Sloweniens Botschafter an Kunasek: „Tür zu bilateralen Beziehungen geschlossen“
Marko Štucin hat sein Büro in der Wiener Ringstraße erst seit Kurzem bezogen, aber Zeit, sich in aller Ruhe einzurichten, bleibt ihm nicht. Schon in seinen ersten Tagen in neuer Funktion, als Botschafter von Slowenien, reiste er nach Kärnten zu Landeshauptmann Peter Kaiser, SPÖ. Die beiden besprachen den vielfach kritisieren Polizeieinsatz am Peršmanhof, der auch eine Gedenkstätte für NS-Verbrechen gegen Kärntner Slowenen im Widerstand ist. Kaiser versprach Štucin volle Aufklärung der Ereignisse. „Wir haben das Gefühl“, sagt Štucin, „dass die Kärntner Regierung unsere Bedenken teilt und wir in ihr einen Partner haben“.
Ein Besuch bei einem anderen Landeshauptmann steht nicht am Programm, und das liegt nicht daran, dass Štucin gerade so sehr mit seinem Einleben in Österreich beschäftigt ist.
„Ich habe nicht vor, in meiner Amtsperiode Kontakte zur steirischen Landesregierung zu pflegen.“ Štucin erwartet nicht, dass Mario Kunasek ihn zu einem Gespräch bittet. „Aber falls eine Einladung kommt, werde ich mir ansehen, welche anderen Termine ich an diesem Tag habe und dann entscheiden.“
Ich kenne ein Land, das vor Kurzem seine Gesetze so geändert hat, dass es nun Gebiete außerhalb seiner international anerkannten Grenzen inkludiert – Russland.
Botschafter von Slowenien
Dabei streicht der Staatsvertrag die besondere Stellung der slowenischen Minderheit in Österreich hervor. Laut Artikel sieben genießt sie „in Kärnten, Burgenland und Steiermark (...) dieselben Rechte auf Grund gleicher Bedingungen wie alle anderen österreichischen Staatsangehörigen, einschließlich des Rechtes auf ihre eigenen Organisationen, Versammlungen und Presse in ihrer eigenen Sprache“.
Neun Monate nach Kunaseks Angelobung liegen die Beziehungen zwischen der Steiermark und ihrem einzigen Nachbarland auf Eis. Schuld daran ist diese Passage aus dem Regierungsprogramm: „Das Land Steiermark bekennt sich zur Heimatpflege durch die Bewahrung landestypischer Bräuche und Traditionen. In die Landesverfassung soll demnach die Landeshymne, das ,Dachsteinlied’, aufgenommen werden.“ Damit wird also jener Text rechtlich aufgewertet, der heutiges slowenisches Staatsgebiet (bis zu Save und Drau) besingt, das schon seit mehr als 100 Jahren nicht mehr Teil der Steiermark ist.
Lied im Landessymbolgesetz
Der Plan von Blau-Schwarz scheiterte, weil keine Oppositionspartei ihren Plänen zustimmen wollte, alleine haben FPÖ und ÖVP keine Verfassungsmehrheit. Allerdings schrieben die Regierungsparteien das Dachsteinlied im Landessymbolgesetz fest.
Die Beziehung bleibt also zerrüttet. „Wir verstehen vollkommen, dass es Texte wie diesen gibt, die in einem anderen historischen Kontext geschrieben wurden“, sagt Botschafter Štucin. „Es ist also keine große Sache, wenn jemand diese Lieder singen möchte.“ Aber: „Wenn die steirische Landesregierung diesen Text in einem Gesetz festschreibt, verliert er den historischen Kontext und wird aktuell. Das ist für uns völlig inakzeptabel.“ Der Botschafter wählt scharfe Worte: „Ich kenne ein Land, das vor Kurzem seine Gesetze so geändert hat, dass es nun Gebiete außerhalb seiner international anerkannten Grenzen inkludiert – Russland.“ Er wisse natürlich, dass der Gesetzesbeschluss nicht bedeute, dass die Steiermark slowenisches Gebiet beansprucht. „Aber es ist dennoch ein symbolischer Akt, den wir einfach nicht nachvollziehen können. Damit haben sie die Tür zu bilateralen Beziehungen geschlossen.“ Dabei sei es gerade in Zeiten wie diesen wichtig, international zusammenzuhalten. Die Teilnahme am steirisch-slowenischen Komitee und der Alpen-Adria-Allianz habe Slowenien pausiert.
Was sagt Mario Kunasek dazu? „Die diplomatischen Kontakte wurden seitens unseres südlichen Nachbarn einseitig eingestellt. Diese überzogene Maßnahme ist bedauerlich und wohl dem Wahlkampf – Parlamentswahl im kommenden Jahr – in Slowenien geschuldet“, antwortet er auf profil-Anfrage. „Wäre man ernsthaft daran interessiert, zu kalmieren, hätte man in diplomatischer Gepflogenheit Kontakt mit mir aufgenommen.“ Man setze aber auf Eskalation, um innenpolitisch zu punkten, glaubt Kunasek. „Aus meiner Sicht besteht nach wie vor ein freundschaftlicher Kontakt zwischen der Steiermark und Slowenien. Das haben wir zuletzt beim Aufsteirern gesehen, wo uns unsere slowenischen Freunde in der Grazer Innenstadt musikalisch begeistert haben.“
Auch Štucin will bald Graz und andere steirische Orte besuchen. Die Grazer Burg gehört aber nicht dazu.