Altbundespräsident Heinz Fischer

Heinz Fischer: "Stellen wir Neutralität nicht in Frage!"

Altbundespräsident warnt vor "Abzweigung" Österreichs in Militärbündnis und verteidigt umstrittenen Putins Wien-Besuch nach Krim-Annexion 2014.

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In einem Streitgespräch mit dem Chef des Arbeitsmarktservice, Johannes Kopf, im Rahmen des neuen profil-Formats "streiten wir!", verteidigt Altbundespräsident Heinz Fischer Österreichs Neutralität vehement. Sie habe Österreich einen viel besseren Ausweg aus dem Zweiten Weltkrieg als vielen anderen europäischen Ländern ermöglicht. Sie sei „wie ein gut eingeführter Firmenname oder ein gutes Produkt“, sagt Fischer. "Stellen wir das nicht in Frage!" Vor einer "Abzweigung in ein Militärbündnis" warnt er. Der Beitritt Österreichs zur NATO würde aktuelle Gefahren nicht reduzieren, dafür "aber zusätzliches Konfliktpotential schaffen".

Erstmals nimmt Fischer ausführlich zum umstrittenen Wien-Besuch Vladimir Putins nur drei Monate nach der Annexion der Krim 2014 Stellung. Er verteidigt den Staatsakt, beim dem er Putin zu mehreren Veranstaltungen begleitete - unter anderem in die Wirtschaftskammer, wo es zu Standing Ovations für den russischen Präsidenten kam: „Als Putin den Saal betrat, sind die russischen Gäste aufgestanden und die österreichischen Gäste ebenfalls aufgestanden und alle haben applaudiert.“ Es sei im Nachhinein leicht, zu fordern, man hätte sitzen bleiben sollen. Wegen der Krim habe es auf EU-Ebene zwar Sanktionen gegeben, an den Beziehungen zu Russland sei aber "zu Recht" festgehalten worden. Die Russlandpolitik Österreichs zur damaligen Zeit sieht er im "europäischen Mainstream". Fischer: "Sie im Nachhinein schlecht zu machen oder den Obergescheiten zu spielen, das imponiert mir nicht." In Putin habe er sich erst geirrt, als dieser am 24. Februar dieses Jahres die Ukraine angriff. "Eine Zeitenwende", konstatiert Fischer.

 

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