ÖGK-Huss: "Alarmismus ist auf keinen Fall angezeigt"

Verwaltungskosten der ÖGK explodierten seit der Kassenfusion

Die Österreichische Gesundheitskasse prognostiziert dramatische Verluste und muss Leistungen kürzen. In der Verwaltung stiegen dagegen die Kosten in nur fünf Jahren um 38 Prozent stark an. Was wurde aus „Sparen im System“?

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Kassenärztinnen und -ärzte können sich aktuell nicht über mangelnde Kommunikation beschweren. Sie werden seit Wochen mit Bittbriefen der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) überhäuft – wie diesem vom Mai: „Sehr geehrte Frau Doktorin, sehr geehrter Herr Doktor“, heißt es darin. Die Zahl physiotherapeutischer Behandlungen sei seit 2019 um 58,7 Prozent gestiegen, schreibt die Kasse – und fordert Hausärztinnen und Hausärzte auf, sich bei Verordnungen auf das „notwendige Maß“ zu beschränken. Bedeutet konkret: Meist sollen 30 Minuten reichen, längere Einheiten vermieden und höchstens sechs Sitzungen verschrieben werden. Schlusssatz: „Wir ersuchen dringend um Ihre Mithilfe. (…) Wir werden natürlich die Ausgabenentwicklung weiterhin genau beobachten und Sie gegebenenfalls neuerlich kontaktieren.“ Zwei A4-Seiten für eine Botschaft: Schickt weniger Patienten zum Physiotherapeuten weiter.

Die ÖGK schrieb im Mai einen Brief an ihre Vertragsärzte. Inhalt: Sie sollen weniger Patienten an Physiotherapeuten überweisen.

Auch bei Vitamin-D-Tests fährt die ÖGK eine strengere Linie: 2022 machten sie zehn Prozent des gesamten Laboraufwands aus. Künftig sollen Hausärztinnen und -ärzte nur noch bei bestimmten Erkrankungen wie Niereninsuffizienz oder Adipositas testen – nicht mehr zum allgemeinen Screening. Noch deutlicher wurde die Kasse in einem Brief über stark steigende MRT-Untersuchungen. „Wir bitten schon jetzt um Verständnis dafür, dass wir zukünftig das Zuweisungsverhalten sehr genau beobachten werden und Kontakt aufnehmen, wenn unserer Einschätzung nach die Anforderungen nicht erfüllt werden.“

Tatsächlich dürfte Österreich bei einzelnen Leistungen äußerst großzügig gewesen sein. Im EU-Schnitt werden hierzulande deutlich mehr kostspielige Magnetresonanztomografien pro Patient durchgeführt als in anderen Ländern. Doch Leistungen wie diese sind nicht die einzige Erklärung für das Budgetloch der ÖGK, das heuer ohne Gegenmaßnahmen auf bis zu 900 Millionen Euro anwachsen dürfte. Ein Mitgrund für die Misere sind stark gestiegene Verwaltungskosten, wie interne Daten zeigen.

Daniela Breščaković

Daniela Breščaković

ist seit April 2024 Innenpolitik-Redakteurin bei profil. War davor bei der „Kleinen Zeitung“.

Jakob Winter

Jakob Winter

ist Digitalchef und seit 2025 Mitglied der Chefredaktion bei profil. Gründete und leitet den Faktencheck faktiv.