Franz Fiedler

Fiedler: "Pauschalvorwürfe gegen die Justiz sind falsch"

Der frühere Rechnungshofpräsident und Ehrenpräsident von Transparency International in Österreich, Franz Fiedler, über die Kritik von Kanzler Sebastian Kurz an der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) und nötigen Reformbedarf in der Justiz.

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INTERVIEW: CHRISTINA PAUSACKL

profil: Wie beurteilen Sie die Kritik von Kanzler Sebastian Kurz an der WKStA? Fiedler: Dem Kanzler steht durchaus zu, bestimmte Abläufe kritisch zu hinterfragen, aber wenn er tatsächlich solche schweren Vorwürfe erhoben hat, wie behauptet wird, dass es etwa ein SPÖ-Netzwerk in der WKStA gibt, müsste er auch entsprechende Beweise vorlegen. Pauschalvorwürfe gegen die Justiz sind falsch und könnten das Vertrauen in die Rechtsprechung erschüttern.

profil: Gibt es politische Netzwerke in der Staatsanwaltschaft? Fiedler: Mir sind keine bekannt. Wenn man ernstlich an einer Entpolitisierung der Justiz interessiert ist, dann muss man die oberste Weisungsspitze vom Justizministerium in eine eigene Generalstaatsanwaltschaft verlegen. Solange die jeweilige Justizministerin oder der jeweilige Justizminister an der Weisungsspitze steht, wird immer der Verdacht laut werden, dass Weisungen nicht ausschließlich auf einer sachlichen Grundlage beruhen.

profil: Gibt es Reformbedarf in der WKStA? Fiedler: Es braucht dringend eine Analyse, warum sich Verfahren so in die Länge ziehen. Die Verfahrensdauer muss verkürzt werden – das betrifft alle Staatsanwaltschaften.

Die Justiz ist nie üppigst ausgestattet gewesen.

profil: Im Regierungsprogramm wird angedeutet, dass der WKStA die Wirtschaftsstrafsachen entzogen werden könnten. Wäre das sinnvoll? Fiedler: Ich halte das nicht für sinnvoll. Korruptionsfälle hängen oft mit Wirtschaftssachen zusammen. Grundsätzlich ist die Existenz der WKStA durchaus im Interesse der Strafverfolgung, weil es dort besonders ausgebildete Staatsanwälte und viele Experten in den eigenen Reihen gibt. Man ist viel weniger darauf angewiesen, Sachverständige zu beauftragen.

profil: Laut Ex-Justizminister Clemens Jabloner fehlen der Justiz allein für die Aufrechterhaltung des laufenden Betriebs über 90 Millionen Euro. Werden Staatsanwaltschaften und Gerichte totgespart? Fiedler: Die Justiz ist nie üppigst ausgestattet gewesen. Jabloner hat mit seiner Analyse sicher recht. 90 Millionen sind für die Republik Österreich außerdem ein Klacks.