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Zu schön, zu intelligent, zu phantastisch

Neue Forschungsergebnisse aus Deutschland und Salzburg - und warum Einzeller im Leben nie reich werden.

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Guten Morgen!

Neueste Nachrichten aus dem Homeoffice: „Einzelliger Schleimpilz wird metergroß – und trifft Entscheidungen.“ Irgendetwas an dieser Schlagzeile, die die Austria Presse Agentur (APA) gestern Nachmittag verschickt hat, erinnert uns an früher. An die Möglichkeit zweifelhafter Scherze unter Kollegen vielleicht, womöglich auch an legendäre WG-Klos, jedenfalls aber an eine Zeit, in der sich Menschen noch näher standen (rein physisch). Dabei ist die Angelegenheit weder witzig noch ekelhaft und schon gar nicht sentimental. Es geht um Physarum polycephalum, den Einzeller des Jahres 2021, der sich – laut neuesten Forschungsergebnissen des deutschen Max-Planck-Instituts für Dynamik und Selbstorganisation sowie der TU München – mit einfachen, aber erstaunlich präzisen Maßnahmen in seiner Umwelt orientiert (und zwar in Richtung Nahrung). Man kann das ruhig intelligent nennen. Schön ist der Schleimpilz übrigens auch noch (überzeugen Sie sich selbst). Nur reich, reich ist er nicht.

Von Schleimpilzen und Märchenprinzen

Dafür müsste er nämlich arbeiten (oder zumindest Seminare veranstalten). Aber wo? In einem Schloss in Frankreich, wie ein ÖVP-Stiftungsrat? Gott behüte. Immerhin verbietet das neue Homeoffice-Gesetz, wie eine erste, womöglich aber auch überstürzte Begutachtung unsererseits ergeben hat, nicht die Pflege und Betreuung entscheidungsfreudiger Einzeller im gemeinsamen Wohnraum. Über die Details werden wir Sie natürlich auf dem Laufenden halten, einstweilen verfügen wir aber trotzdem lieber eine Hausdurchsuchung inklusive Staubwischen und Durchlüften.

Weniger gute Nachrichten erreichten uns derweil aus Salzburg: Dort wurde möglicherweise eine brasilianische Variante des neuartigen Coronavirus entdeckt, die auch noch wie eine Münchner Schickeriadisco heißt, was nun wirklich kein gutes Omen sein kann. Wie sehr uns das beunruhigen soll, besprechen wir – unter anderem – im kommenden profil. Zur Beruhigung empfehlen wir Ihnen schon an dieser Stelle den auf Twitter und Instagram aktiven, herrlich jenseitigen Account „Boschbot“, der laufend erstaunliche Details aus Hieronymus Boschs „Garten der Lüste“ präsentiert. Dagegen sind Schleimpilze Märchenprinzen.

Wir wünschen Ihnen einen paradiesischen Mittwoch!

Sebastian Hofer 

P.S. Gibt es etwas, das wir an der "Morgenpost" verbessern können? Das Sie ärgert? Erfreut? Wenn ja, lassen Sie es uns unter der Adresse [email protected] wissen.

Sebastian Hofer

Sebastian Hofer

schreibt seit 2002 im profil über Gesellschaft und Popkultur, ist seit 2020 Textchef dieses Magazins und zählt zum Kernteam von faktiv.