Gesundheit

Mental Health nach der Pandemie: Was taugt der Regierungsplan?

Seit Beginn der Pandemie hat sich die psychische Lage von Jugendlichen dramatisch verschlechtert. „Gesund aus der Krise“ ist ein Versuch des Gesundheitsministeriums, schnell und niederschwellig psychologische Unterstützung zu bieten. Eine Bilanz.

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Als das Gesundheitsministerium im März 2022 beschloss, 12,2 Millionen Euro für eine bessere psychische Gesundheitsversorgung von Jugendlichen in die Hand zu nehmen, war die Pandemie schon zwei Jahre alt. Das Ziel: kurzfristige und niederschwellige Hilfestellungen bei psychischen Problemen. Aber das kam nicht bei allen an. 

Laut Rechnung des Gesundheitsministeriums brauchen in Österreich fünf Prozent aller Kinder und Jugendlichen unter 21 Jahren psychische Versorgung. In Zahlen: 23 370. Aber lediglich für 1,23 Prozent von ihnen stehen kassenfinanzierte Therapieplätze zur Verfügung –  die Bundesregierung hat deswegen das Projekt “Gesund aus der Krise” gestartet. Kinder und Jugendliche bis 21 Jahre können sich über eine Webseite oder Telefonnummer für 15 Stunden Psychotherapie anmelden.

Bis zum Stichtag am 01.02.2022 haben sich insgesamt 10.277 Betroffene bis 21 Jahren bei „Gesund aus der Krise“ gemeldet – 8.843 konnten auch an Psycholog:innen und Psychotherapeut:innen weitervermittelt werden. Zwar wird das mit 15 Therapieeinheiten dotierte Kontingent als kurzfristige Maßnahme begrüßt, der Bedarf an Langzeittherapie bleibt damit jedoch unerfüllt. Nur in 931 Ausnahmefällen wurde eine Verlängerung – um fünf Therapiestunden – genehmigt.

„Die klopfen sich alle stolz auf die Schulter“, sagt Kiana L., Aktivistin bei „Change of the Youth”, einer Mental Health-Initiative, doch „gerechnet auf alle Kinder und Jugendlichen im Land ist das ein Budget von rund 6,50 Euro pro Person – das ist so viel wie ein Big Mac“.

„Wir kommen alle aus Haushalten, wo Kinder zusammengeschlagen, beleidigt und ignoriert werden. Während Corona waren wir gezwungen, dort zu leben“, schildert Kiana L. Die 18-Jährige fühlt sich fallen gelassen. „Ich habe in den letzten zwei Jahren sehr unter dem Mangel an Gesprächen, Therapie und Personal gelitten.“ Gemeinsam mit ihren Freund:innen gründete sie die Initiative “Change for the Youth”; ein „Safe-Space“ für jene, die im Gesundheitssystem keinen Platz gefunden haben.

„Was die Pandemiejahre uns gezeigt haben ist, dass das Thema psychische Gesundheit mehr in den Vordergrund rückt als davor“, sagt Magdalena Mangl, zuständig für die pädagogische Leitung der Wiener Jugendzentren. Corona, die Finanzkrise, Krieg und das Klima seien bedrohlich für die Jugendlichen. „Sie haben ein mulmiges Gefühl, wenn sie an ihre Zukunft denken“, führt sie aus.

Gesundheit ist in Österreich noch immer eine Frage des Geldes. Wer es sich leisten kann, findet leicht einen Zugang zu Psychotherapie. Wer nicht, muss teilweise monatelang auf eine Behandlung warten. „Wir haben gute Erfahrungen mit niederschwelligen Angeboten wie ‘Gesund aus der Krise’, aber merken, dass es sehr lange Wartezeiten für Ersttermine gibt“, kritisiert Mangl.

"Psychische Gesundheit rückt mehr in den Vordergrund."

Magdalena Mangl

Das Gesundheitsprojekt wurde bis Ende 2023 verlängert und das Budget auf 20 Millionen Euro aufgestockt, „um den festgestellten Ansturm auf die Behandlungsplätze noch besser bedienen zu können”, heißt es aus dem Gesundheitsministerium zu profil. Weiters: „Um auf den steigenden Bedarf an Kriseninterventionsangeboten zu reagieren, stehen neben dem Projekt ‘Gesund aus der Krise’ für das Jahr 2022 2,875 Millionen Euro und ab 2023 bis inkl. 2025 jährlich 1,835 Millionen Euro für Förderungen von Projekten und Maßnahmen zur Verfügung, die zur Bewältigung psychosozialer Krisen beitragen.“

Elena Crisan

Elena Crisan

Wenn sie nicht gerade für den Newsletter "Ballhausplatz" mit Politiker:innen chattet, schreibt sie im Online-Ressort über Wirtschaft und Politik.