Günther Platter

Platter: "Ich lasse mir von niemandem dreinreden"

Landeshauptmann Günther Platter über künftige Koalitionen in Tirol, Flüchtlinge am Brenner und die Notwendigkeit, aus der Geschichte zu lernen.

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INTERVIEW: EDITH MEINHART

profil: Sie haben in Tirol mit Rot regiert, dann mit Grün und waren im Bund unter Schwarz-Blau Minister. Was liegt Ihnen am meisten? Platter: Die Parteifarbe war für mich noch nie ausschlaggebend. Inhalte und die Verlässlichkeit von Personen gehen vor.

profil: Wen halten Sie für verlässlich? Platter: Das kann ich erst sagen, wenn ich weiß, wer für ein Regierungsamt zur Verfügung steht. Ich strebe für die Tiroler Volkspartei jedenfalls 40 Prozent der Stimmen an, um klare Verhältnisse zu schaffen und eine Situation wie in Deutschland zu vermeiden, wo es immer noch keine Regierung gibt.

profil: Warum liegt die Latte nicht so hoch wie in Niederösterreich, wo die ÖVP die Absolute erreichte? Platter: Dort hatte die ÖVP zuvor 50 Prozent, wir starten von 39 Prozent. Das kann man nicht vergleichen. Zweitens haben wir in Tirol mehr Mitbewerber.

profil: Wird es aus dem Bund Druck geben, auch in Tirol Schwarz-Blau zu machen? Platter: Ich lasse mir da von niemandem dreinreden. Es wird eine selbstständige Entscheidung der Tiroler Volkspartei geben.

profil: Sie haben bisher wenig Neigung erkennen lassen, mit der FPÖ zu koalieren. Haben Sie Angst, dass Sie sich ständig mit roten Linien beschäftigen müssen? Platter: Das ist eine Interpretation von Ihnen. Ich habe das Thema bewusst offen gelassen, bis wir sehen, wie die Wählerinnen und Wähler die einzelnen Parteien gewichten.

Es darf niemand an Antisemitismus oder nationalsozialistischem Gedankengut auch nur anstreifen.

profil: Glauben Sie daran, dass die FPÖ ihr Verhältnis zu den Burschenschaften und zur NS-Vergangenheit klären wird können? Platter: Da gab es Entscheidungen der FPÖ auf Bundesebene. Ich beschäftige mich mit der Tiroler Volkspartei.

profil: Halten Sie die Aufarbeitung grundsätzlich für wichtig? Platter: Für mich gilt ein Grundsatz, mit dem alles beantwortet ist: Es darf niemand an Antisemitismus oder nationalsozialistischem Gedankengut auch nur anstreifen. Wenn das aber der Fall ist, wird es eine Zusammenarbeit mit mir nicht geben. Das Zweite ist, dass Politik, Medien und Gesellschaft alles tun müssen, damit wir aus der Geschichte lernen.

profil: Sie reden im Wahlkampf eher wenig über Flüchtlinge. Was halten Sie von den Plänen der Regierung, das Asylrecht weiter zu verschärfen? Platter: Als wir mit einem massiven Flüchtlingszuwachs konfrontiert waren, habe ich gemeinsam mit der Polizei und dem Innenminister alles unternommen, um die Lage in den Griff zu bekommen. Sie ist jetzt im Griff, dank trilateraler Kontrollen, Polizisten und Soldaten im Grenzraum und eines Grenzmanagements, das wir innerhalb von 24 Stunden hochziehen können. Schlepperbanden sollen wissen: Es gibt am Brenner kein Durchkommen. Asyl-Großquartiere sind in Tirol aktuell kein Thema.

profil: Sie fordern 300 Polizisten mehr für Tirol, sind diese bereits in den 2100 von der Regierung beschlossenen Planstellen enthalten? Platter: Das ist eine Forderung, die nicht aus dem Bauch kommt. Wir benötigen 180 Polizisten im Grenzraum, die in Städten und Gemeinden bei allgemeinen Sicherheitsaufgaben fehlen. Zweitens haben wir immer noch eine Benachteiligung gegenüber anderen Bundesländern. Ich gehe davon aus, dass der Innenminister erkennen kann, dass die Zahl begründet ist.

Ich meine schon, dass es einen präventiven Charakter hat, wenn die Strafen erhöht werden.

profil: Halten Sie es für einen Beitrag zur Sicherheit, wenn Strafen für Gewalt- und Sexualdelikte erhöht werden, wie von Staatssekretärin Edtstadler angeregt? Platter: Ich habe diese Forderung selbst immer wieder aufgestellt, weil es ein Missverhältnis bei Strafen für Vermögens- und Gewaltdelikte gibt.

profil: Experten aber sagen einhellig, höhere Strafen schrecken niemanden ab und bringen für die Resozialisierung nichts. Platter: Ich meine schon, dass es einen präventiven Charakter hat, wenn die Strafen erhöht werden. Davon abgesehen müssen die Menschen auch das Gefühl haben, dass es gerecht zugeht. Deshalb hat die Staatssekretärin meine hundertprozentige Rückendeckung.

profil: Im Transit gab es bisher eher kleine Erfolge, aber nicht die große Wende. Platter: Wir haben unsere Hausaufgaben erledigt. Würde nicht der Brenner Basistunnel gebaut, hätten wir null Chance weiterzukommen. Jetzt brauchen wir die Nachbarn für die Korridormaut. Es kann ja nicht sein, dass 800.000 LKW im Jahr über den Brenner fahren, weil das finanziell günstiger ist, obwohl der kürzere Weg über die Schweiz führt. Deshalb bleibe ich vehement dabei, dass wir mit Blockabfertigungen insbesondere Bayern in die Knie zwingen.

profil: Fühlen Sie sich vom Bund ausreichend unterstützt? Platter: Ich habe mit Sebastian Kurz geredet; er ist zu 1000 Prozent dabei. Mit dem Verkehrsminister gab es eine Irritation, die aber korrigiert wurde. Ich kündige heute schon an, dass wir 2018 weitere 20 bis 30 Blockabfertigungen machen werden. Die Europabrücke wird heuer saniert, es braucht verstärkte Anstrengungen, damit es in Tirol nicht zu einem Verkehrsstillstand kommt.

profil: Auf der Seite des Bloggers Markus Wilhelm häufen sich Vorwürfe gegen die Leitung der Festspiele in Erl, die von Lohndumping bis zu Mobbing und Machtmissbrauch reichen. Wird das Land sich damit befassen? Platter: Es gibt ein Aufsichtsratsgremium. Ich kann das nicht beurteilen, ich höre davon zum ersten Mal. Ich kann nicht alles wissen und lesen, was im Internet steht.

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Edith   Meinhart

Edith Meinhart

ist seit 1998 in der profil Innenpolitik. Schreibt über soziale Bewegungen, Migration, Bildung, Menschenrechte und sonst auch noch einiges