kommen nicht mal gewöhnliche Heeresbedienstete rein! Höchste Sicherheitsstufe!“

Unter Beobachtung des Verfassungsschutzes

Fest steht: Hannes B. wird vom Verfassungsschutz seit Längerem beobachtet, weil er immer wieder zu Neonazi Gottfried Küssel Kontakt hat. Die Freiheitliche Parteispitze scheint das nicht zu stören. Als Ex-Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) bei der vorvergangenen Anti-Corona-Demonstration im Prater auftrat, stand Hannes B. neben ihm auf der Redner-Bühne.

Vor dem Hintergrund des Machtkampfs, der derzeit in einschlägigen Telegram-Gruppen tobt, wären B.s nachrichtendienstliche Verbindungen – sofern sie zutreffen – brisant. Das Lager der Corona-Maßnahmengegner spaltet sich an der Frage: Soll man in den Untergrund gehen und am gewaltsamen Umsturz arbeiten? Oder soll man der Gewalt abschwören und um breite Unterstützung in der Bevölkerung werben? Hannes B. gehört offenbar zum Lager der Gewaltbereiten, wo man derzeit überlegt, wie man bei untersagten Demonstrationen Kesselungen durchbricht und sich vor polizeilicher Überwachung abschirmt.

„In Angelegenheiten unserer Dienste keine Auskünfte“

Hannes B. gibt in den Chats an, für den militärischen Nachrichtendienst gearbeitet zu haben. Für welchen? B. selbst spricht vom „Heeresabwehramt“ (HAA). Gleichzeitig nennt er als Einsatzort seiner angeblich dort tätig gewordenen Computerfirma die Maria Theresien Kaserne in Wien. Hier ist allerdings das Heeresnachrichtenamt untergebracht. Ist das Prahlerei oder ernst zunehmen? Michael Bauer, Sprecher des Bundesheers, will sich dazu nicht äußern: „Ich bitte um Nachsicht, dass wir in Angelegenheiten unserer Dienste keine Auskünfte erteilen können.“

Christa   Zöchling

Christa Zöchling

Edith   Meinhart

Edith Meinhart

ist seit 1998 in der profil Innenpolitik. Schreibt über soziale Bewegungen, Migration, Bildung, Menschenrechte und sonst auch noch einiges