Werner Kogler beim Bundeskongress der Grünen in Salzburg

Türkis-Grün: Der weite Weg

Christa Zöchling sammelte Eindrücke beim Bundeskongress der Grünen.

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Am Ende hätten die Grünen eine geheime Abstimmung ruhig wagen können. Haben sie aber nicht. 93 Prozent für den Gang in die Regierung, 99 Prozent en bloc für die künftigen grünen Regierungsmitglieder. So ging die offene Abstimmung aus. Ehe noch die in die Höhe gehaltenen Zustimmungskärtchen gezählt waren, war klar: Das Ja zu Regierungsprogramm und Team fällt überwältigend aus. Niemals zuvor auf einem Parteitag war so viel geküsst, gedrückt, umarmt und gejubelt worden. Und gelacht.

Schon ganz zu Anfang war das so. Als Kogler während seiner Rede mehrmals aus dem Bild tanzte, das über eine riesige Videowall übertragen wurde, ertönten Lachsalven. Das koglertypische Hin und Her auf der Bühne, das sich nach allen Seiten Beugende, mit den Händen in der Luft fuchtelnd. „Wieso hat mir das keiner vorher gesagt, was das wird“, sagte Kogler. Nun aber habe man 14 Prozent erreicht bei den vergangenen Nationalratswahlen und daraus sei eine Verpflichtung erwachsen und deshalb stehe man jetzt hier. Überall in Europa würden derzeit neukonservative Parteien wie die Volkspartei gewinnen – und die Grünen.

„Was wir jetzt machen, ist klassische Pionierarbeit“ sagte Kogler und „Es macht einen Unterschied“, wer die Institutionen der Republik leite, ob „die Kellernazis in der Beletage sitzen“ oder eben die Grünen. Über schmerzhafte Punkte im Regierungsabkommen wie die Sicherungshaft, das Kopftuchverbot für Mädchen bis zum 14. Lebensjahr, die Rechts-und Rückkehrberatung für Asylwerber in staatlichen Händen statt bei Caritas oder der Diakonie verlor er kein Wort. Er strich das Erreichte hervor und nicht das zähneknirschend Akzeptierte.

Im Fortlauf der Rede wurde Kogler immer lockerer und launiger, - wann, wenn nicht jetzt/Wo, wenn nicht hier/wer, wenn nicht Ihr - Ihr Könnt’s mitsingen! - und die Delegierten sangen zwar nicht, aber sie gingen mit. In heller Freude. Die stundenlange Debatte danach hätte man sich sparen können, wenn es nicht etwas undemokratisch gewirkt hätte, wenn sich die Grünen diese Debatte tatsächlich erspart hätten. Schon im Vorfeld des öffentlichen Teil des Bundeskongresses, in unzähligen Telefonaten in den Tagen davor und in einem nicht medienöffentlichen Teil hatten die Kritiker ihre Vorbehalte artikulieren können, also Dampf ablassen.

Es war nicht der Tag für skeptische Bemerkungen, doch, was man so in den Delegiertenreihen hörte, war doch sehr realistisch. Man stellt sich ein auf harte, zähe Auseinandersetzungen mit dem Regierungspartner, auf Fallstricke, über die man vielleicht stolpern werde, auf ein Drehen der öffentlichen Meinung, die einem derzeit noch Rückenwind gäbe.

Weniger Gegner der Regierungsbeteiligung gingen ans Pult: „Wo sind die Brücken, die wir angeblich gebaut haben“ – „So werden die Grauslichkeiten, denen wir zugestimmt haben, salonfähig und dafür tragen wir eine Verantwortung“.

Noch nie hat es einen Bundeskongress der Grünen gegeben, auf dem so wenig gestritten und so wenig gemault worden war- und nicht schlecht über andere geredet. Ein weiter Weg. Auch in eigener Sache.

Christa   Zöchling

Christa Zöchling