Genesen, ich unsichtbares Wesen

Betrachtungen eines Schülers: Warum zählen meine Antikörper weniger, als die von Geimpften?

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Von Eskandar Rasuly

Ich habe mich im November 2020 mit dem Coronavirus infiziert. Die Krankheit habe ich ziemlich gut überstanden. In Schulen war ja ganz schön was los. Ich kenne eine Klasse, da ist das Virus richtig durchgerauscht. Als später junge Menschen die Möglichkeit zur Impfung bekamen, griffen viele Schüler trotz Antikörpern zu. „Weniger Stress“, meinte ein Bekannter. Andere ließen sich lieber weiter testen. Ich hatte auf beides gerade keinen Bock. Ich wollte es genau wissen und das war mir die 25 Euro für einen Antikörpertest Wert. Siehe da: Sie betrugen sechs Monate nach der Infektion weit über dem nötigen Grenzwert von 15 „BAU/ml“. Ich habe 38.

Deswegen verstehe ich nicht ganz, warum Politiker, vom Gesundheitsminister bis zum Bundeskanzler, alle nur noch von 1-G reden. Warum sollen sich ab Herbst nur noch Geimpfte frei bewegen können und überall reindürfen? Die Stadt Hamburg hat vor kurzem eine 2-G-Regelung eingeführt: Geimpft und Genesen. Beim deutschen Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach von der SPD hab‘ ich auf Twitter gelesen, dass Geimpfte mit Biontech sechs bis acht Monate nach der Impfung ein 13-fach höheres Risiko einer Infektion haben als jene, die sich damals infiziert haben – so wie bei mir der Fall. Er belegt das mit einer Studie aus Israel.

Warum sind meine Antikörper in Österreich weniger wert als die von Geimpften? Ich frage beim Virologen Norbert Nowotny nach. Er meint, ich läge mit 38 BAU/ml zwar über dem Grenzwert, der Wert sei aber dennoch relativ niedrig. Deswegen gebe es die Empfehlung, sich auch als Genesener einmal zu impfen. So sieht das auch der Gesundheitsminister.

Irgendetwas in mir sträubt sich aber dennoch gegen die Vorstellung, dass meine natürlichen Antikörper nicht genug sind. Ich werde sie sicher wieder erheben lassen im Herbst. Sollte 1-G aber tatsächlich kommen, dann werde ich wohl zum Geimpft-Genesen-Wesen.