Security

Schwarzarbeit beim Frequency: Spur zu Veranstalter Jenner

Die Finanzpolizei entdeckte bei einer Razzia am Frequency Festival mehrere Security-Mitarbeiter, die nicht korrekt angestellt waren. Zum Problem könnten die Ermittlungen jetzt auch für den Festivalveranstalter werden.

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Als die Finanzpolizei vergangenen Samstag das Festivalgelände vom Frequency stürmte, traf sie auf ein Konstrukt, das im Security-Bereich durchaus üblich ist: Eine übergeordnete Firma, die Subfirmen engagiert, um mutmaßlich die Verantwortung über unkorrekte Arbeitsverhältnisse an sie abzuwälzen. Schwarzarbeit ist in der Security-Branche laut der Finanzpolizei ein bekanntes Übel.

Der Veranstalter Harald „Harry“ Jenner will nichts mit dem Schlamassel am Hut haben. Ganz herausreden kann er sich jedoch nicht. Laut profil-Recherchen ist Jenner selbst am Unternehmen beteiligt, das mit der Gesamtsecurity am Festival beauftragt worden ist: Die Firma CCS – Crowd Control Security, die profil nach mehreren Versuchen nicht erreichen konnte.

Welche Verantwortung trägt der Veranstalter?

profil sprach mit dem Leiter der Finanzpolizei, Wilfried Lehner. Die Rede ist von dutzenden Mitarbeitern, die am Frequency nicht ordnungsgemäß angemeldet und somit illegal beschäftigt waren.

Die Kontrollen am Frequency kamen wohl nicht überraschend, „alleine deshalb, weil wir Großevents regelmäßig kontrollieren“, erklärt Lehner. Außerdem bemerkenswert: Die Securities wurden per SMS verständigt, als die Einsatzkräfte auftrafen. „Wir gehen davon aus, dass es den Security-Mitarbeitenden im Eingangsbereich möglich war, Massen-SMS auszuschicken.“ Der Schluss, den Lehner daraus zieht: „Es muss eine vollständige Liste aller tatsächlich Beschäftigten geben.“ Hunderte Mitarbeiter konnten dadurch verständigt werden. „Wenn das im Vorhinein organisiert wird, ist es einfach, alle zu alarmieren.“ Über 50 Securities machten sich laut Angaben der Einsatzkräfte auch aus dem Staub.

Der Veranstalter bestreitet die Darstellung der Finanzpolizei, dass über 50 Securities weggelaufen wären. Die Posten seien laut Jenner sofort nachbesetzt worden. Verantwortlich fühlt er sich nicht: Das Festival verfüge über mehr als 600 Security-Leute, für den Veranstalter sei „unmöglich zu überprüfen“, ob diese von den Subfirmen korrekt gemeldet wurden. Jenner sagt gegenüber profil, dass die mittels Werkvertrag beauftragten Unternehmen vertraglich dazu aufgefordert waren, ihre Mitarbeiter zu kontrollieren. Er beteuert, dass „alle Mitarbeiter, bei denen von unserer Seite ein Beteiligungsverhältnis besteht“ ordnungsgemäß angemeldet seien. Das mag sein, jedoch kann er in bestimmten Fällen auch für die Mitarbeiter haften, die über Subfirmen beschäftigt waren. Weiters heißt es in dem Statement: „Die Dienstverhältnisse bei den von uns beauftragten Fremdfirmen können wir nicht überprüfen.“

Nun sei ein Treffen „an höchster Stelle“ mit der Leitung der Finanzpolizei vereinbart, um „abzustimmen, wie in Zukunft noch transparenter agiert werden kann“. Diese Leitung heißt Wilfried Lehner, der gegenüber profil jedenfalls von einem Konstrukt an beschäftigten Firmen spricht, die es in diesem Ausmaß noch nie bei einem Festival gegeben haben soll.

Sub- und Subsub-Firmen

Die CCS – Crowd Control Security GmbH soll die Bewachung des Festivalgeländes sektorenweise auf weitere 13 Subunternehmen aufgeteilt haben. Von den Subunternehmen soll der Auftrag an weitere fünf ausgelagert worden sein. CCS wurde von Harald Jenner und einem weiteren Partner gegründet, wie auch der Kurier berichtet. Für Jenner selbst könnte die Causa dann zum Problem werden, wenn sich durch die Ermittlungen herausstellt, dass das Sicherheitskonzept nicht eingehalten worden ist – noch laufen die Ermittlungen.

Die Konsequenzen für den Veranstalter und für die Sicherheitsfirmen hängen noch von den Ermittlungsergebnissen ab, so Lehner. Man müsse noch alle Beschäftigungsverhältnisse im Detail sichten. „Wir verbringen die meiste Zeit damit, Auftragsketten nachzuvollziehen“, sagt Lehner.

Prekäre Arbeitsverhältnisse in der Branche

Profil konnte zwei der Firmen ausfindig machen, die von der CCS als Werkvertragspartner beauftragt wurde. Eine davon heißt Ante Portas. Der Geschäftsführer Laurin Levai zeigt sich gegenüber profil froh über die mediale Aufmerksamkeit. Im Sicherheitsbereich seien faire Bedingungen nicht üblich. Ante Portas selbst war mit rund 50 Securities am Samstag vor Ort – diese seien alle ordnungsgemäß angemeldet und auf Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis überprüft worden. „Unsere MitarbeiterInnen bekommen 14 Gehälter und bezahlten Urlaub und Krankenstand, was leider bei anderen Firmen - wie wir hören nicht flächendeckend üblich ist“, beklagt Levai auch deshalb, weil Firmen oft „derartig billig“ anbieten würden, dass man gar nicht mithalten könne. „Das empfinden wir als unfair und wir hoffen, dass der Druck im Gewerbe steigt, Menschen ordentlich anzumelden und dadurch die Preise bei größeren Veranstaltungen fairer werden“.

Gewinn übersteigt Strafen

Ganz eindämmen werden Lehner und seine Leute die Schwarzarbeit aber trotz Kontrollen nicht. Das illegale Geschäft ist einfach zu lukrativ: Laut Schätzungen der Finanzpolizei geht es um Beträge von bis zu einer Milliarde Euro pro Jahr, die dem Finanzamt und den Sozialversicherungen entgehen. „Sie können mit nichts so viel Geld machen wie mit dem Hinterziehen von Sozialversicherung und Lohnsteuer“, erzählt Lehner. Denn: Diese machen zusammen den größten Anteil der Abgaben eines Unternehmens aus. Securities bleiben oft netto nur sechs Euro in der Stunde. „Damit können legale Unternehmen nicht einmal ansatzweise mithalten“, sagt Lehner. Die Verlockung zu Schwarzarbeit sei groß.

Der Geschäftsführer der Crowd Control Security GmbH hat auf profil-Anfrage nicht reagiert. In der Tageszeitung Kurier ließ er jedoch über seine Anwaltskanzlei um Verständnis bitten, dass keine inhaltliche Stellungnahme abgegeben wird, „da es sich um ein laufendes Verfahren handelt.“ Anwalt Gunther Gram von der Kanzlei Höhne, In der Maur & Partner verwies weiter auf ein Gespräch mit der Leitung der Finanzpolizei, das bald stattfinden soll. Weiter hieß es in dem Statement: „Unsere Mandantschaft war auch bisher in ständigem Kontakt mit der Behörde und hat alle ihr vorliegenden Informationen und Unterlagen zur Verfügung gestellt. Und jedenfalls wurden alle Werkvertragsnehmer verpflichtet, die von ihnen übernommenen Aufgaben vollständig zu erfüllen und die Gesetze einzuhalten.“

Die Ergebnisse der Ermittlungen zum Frequency werden noch Monate dauern, erst dann lässt sich die Rolle des Veranstalters und der Sicherheitsfirmen klären – für sie gilt die Unschuldsvermutung. In der Zwischenzeit läuft bereits der Vorverkauf für das Frequency 2024 an.

Elena Crisan

Elena Crisan

Wenn sie nicht gerade für den Newsletter "Ballhausplatz" mit Politiker:innen chattet, schreibt sie im Online-Ressort über Wirtschaft und Politik.