"Die Leute sollten sich viel mehr wehren"

"Wut-Oma" Frieda Nagl: "Die Leute sollten sich viel mehr wehren"

Interview. "Wut-Oma" Frieda Nagl fordert die Österreicher auf, sich nicht mehr alles gefallen zu lassen

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Interview: Salomea Krobath

profil: Wieso der Name "Wut-Oma"?
Nagl: Ich bin damals mit viel Wut nach Wien gefahren. Ich hatte meiner Tochter im Gasthaus ausgeholfen und wurde als Schwarzarbeiterin angezeigt. Dabei sind die Menschen doch Gold wert, die noch arbeiten wollen. Soll ich lieber in der Ecke sitzen und versauern? Ich will meiner Tochter immer helfen können, wenn sie mich braucht.

profil: Nach ihrem Auftritt in den ORF-Sommergesprächen wurden Sie zum Sprachrohr des "einfachen Mannes". Fehlt es den Österreichern an Mut, sich selber für soziale Gerechtigkeit einzusetzen?
Nagl: Jawoll! Zurück zu Hause habe ich unzählige Briefe aus ganz Österreich erhalten, die alle von ähnlichen Schicksalsschlägen berichtet haben. Alle haben gesagt: Mir würden nur die Beine zittern, wenn ich öffentlich mit einem Politiker sprechen müsste. Die Österreicher sind zu gutmütig und drauf bedacht, nicht anzuecken. Dabei sollten die Leute sich viel mehr wehren.

profil: Wieso haben Sie keine Scheu davor, Zähne zu zeigen?
Nagl: Das wurde mir in die Wiege gelegt. Auf der Alm musste ich meinen schwächeren Bruder von früh an beschützen. Als dann mein Vater verstorben ist, habe ich meiner Mutter unter die Arme gegriffen.

profil: Ließen sich ihre Ziele auch ohne Wut erreichen?
Nagl: Nein, die Wut hilft. Zwanzig Jahre lang war ich als einzige Frau in der Gemeinde tätig und hab’ immer so lang gekämpft, bis ich mich durchgesetzt hatte. Damals habe ich mir als einzige für die Rechte lediger Mütter eingesetzt.

profil: Was läuft Ihrer Meinung nach in Österreich schief?
Nagl: Der Staat lässt den einfachen Leute und Bauern kein Geld mehr, der Einzelhandel stirbt aus. Die Steuersenkung war eine Lüge, die Lohnsteuer trifft erst recht wieder den kleinen Mann. Solche Sachen ärgern mich!