„Klima der Verunsicherung“ in der Nationalbank
Eigentlich könnte auch die nächste Koalition den neuen Nationalbank-Gouverneur bestellen. Doch geht es um Posten, arbeitet die Regierung schneller, als sie müsste: Durch die Vorverlegung sichern sich ÖVP und Grüne Posten, auf die sie nach der Wahl wohl keinen Zugriff hätten. Nutznießer dürfte Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher werden. Er hat sich als neuer Gouverneur beworben, seine baldige Bestellung im Ministerrat gilt als Formsache. Der ehemalige IHS-Chef ist gelernter Verhaltensökonom und kein Experte für Geldpolitik. Dass Kocher die Nationalbank ab Sommer 2025 dennoch kompetent führen wird, bezweifeln nicht einmal Kritiker des politischen Postenkarussells.
Das Zeichen selbst ist jedoch fatal, wie zwei offene Briefe aus der Belegschaft zeigen. So forderte die Grün-nahe OeNB-Betriebsratsliste „OeNB 2030“ im Mai dieses Jahres einen transparenten Auswahlprozess aller Generalrats- und Direktoriumsmitglieder: „Mit dem bedenklichen Parteieneinfluss in der OeNB wollen und dürfen wir uns nicht abfinden.“ Die Gleichbehandlungsbeauftragten „Women’s Forum“ der OeNB beanspruchten indes eine „adäquate Repräsentation“ in der neuen OeNB-Spitze, wie profil berichtete. Zudem regt sich Widerstand gegen die aktuelle – noch von ÖVP und FPÖ eingesetzte – Führung unter Nationalbank-Gouverneur Robert Holzmann.
Der Gouverneur
Nationalbank-Gouverneur Robert Holzmann ist mit harter Kritik seiner Belegschaft konfrontiert: Die Einschüchterung zweier Mitarbeiter durch das Direktorium verursache „ein Klima der Verunsicherung in der Belegschaft“, heißt es in einem Brief des Wiener Betriebsrates. Das Direktorium weist die Vorwürfe zurück.
Politische Gefahr
Mitarbeiter seien mehrfach falschen Anschuldigungen „sowie inakzeptablen dienstlichen Einschränkungen ausgesetzt“, beklagt der Wiener Betriebsrat der OeNB in einem Schreiben an Präsidium und Generalrat, das profil vorliegt: „Die weitgehend politisch motivierten Reaktionen des Direktoriums“ auf einen Beitrag zum Sozialbericht des Sozialministeriums könnten die Arbeit der OeNB gefährden.