Ausgelagert und abgesagt

Neue Regierung: Wie schnell Wahlversprechen gebrochen werden

Neue Regierung. Wie schnell Wahlversprechen gebrochen werden

Drucken

Schriftgröße

Es ist erst elf Wochen her, dass dem Wähler eingebläut wurde, die SPÖ wolle Vermögenssteuern wegen mehr sozialer Gerechtigkeit, die ÖVP das Budget ganz sicher nur ausgabenseitig sanieren. Beispielsweise.
Für eine Koalition, die zwischen Legislaturperiode und Legislaturperiode entdeckt, dass im Staatshaushalt zweistellige Milliardenbeträge fehlen, gehen es SPÖ und ÖVP recht gemächlich an. Nicht nur enthält das Koalitionsübereinkommen keinen konkreten Budgetsanierungspfad, es wurden auch sämtliche Bereiche, in denen Einsparungen sinnvoll wären, in Arbeitsgruppen ausgelagert: Verwaltungs- und Föderalismusreform.
Damit wird der Anschein erweckt, dass Lösungen erst von Grund auf erarbeitet werden müssten. Es sei festgehalten: Der Rechnungshof, und nicht nur dieser, hat dem Parlament bereits vor drei Jahren 599 Maßnahmen für eine Verwaltungsreform vorgeschlagen, mit einem Einsparungsvolumen von bis zu 3,4 Milliarden Euro; das Institut für Höhere Studien hält fünf Milliarden Euro für möglich, würden die Verwaltungseinheiten zwischen Bund und Ländern gestrafft; der groß angelegte „Verfassungskonvent“, den VP-Kanzler Wolfgang Schüssel (2000–2006) ins Leben gerufen hatte, produzierte 1128 Seiten mit Reformvorschlägen. Ideen wären also ausreichend vorhanden. Das Wort „Arbeitsgruppe“ droht zum Synonym für „ausgelagert und abgesagt“ zu werden. Auch die aufgeschobene Auseinandersetzung über den Finanzausgleich verheißt nichts Gutes. Die Länderchefs brauchen sich die nächsten zwei Jahre gar keine Sorgen zu machen. Der großzügige Finanzausgleich von Finanzminister Wilhelm Molterer, der 2008 – und somit noch vor der Finanzkrise – ausverhandelt wurde, läuft vorerst bis 2016. Auch dafür wurde ein Arbeitskreis ins Leben gerufen. So viel zum – laut Wahlprogramm der ÖVP – „schlanken Staat“ und „ausgabenseitigen Sparen“.

Unter den Tisch gefallen und diskret liegen geblieben ist auch die Wahlansage der SPÖ, wonach „vermögensbezogene Steuern mehr Steuergerechtigkeit“ bringen sollen. Stattdessen: Luxussteuern auf Getränke und PKW für alle. Ein „transparentes Mietrecht“ (SPÖ) und „bezahlbare Mieten“ (ÖVP) schrieben sich beide Parteien ins Wahlprogramm. Doch jenen Faktoren, welche die Mietpreise in die Höhe treiben, sind im Regierungsprogramm keine Schranken gesetzt: Weder werden die willkürlichen Zuschläge für Lage und Ausstattung einer Wohnung definiert, geschweige denn begrenzt, noch werden die Maklerprovisionen angetastet. „Festgeschriebenes Weiterwursteln“ nannte es der „Standard“ treffend.

Der Wähler ist vergesslich – das scheint das Motto dieser Koalition zu sein. Am 2. März 2010 beschlossen Faymann und Vizekanzler Josef Pröll, alle Förderungen, die Bund, Länder und Gemeinden ausschütten, in einer Transparenzdatenbank zu erfassen, um Doppel- und Dreifachtransfers zu vermeiden. Das war noch bei jeder Koalitionsverhandlung ein Gassenhauser. So auch diesmal: Bis 2015, so wurde nun verkündet, sollen alle Daten erfasst sein.

Oder auch nicht.