Vize-Landeshauptfrau im Burgenland, Astrid Eisenkopf, im Gespräch
Interview

Doskozil als SPÖ-Chef? "Die Mitglieder erwarten sich das von uns"

Astrid Eisenkopf, Vize-Landeshauptfrau im Burgenland, findet: Wer den Mitgliederentscheid ernst nimmt, sollte sein Ergebnis am Parteitag bestätigen. Falls aber doch Andreas Babler statt Doskozil gewählt wird, würde sie es akzeptieren

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Am Sonderparteitag stimmen die Delegierten über Hans Peter Doskozil oder Andreas Babler als SPÖ-Chef ab. Ist das eine Stichwahl, eine Kampfabstimmung oder die Bestätigung der Mitgliederbefragung?
Eisenkopf
Man muss es wohl als Stichwahl oder Kampfabstimmung bezeichnen, wobei das Wort Kampf unpassend ist, wir sind ja eine Partei. Für mich ist es nicht unbedingt die Bestätigung der Mitgliederbefragung, weil die ja eine eindeutige Entscheidung vorgebracht hat: Hans Peter Doskozil. Im Vorstand gab es – zumindest bis zur Gremiensitzung am Dienstag – den Beschluss, dass der erste Platz als Kandidat beim Parteitag vorgeschlagen wird.
Sollen sich die Delegierten an das Ergebnis des Entscheids gebunden fühlen oder frei entscheiden?
Eisenkopf
Die Mitgliederbefragung hat die Tendenz vorgegeben. Das Ergebnis hat eine demokratische Legitimation. Ich werde den Delegierten sicher nicht vorschreiben, für wen sie stimmen. Es ist immer eine freie Wahl.

Sollen wir so oft abstimmen, bis ein Ergebnis rauskommt, das sich manche wünschen?

Astrid Eisenkopf

über die Frage, ob es eine zweite Stichwahl unter allen Mitgliedern geben soll

Man könnte aus burgenländischer Sicht aber trotzdem an die Delegierten appellieren, den Wunsch der Mitglieder zu bestätigen.
Eisenkopf
So wie ich die Wortmeldungen aus den Bundesländern wahrgenommen habe, sehe ich eine starke Tendenz dazu, das Ergebnis der Befragung zu akzeptieren. Ich bin auch dieser Meinung: Denn wozu haben sonst mehr als 100.000 Mitglieder an dem Entscheid teilgenommen? Es wäre kein gutes Zeichen der SPÖ, wenn sich die Delegierten anders entscheiden als die Mitglieder.
Das führt zu dem Schluss: Wer die Mitgliederbefragung ernst nimmt, soll den ersten Platz bestätigen?
Eisenkopf
Die Mitglieder erwarten sich das von uns. Wir können keine Mitgliederbefragung machen und dieses Ergebnis nicht akzeptieren.
Bevor alles losging, schrieb Doskozil einen Brief an die Partei: „Mit einer Urabstimmung ist die nötige Klarheit gegeben. Für eine geeinte Partei braucht es die Mitsprache unserer Basis“. Das hätte man auch als Argument für eine zweite Mitgliederbefragung nehmen können.
Eisenkopf
Wir haben uns Regeln gegeben. Es wurden Anträge in den Parteivorstand eingebracht, es gab demokratische Entscheidungen. Hätte jemand anderer Platz eins für sich entschieden, würden wir nicht über eine zweite Befragung diskutieren. Sollen wir so oft abstimmen, bis ein Ergebnis rauskommt, das sich manche wünschen?
Babler hat von Anfang an gesagt, dass er eine Stichwahl fordert, wenn er Zweiter wird. Ist nicht das Problem, dass sich die Partei auf keinen Modus geeinigt hat, der für alle passt?
Eisenkopf
Es gab eben zu diesem Zeitpunkt schon Beschlüsse. Irgendwann muss man sich auf einen Modus einigen, sonst wird man unglaubwürdig. Sonst brauchen wir ja gar nichts mehr zu beschließen, wenn es nach jeder Vorstandssitzung anders ist. Es wäre wünschenswert gewesen, dass sich alle an diese Beschlüsse halten.
Ist es inkonsequent, dass die Wiener Landespartei eine zweite Befragung gefordet hat?
Eisenkopf
Ich möchte niemandem etwas ausrichten. Das Ergebnis liegt seit Montag am Tisch und Doskozil ist der klare Gewinner der Mitgliederbefragung.
Würden Sie es akzeptieren, wenn Babler Platz eins belegt?
Eisenkopf
Ja, es wäre das Schlimmste, dieses Ergebnis dann in Frage zu stellen – egal, wer gewählt wird. Es müssen dann alle an einem Strang ziehen.
Falls es Doskozil wird: Muss Babler eine tragende Rolle in der SPÖ spielen?
Eisenkopf
Doskozil hat schon am Montag gleich die Hand in alle Richtungen ausgestreckt. Es ist ihm bewusst, dass man einend tätig sein wird. Jetzt ist es Zeit eine geschlossene Sozialdemokratie anzustreben und mit dieser geschlossenen Sozialdemokratie nächstes Jahr in die Wahl zu gehen.
Wer entscheidet über die Parteilinie?
Eisenkopf
Die Vergangenheit hat uns gezeigt, dass man die Debatte über Themenfindung auf breitere Beine stellen und die Mitglieder stärker einbinden muss. Die wesentlichste Herausforderung ist, eine klare Linie aufzuzeigen und alle mit ins Boot zu holen.

 

Vize-Landeshauptfrau im Burgenland, Astrid Eisenkopf, im Interview
Ich frage auch, weil es Beschlüsse für die Lockerung beim Erhalt der Staatsbürgerschaft geben soll – Doskozil ist dagegen.
Eisenkopf
Man muss einen guten Konsens finden. Zur Staatsbürgerschaft sagt er einfach, man muss sich dem Thema verantwortungsbewusst nähern.
Er ist eindeutig gegen Lockerungen, höchstens finanzielle Hürden will er senken.
Eisenkopf
Vielleicht wäre das auch ein gutes Thema um die Mitglieder breiter einzubinden.
Wie stark ist die Wiener SPÖ noch?
Eisenkopf
Da müssten Sie jemanden aus Wien fragen. Wir müssen wieder eine mächtige SPÖ sein. Es geht darum als Sozialdemokratie wieder Wahlen zu gewinnen und das geht nur mit Hans Peter Doskozil.
Haben Sie bei der Mitgliederbefragung 2020 noch Pamela Rendi-Wagner gewählt?
Eisenkopf
Da muss ich kurz nachdenken, aber: ja! Das war aber eine ganz andere Situation. Pamela Rendi Wagner war damals die einzige Kandidatin.
Umso besser dann, dass am Parteitag zwei Personen antreten.
Eisenkopf
Es ist, wie es ist. Die SPÖ wird jedenfalls geeint aus diesem Prozess gehen.

Astrid Eisenkopf

Die 39-Jährige ist seit 2015 Landesrätin im Burgenland und seit 2020 Landeshauptmann-Stellvertreterin von Hans Peter Doskozil. Zu ihren Agenden gehören Frauen, Umwelt, Energie, Naturschutz, Landwirtschaft, Konsumentenschutz und Schuldenberatung. Eisenkopf ist eine lautstarke Befürworterin von Doskozil als Bundesparteichef.

Iris Bonavida

Iris Bonavida

ist seit September 2022 als Innenpolitik-Redakteurin bei profil. Davor war sie bei der Tageszeitung "Die Presse" tätig.