Mückstein

Verhindern Fixtermine für Ungeimpfte einen Lockdown?

Ungeimpfte sollen nun doch einen Brief mit zugeteiltem Impftermin erhalten. Die Maßnahme kommt zu spät. Abermals droht ein Lockdown.

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Dänemark, Spanien, Israel, Portugal – sie alle schafften es, ihren Bürgern per Brief konkrete Corona-Impftermine zuzuweisen. Auch an dieser Maßnahme mag es liegen, dass die Impfquoten dort jeweils hoch sind.

Auch in Österreich werden die rund zwei Millionen Ungeimpften demnächst Post vom Dachverband der Sozialversicherungen (SV) erhalten. Darin sollen sie allerdings bloß auf die Gefahren einer Covid-19-Erkrankung hingewiesen werden, konkrete Impftermine werden nicht angeboten. Ein Schreiben ohne Impftermin sei „überflüssig“ und „verschwendetes Geld“, kritisiert Peter Lehner, Obmann der Sozialversicherung der Selbständigen (SVS).

„Natürlich hätten wir gern mit dem Schreiben auch Termine zugeteilt“, sagte Andreas Huss, Obmann der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), vergangene Woche zu profil. Huss vertritt rund 80 Prozent der Versicherten, insgesamt sieben Millionen Personen. Laut Huss würde das Unterfangen – wieder einmal – am Föderalismus scheitern. Für die Abwicklung der Impfprogramme sind die Länder zuständig. Ein jedes hat sein eigenes System, von der Anmeldung bis zur Impf-Logistik. In optimistischen Prognosen rechnet die SV damit, dass etwa 500.000 Ungeimpfte das Impfangebot nutzen würden. Der Rest der Termine würde verfallen. „Wir wollen zum ohnehin bestehenden Chaos im Impfsystem nicht ein weiteres produzieren“, so Huss gegenüber profil.  

Doch nun scheint Bewegung in die Sache zu kommen. Laut profil-Informationen suchen Sozialversicherung und Bundesministerium entgegen der bisherigen Aussagen emsig nach einer Möglichkeit, wie Ungeimpften brieflich ein Impftermin angeboten werden kann. Offenbar wurde der öffentliche Druck zu groß. 

Markus Kaiser könnte also Recht behalten. Bis Mitte Oktober war er Geschäftsführer des Bundesrechenzentrums und damit oberster Datenverarbeiter der Republik. An den großen Verwaltungsaufwand bei der Zuteilung von Impfterminen wollte er nicht glauben, wie er auf dem Kurznachrichtendienst Twitter schrieb: „Ich bin sicher, man könnte da eine Lösung finden, wenn man wollte.“ 

Brief mit Impftermin kommt erst im Advent

Formal könnte Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein die Sozialversicherungen sogar per Verordnung zwingen, Ungeimpften Termine anzubieten. Zielführend wäre ein solcher Alleingang wohl nicht.  

Seltsam mutet es an, dass die Briefe an die Ungeimpften – ob mit oder ohne Termin – erst im Dezember verschickt werden, obwohl die Infektionszahlen jetzt in die Höhe schießen. Grund für die Verzögerung sind datenschutzrechtliche Bedenken. Derzeit dürfen die Sozialversicherungen zwar Briefe an Ungeimpfte versenden, laut Allgemeinem Sozialversicherungsgesetz (ASVG) allerdings nur an solche, die aufgrund von Vorerkrankungen der COVID-19-Risikogruppe angehören. Im April kontaktierte die Sozialversicherung so bereits 145.000 Personen. Um auch vollkommen Gesunde zu erreichen, muss der betreffende ASVG-Paragraf 750 per Parlamentsbeschluss abgeändert werden. Erst dann – im Advent – kann der Brief verschickt werden.  

Da könnten das Land oder zumindest Teile davon bereits wieder zugesperrt sein. Wie profil mehrfach bestätigt wurde, halten einzelne hochrangige Regierungsberater einen Lockdown noch vor Weihnachten für unumgänglich, für Geimpfte und Ungeimpfte. Auch Vizekanzler Werner Kogler wollte einen Lockdown in der ORF-„Pressestunde“ am Sonntag nicht ausschließen. 

Gernot   Bauer

Gernot Bauer

ist Innenpolitik-Redakteur.