Österreich immer korrupter

Wie man Parteien richtig schmiert: Sechs Tricks

Politische Landschaftspflege für Fortgeschrittene: Verschärfte Gesetze erschweren es Großspendern zwar, Gelder an Parteien zu lenken. Doch es gibt noch immer genügend Schlupflöcher. Eine profil-Anleitung für Lobbyisten und Konzerne.

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Großzügige Gönner hatten es schon einmal leichter: Wer hohe Summen an eine Partei überweist, muss sich viele unangenehme Fragen gefallen lassen. Zum Beispiel: "Was war der Grund für Ihre Spende?" Und: "Erwarten Sie dafür eine Gegenleistung?" Oder, schlimmer: "Steht diese Spende im Zusammenhang mit Ihrer Berufung in den Aufsichtsrat eines Staatsbetriebes?"


So ehrbar die Motive mancher Spender auch sein mögen: An ihnen haftet der Verdacht, sie würden sich Sonderbehandlung durch politische Amtsträger erkaufen. Schließlich gab es in der Vergangenheit den einen oder anderen Fall - Geld gegen Insidertipps, Gesetze, Interventionen und so weiter.

Kein Wunder also, dass Geldgeber, Spendenkeiler und Parteimanager nach kreativen Wegen suchen, Summen unbemerkt in den Einflussbereich von Parteien zu verschieben. Vorbei am Rechnungshof, wie das Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache auf Ibiza ausplauderte - und damit vorbei an der Öffentlichkeit.

Die gute Nachricht für alle, die gerne anonym die politische Landschaft pflegen und pflügen: Es gibt noch immer genügend Gesetzeslücken. profil kennt sechs legale, halblegale und illegale Tricks für Polit-Mäzene, die Wert auf Diskretion legen. Das Risiko, dabei erwischt zu werden: äußerst gering.

Die Förderfinte

Nicht erst seit der Ibiza-Affäre versuchen Spender, unter dem Radar zu bleiben. Geldgeber wie die Kärntner Milliardärin Heidi Horten, die im Wahlkampf 2017 mehrere Hunderttausend Euro an die ÖVP überwiesen, nutzten einen Trick, um einer sofortigen Meldung an den Rechnungshof zu entkommen: Sie stückelten die Spenden in Tranchen unter 50.000 Euro.

Geteilte Spenden sind seit einer Gesetzesnovelle (2019) verboten, Großspenden ebenso. Unternehmen und Privatiers dürfen jährlich maximal 7500 Euro an eine Partei überweisen. Ab einem Betrag von 2500 Euro wird der Name der Gönner veröffentlicht. Doch es gibt eine völlig legale Tarnung: eine Fördermitgliedschaft bei einer Partei. Bis zu einem Betrag von 7499 Euro bleiben Förderer anonym.

Wer mehr überweisen will, aber eine Namensnennung auf der Website des Rechnungshofes lieber vermeidet, sollte sich eine nahestehende Organisation der Partei anlachen. Etwa den Verein GewerkschafterInnen in der SPÖ oder die Freiheitliche Wirtschaft. Die Höhe der Fördermitgliedschaft könnte - theoretisch - mehrere Zehntausend Euro betragen, trotzdem bliebe der Name des Förderers geheim. Die Vorfeldorganisation könnte das Geld dann ganz offiziell an die Partei weiterleiten. Im Rechenschaftsbericht wäre nur angeführt, wie viel die SPÖ von dem Gewerkschafter-Verein bekommen hätte, nicht aber, woher das Geld ursprünglich stammt.

Die Ibiza-Masche

Strache plauderte die Möglichkeit zum anonymen Parteiensponsoring auf der Finca in Ibiza aus - obwohl der Mitschnitt vor bald zwei Jahren öffentlich wurde, ist die Masche noch immer legal: "Es gibt ein paar sehr Vermögende. (...) Die zahlen aber nicht an die Partei, sondern an einen gemeinnützigen Verein. (...) Dadurch hast du keine Meldungen an den Rechnungshof."

Im Rechenschaftsbericht der Parteien tauchen nur offizielle Vorfeldorganisationen auf, die in den Parteistatuten verankert sind - etwa der Ring Freiheitlicher Jugend. Vereine im Umfeld von Parteien, die offiziell nichts mit der Partei zu tun haben, sind von der Rechenschaftspflicht nicht umfasst. Und eignen sich deshalb ideal als Spendenwaschmaschinen. Dass im Vorstand dieser Vereine ausschließlich Parteigänger sitzen - reiner Zufall! Zusätzlicher Diskretionsbonus: Anders als Unternehmen müssen Vereine keine Bilanz veröffentlichen. Für Außenstehende sind Vereine eine Blackbox. Ausnahme: wenn der Parteichef in eine Videofalle tappt.

Und wie kommt das Geld vom Verein an die Partei? "Der nahestehende Verein, der offiziell kein nahestehender Verein ist, kann selber etwas mit dem Geld machen, das zufällig der Partei nützt. Er könnte Umfragen in Auftrag geben oder Busse für den Wahlkampf anmieten. Das Geld muss nicht unbedingt als Geld in die politische Partei fließen", erklärt Ex-Staatsanwalt und Anti-Korruptions-Experte Georg Krakow.

Der Rechnungstrick

Kosten für Veranstaltungen, Rechnungen von Druckereien oder Honorare von Beratern können von Spendern direkt berappt werden. Damit scheint die Ausgabe in den Büchern der Partei gar nicht auf.

Auffliegen kann die Zahlung trotzdem - und zwar dann, wenn die Staatsanwaltschaft zufällig den Spender filzt. Im Fall der Novomatic ist genau das passiert. Im Jahr 2017 soll der Konzern das 2000-Euro-Honorar eines Politikberaters bezahlt haben, der einen Vortrag beim niederösterreichischen ÖAAB hielt, dem Arbeitnehmer-Bund der ÖVP. Der damalige NÖAAB-Obmann ist heute Nationalratspräsident und heißt Wolfgang Sobotka. Die Sachspende dürfte rechtlich sauber gewesen sein, weil es um einen niedrigen Betrag ging.

Würde der Wert der Sachleistung die Spendenobergrenze übersteigen, wäre das zwar "illegal", wie Mathias Huter vom Forum Informationsfreiheit meint: "Aber man wird ziemlich sicher nicht erwischt."

Der Klub-Coup

Spendenobergrenze, Stückelungsverbot, Offenlegungspflichten - das gilt zwar für Parteien, nicht aber für die Klubs in Landtagen und im Nationalrat, die eigene Konten haben. Der Rechnungshof prüft derzeit nur die Rechenschaftsberichte der Parteien und die Verwendung der Parteienförderung. Was die Klubs dagegen mit ihren Klubförderungen anstellen, interessiert ihn nicht. Rechtlich hätten die Prüfer die Möglichkeit, auch in die Klubkassen zu blicken, doch das haben sie bisher noch nie getan. Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker kündigte im Sommer 2020 im profil-Interview an, in ihrer verbleibenden Amtszeit (bis 2028) die Klubs jedenfalls zu durchleuchten. Bloß: "Der Rechnungshof könnte nur die widmungsgemäße Verwendung der öffentlichen Klubförderung untersuchen. Wenn aber ein Parlamentsklub andere Einnahmen hat, die nicht aus der Klubförderung stammen, sehe ich keine Grundlage, warum der Rechnungshof prüfen könnte, was damit geschieht", erklärt Jurist Krakow.

Das heißt: Spender könnten die Landtagsklubs von ÖVP, SPÖ, FPÖ, NEOS und Grünen theoretisch in unbegrenzter Höhe subventionieren, ohne dass ihr Name irgendwo aufscheinen würde - eine besonders eklatante Lücke im Parteiengesetz. Wie realistisch ist es, dass sie von niemandem ausgenützt wird?

Die Kandidatenbestechung

Kohle gegen erwünschte Amtshandlung - würden Bürgermeister, Landeshauptleute oder der Bundeskanzler auf einen solchen Deal einsteigen, machten sie sich strafbar. Der Tatbestand der Bestechung wäre erfüllt. Wie fast jedes österreichische Gesetz, das Korruption verhindern soll, hat auch dieses eine gewaltige Schwäche: Wer ein Amt noch nicht innehat, sondern bloß dafür kandidiert, kann nicht wegen Bestechung angeklagt werden. Wer also ganz legal einen Politiker schmieren will, der sollte sich einen aussichtsreichen Kandidaten suchen, der demnächst in ein hohes Amt gewählt wird.

"Ich kann als Spender sagen: Ich gebe dir 100.000 Euro. Und wenn du dann Amtsträger bist, machst du bitte das, was ich von dir will. Ich kaufe mir also auf Vorrat ein potenzielles Amtsgeschäft, ich weiß nur noch nicht genau, ob das ein Treffer wird. Wie im Lotto, nur dass die Wahrscheinlichkeit höher ist", so Anti-Korruptionsexperte Krakow.

Die Darlehenstarnung

Politik ist ein teures Geschäft, insbesondere im Wahlkampf: Berater, Slogans, Plakate und Umfragen verschlingen Unsummen. Im Vorfeld von Wahlen verschulden sich viele Parteien in Millionenhöhe. Im Falle eines Wahlerfolgs winkt die öffentliche Parteienförderung, mit der die Schulden beglichen werden können.

"Für die Öffentlichkeit ist völlig unklar, bei wem, in welcher Höhe und zu welchen Konditionen sich Parteien verschulden", kritisiert Huter vom Forum Informationsfreiheit. Darlehen und Kredite sind aus seiner Sicht ein idealer Weg zur Spendenumgehung: Während Parteien keine Spenden aus dem Ausland annehmen dürfen, fehlt ein vergleichbares Verbot bei Krediten. Möglicherweise sind österreichische Parteien von ausländischen Darlehensgebern abhängig - und die Öffentlichkeit weiß es nicht. Dazu kommt: Die Zinssätze eines Kredites könnten so niedrig gestaltet sein, dass es einer Spende gleichkäme.

Disclaimer: profil rät ausdrücklich davon ab, von diesen Tricks Gebrauch zu machen. Falls Sie zufällig Kenntnis von verdeckter Parteienfinanzierung erlangen: Wenden Sie sich an das Nachrichtenmagazin Ihres Vertrauens.

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Jakob   Winter

Jakob Winter

ist Digitalchef bei profil und leitet den Faktencheck faktiv.