Die kaiserliche Staatskrone wird durch die königliche Galerie getragen, nachdem der britische Prinz Charles die Rede der Königin während der Staatseröffnung des Parlaments in den Houses of Parliament in London am 10. Mai 2022 gehalten hat. Die 96-jährige Monarchin, die normalerweise die pompöse Veranstaltung leitet und das Gesetzgebungsprogramm ihrer Regierung von einem vergoldeten Thron im House of Lords aus verliest, hat das jährliche Spektakel auf Anraten ihrer Ärzte ausgelassen.
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Queen Elizabeth: Ein Königreich und ein Pferd

Lästige Termine sind der Preis, den Spitzenpolitiker für ihre Ämter zahlen. Manche fliehen nach Windsor, andere ins Obere Mühlviertel.

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Man muss Prioritäten setzen, auch als Königin. Vergangenen Dienstag schwänzte Elizabeth II. die traditionelle Parlamentseröffnung in London. In Vertretung der Queen nahm Charles, Prince of Wales, an der Zeremonie teil. Die Königin war symbolisch vertreten, durch ihre auf einem Kissen ruhende Krone. Um die Gesundheit der Monarchin machte sich allenthalben Sorge breit. Bis am Freitag berichtet wurde, Elizabeth II. habe sich bei der traditionellen Royal Windsor Horse Show gezeigt. Allgemeines Aufatmen. Das Jahr 2022 hat uns schon zu viel zugemutet. God save the Queen.

Elizabeth II. ist – wie man weiß – eine „Pferdenärrin“. Ihr Morgenpostler bezweifelt allerdings, dass man eine Hoheit wie Elizabeth als „Närrin“ bezeichnen darf. Die Briten sind da empfindlich. In der „Presse“ benutzten sie den Begriff „Pferdeliebhaberin“. Anbieten würde sich auch die Bezeichnung „Pferdefan“. „Pferdeanhänger“ wäre dagegen zu zweideutig.

Wie auch immer: Dass die Queen lieber bei Pferden vorbeischaut als bei Politikern, kann Vorbildwirkung entfalten. Von Bundespräsident Alexander Van der Bellen weiß man, dass er steife Veranstaltungen weniger schätzt. Dazu würde Ihr Morgenpostler auch den Opernball zählen. Für den Bundespräsidenten ist der Staatsball eher ein winterliches Missvergnügen. Das traditionelle Eröffnungsinterview mit Alfons Haider bedeutet nur den Beginn des Horrors. In den vergangenen zwei Jahren blieb Van der Bellen der Opernball erspart. Selbst die Pandemie hat ihr Gutes.

Juli, Fanny, Struppi

Sollte der Ball 2023 stattfinden, könnte Van der Bellen – so er noch eine Staatsoberhauptperiode anhängt – einen auf Queen machen und seinen ältesten Sohn in Frack mit rot-weiß-roter Brustschärpe in die Präsidentenloge der Staatsoper schicken. Die Teilnahme des Bundespräsidenten würde durch eine auf einem Kissen ruhende Zigaretten-Schachtel symbolisiert werden.

Während in der Oper die Republik tanzt, könnte Van der Bellen im nahen Burggarten mit seinem Hund spazieren gehen. Der Bundespräsident gilt bekanntlich als „Hundenarr“, sein Viecherl heißt Juli. Karl Nehammer besitzt eine Gebirgsschweißhündin namens Fanny. Verfassungsministerin Karoline Edtstadler bringt ihren Struppi regelmäßig ins Büro mit. Beim Interview, das profil vergangene Woche mit ihr führte, war Struppi zugegen. Hinter Edtstadlers Schreibtisch hat das Hündchen ein Körbchen. Dort befindet sich auch ein Board, auf dem ein Schild mit einem interessanten englischen Einzeiler steht: „The older I get, the more everyone can kiss my ass.“ Man muss kein Royal sein, um das zu verstehen. Vielleicht hat die 96-jährige Queen in ihrem Büro auf Schloss Windsor ja auch so ein Schild.

Lästige Termine sind der Preis, den Spitzenpolitiker für ihre Ämter bezahlen. Dazu können Bälle ebenso zählen wie profil-Interviews. Mehr Spaß machen Parteitage, außer vielleicht jenen, die im Zuge eines solchen ausgetauscht werden. Vergangenen Samstag kürte die ÖVP Karl Nehammer in der Grazer Helmut-List-Halle offiziell zu ihrem Obmann. Fanny war nicht vor Ort, der profil-Morgenpostler schon. Wie der Parteitag ablief, und was der ausgetauschte Obmann Sebastian Kurz dort zu sagen hatte, können Sie hier nachlesen. Kurz ist es immerhin anzurechnen, dass er der Einladung zum Parteitag gefolgt ist. Sein Vorgänger Reinhold Mitterlehner war nicht in Graz erschienen. Denkbar wäre es, dass am Wochenende in Mitterlehners Heimatbezirk Rohrbach im Oberen Mühlviertel eine Pferdeshow stattfand. Oder der frühere ÖVP-Obmann dachte sich einfach: „Kiss my ass.“

Einen vergnüglichen Montag wünscht Ihnen

Gernot Bauer

Gernot   Bauer

Gernot Bauer

ist seit 1998 Innenpolitik-Redakteur im profil und Co-Autor der ersten unautorisierten Biografie von FPÖ-Obmann Herbert Kickl. Sein journalistisches Motto: Mitwissen statt Herrschaftswissen.