Wahlsieger Sebastian Kurz
Meinungsforscher: Stabilität und Zufriedenheit ein Jahr nach der Wahl

Sommer und Hajek: Stabilität und Zufriedenheit ein Jahr nach der Wahl

Meinungsforscher konstatierten wesentlich größere Zufriedenheit als in der ersten Schwarz-Blau-Phase - Auch nur sehr wenige unzufriedene FPÖ-Wähler.

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"Ein hohes Maß an Stabilität" sowohl der Umfragen als auch der für Wähler wichtigen Themen, Zufriedenheit mit der und nach wie vor Geschlossenheit in der Regierung. Das ist die "Stimmung ein Jahr nach der Wahl", wie der für die ÖVP tätige Meinungsforscher Franz Sommer sowie sein unabhängiger Kollege Peter Hajek (Public Opinion Strategies) am vergangenen Mittwoch zeichneten.

"Ordentliche Fortüne" für Schwarz-Blau

Natürlich, räumte Sommer in dem von der Politischen Akademie der ÖVP veranstalteten Gespräch ein, habe die ÖVP-FPÖ-Regierung "ordentliche Fortüne" mit der guten Wirtschaftslage - also keine Notwendigkeit von großen Einschnitten und geringere Jobsorgen. Und es sei jetzt "die Begeisterung nicht mehr ganz so groß wie am Anfang" - also vor einem Jahr, als die ÖVP die Nationalratswahl gewann und dann mit der FPÖ zusammenging. Aber die Zufriedenheit sei immer noch sehr groß, "die Leute haben das Gefühl, dass jetzt etwas gemacht wird, die Blockade vorbei ist". Das könne allerdings auch schnell ändern, wenn das, was gemacht wird, den Wählern missfällt, merkte er an.

Bisher jedenfalls sind die Umfragenwerte wesentlich stabiler - und für die Regierung erfreulicher - als in der ersten schwarz-blauen Phase ab 2000 bzw. nach dem Wahlsieg der ÖVP 2002. Immer noch sind laut Hajek 49 Prozent zufrieden mit der Arbeit der ÖVP-FPÖ-Regierung und nur 45 Prozent unzufrieden. In der Sonntagsfrage liegen ÖVP (32 bis 34 Prozent), SPÖ (27 bis 28) und FPÖ (23 bis 25) sehr stabil - während kurz nach der Regierungsbildung 2000 die FPÖ abstürzte und bald nach der Wiederbesiegelung der ÖVP-FPÖ-Koalition 2003 die SPÖ die ÖVP in den Umfragen überholte und dann beständig vorne blieb.

51 Prozent seien jetzt überzeugt, dass Österreich in die richtige Richtung geht - während es vor einem Jahr nur 20 Prozent waren, konstatierte Sommer, dass die Wähler "das Kapitel Große Koalition abgeschlossen" hatten. Die Unzufriedenheit mit Rot-Schwarz stieg damals beständig, bis auf 72 Prozent im Oktober 2017. Und jetzt sind laut Sommers Daten nur 40 Prozent mit der VP-FP-Regierung unzufrieden.

FPÖ-Wähler stehen hinter Kurz

Ein wesentlicher Unterschied ist laut Sommer, dass jetzt nur sehr wenige FPÖ-Wähler (drei Prozent) unzufrieden sind - während es z.B. 2005 38 Prozent waren. Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) gelinge es offenbar, der FPÖ das Gefühl zu geben, ein gleichwertiger Partner zu sein. "Die FPÖ-Wähler stehen jetzt praktisch geschlossen hinter dem Kanzler", es gebe sogar Direktwahl-Umfragen, in denen der Anteil der FPÖ-Wähler pro Kurz größer ist als der der ÖVP-Wähler. Zudem sei auch thematisch (siehe Flüchtlingsthema) die Schnittmenge zwischen ÖVP und FPÖ jetzt wesentlich größer - und es gibt keinen Jörg Haider, der als Landeshauptmann Opposition gegen die eigene Regierungsmannschaft macht.

Dass Kurz zu vielen umstrittenen FPÖ-Vorfällen schweigt könnte allerdings auch zum Problem werden - wenn er sich auch dort nicht äußert, wo es um Grundsätzliches geht und die Wähler damit Sorge vor einem rechtspopulistischen Umbau des Staates bekommen, merkte Hajek an. "Nicht ganz ungefährlich" für die ÖVP ist laut Sommer das Raucherthema. Wobei er aber interessanterweise bisher in einigen Umfragen festgestellt hat, dass nicht wenige FPÖ-Wähler Richtung ÖVP wechseln wegen des Raucherthemas. Diese Wanderung sei allerdings nicht so groß, dass die FPÖ Sorgen haben muss. Die müsste sie erst haben, wenn es eine Wählerwanderung zur SPÖ gibt - die aber "derzeit nicht passiert".

Opposition hat es schwer

Die Opposition hat es, so die Meinungsforscher, derzeit schwer. Die SPÖ hält sich zwar auf dem bei der Wahl erreichten vergleichsweise guten Niveau. Aber um wirklich Erfolg zu haben, müsste die neue Parteichefin Pamela Rendi-Wagner ein sozialdemokratisch geprägtes Wirtschaftsprogramm vorlegen. Denn für die SPÖ hat sich, erläuterte Sommer, im Oktober 2017 Wesentliches geändert: Bei der Nationalratswahl konnte sie viele städtisch-urbane, bürgerliche und gebildetere Wähler ansprechen - so dass sich ihre Wählerschaft nicht mehr wesentlich von der der ÖVP (die mit dem Ausländerthema wiederum weniger gebildete FPÖ-Wähler anziehen konnte) unterscheide.

Ein guter Teil des SPÖ-Zuwachses waren Grüne "Leihstimmen" - die aber derzeit noch keine Tendenz hätten, zurückzukehren. Und so könne die SPÖ auch auf einen EU-Wahlerfolg hoffen. Denn die Grünen würden mittlerweile zwar wieder in den Nationalrat gewählt, aber bei der EU-Wahl müssen sie mit einem deutlichen Einbruch von den 2014 geholten 14 Prozent rechnen, sind Sommer und Hajek überzeugt. Die NEOS haben sich nach dem Wechsel zu Beate Meinl-Reisinger wieder stabilisiert - und die Liste Pilz liegt in den Umfragen weit unter der Vier-Prozent-Hürde für den Nationalrat.