Österreich

Mehr Schutz für Whistleblower seit dieser Woche Pflicht in Unternehmen

Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitenden müssen verpflichtend eine Meldestelle für Hinweisgeber:innen einrichten. Konsequenzen bei Nichterfüllung gibt es zwar kaum – Geschäftsführungen könnten dennoch haften.

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Seit dem 17. Dezember müssen Unternehmen, die zwischen 50 und 250 Mitarbeiter:innen beschäftigen, einen internen Kanal für Whistleblower bereitstellen. Firmen mit mehr als 250 Mitarbeiter:innen sind schon seit dem Sommer dazu verpflichtet. Über diesen Kanal soll es den Angestellten möglich sein, ihnen bekannte Rechts- und Complianceverstöße oder Missstände im Unternehmen zu melden. Die Hinweisgeber:innen genießen dann gemäß der EU-Whistleblowing-Richtlinie besonderen Schutz und können nicht versetzt oder gekündigt werden. 

Zuletzt hatte ein Whistleblower umfassende Ermittlungen bei der Vorarlberger Krankenhaus Betriebsgesellschaft (KHBG) ausgelöst. Er dürfte intern auf Missstände und Korruption bei Siemens-Bauaufträgen hingewiesen haben, woraufhin eine Revisionsprüfung begonnen wurde. 

Zahlen dazu, wie viele Unternehmen dieser Pflicht nachkommen, gibt es allerdings laut Wirtschaftskammer und Arbeitsministerium nicht – es besteht diesbezüglich keine Meldeverpflichtung. Außerdem gibt es keine Sanktionen, wenn Unternehmen säumig sind, wie die Wirtschaftskammer betont. 

Zunächst hätten sich deswegen tatsächlich einige Firmen bewusst dazu entschieden, keine Maßnahmen zu setzen, berichtet der Rechtsanwalt Thomas Baumgartner, der in den vergangenen Monaten zahlreiche Unternehmen bei der Umsetzung der neuen Richtlinie beraten hat. „Dabei wird aber oftmals übersehen, dass die Nicht-Einrichtung zu einer Haftung der Geschäftsleitung nach den allgemeinen Haftungstatbeständen führen könnte“, so Baumgartner. Heißt: Wenn beispielsweise die Anonymität von Whistleblowern nicht ausreichend gewahrt wird, könnte die Geschäftsführung dafür finanziell haften müssen. Mittlerweile hätten sich die Mehrzahl der Unternehmen mit den Verpflichtungen auseinandergesetzt und ein Hinweisgeber:innensystem eingerichtet, auch wenn dies oftmals nur eine Mail-Adresse sei.  

Viele große Unternehmen hatten bereits Whistleblower-Maßnahmen implementiert, bevor es verpflichtend wurde – so auch der Stahlriese voestalpine. Dort wurde schon 2012 ein System eingeführt, das 2022 den Anforderungen der neuen Whistleblower-Richtlinie angepasst wurde. Seitdem seien Meldungen im mittleren zweistelligen Bereich eingegangen, so das Unternehmen zu profil. 

Auch bei den ÖBB hat man schon 2012 eine entsprechende Meldestelle eingerichtet. Auskunft über die Anzahl der Meldungen kann man dort allerdings nicht geben, „weil die schlichte Einmeldung nichts über Relevanz beziehungsweise Berechtigung aussagt.“

Bei der Stadt Wien, die ihre Whistleblower-Meldestelle im Februar 2021 einrichtete, sind dieses Jahr insgesamt 105 Meldungen* eingegangen – allerdings muss laut Magistratsdirektion differenziert werden zwischen solchen, die Unmutsäußerungen oder Reaktionen auf Medienberichte darstellen und solchen, bei denen tatsächlicher Prüfungsansatz gegeben ist. 40 Meldungen waren zudem Dienstaufsichtsbeschwerden. In einzelnen Fällen wurden im Zuge der Erhebungen Compliance-Verstöße festgestellt, wobei noch nicht alle Prüfungen abgeschlossen sind, so die Magistratsdirektion.

*bis 19. Dezember

Lena Leibetseder

Lena Leibetseder

ist seit 2020 im Online-Ressort bei profil und Teil des faktiv-Teams. Schreibt über Popkultur und Politik.