Anleger entdecken die Scholle - was die Preise für Ackerland hochtreibt

Erd? Reich! Wie Anleger die Preise für Ackerland in die Höhe treiben

Immobilien. Erd? Reich!

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Mit Auseinandersetzungen hat man in Jedenspeigen historisch bedingt Erfahrung.

Hier fochten am 26. August 1278 die Heere Rudolfs von Habsburg und Ottokars II. Přemysl um das Erbe der Babenberger. Die Schlacht auf dem Marchfeld, sie gilt als eine der größten Ritterschlachten Europas, war binnen Stunden entschieden. Tausende Krieger, darunter Böhmenkönig Ottokar, verloren im Kampf das Leben. Ein überwältigender Sieg für die Habsburger: Daraufhin sollten sie 640 Jahre lang ihre Herrschaft über Österreich behalten.

Verfassungsgerichtshof entscheidet
Unblutig, dafür ungleich länger, verlief eine Auseinandersetzung in der jüngsten Vergangenheit. Die Kontrahenten: ein ortsansässiger Landwirt und die Erzdiözese Wien. Das Motiv: 17 Hektar jedenspeigisches Ackerland. Dieses war im Winter 2010 vom Erzbischöflichen Mensalgut Wien erworben worden. Der bäuerliche Interessent, der nicht zum Zug gekommen war, erhob Einspruch und forderte Untersagung des Kaufs wegen erheblicher Überzahlung. 511.000 Euro hatte die Kirche auf den Tisch geblättert. Laut Berechnungen des Landwirts um zwei Drittel mehr, als dem ortsüblichen Durchschnittspreis entspräche (profil berichtete). Der Fall ging durch die Instanzen, bis vor den Verfassungsgerichtshof. Im vergangenen Herbst fällte er sein Urteil: Er wies die Beschwerde des Landwirts ab.

Der agrarische Bodenmarkt in Österreich ist seit einigen Jahren heiß umkämpft. Nicht nur die katholische Kirche (die traditionell große Stücke auf wertbeständigen Grundbesitz legt), auch Privatanleger zieht es zunehmend zur Scholle. Mit dem Crash auf den Finanzmärkten, Schuldenkrise und Abschwung der Konjunktur sind solide Werte wie Grund und Boden begehrt wie lange nicht. Statt in tote Wertpapiere wird lieber in fruchtbare Landschaften investiert.

Zahnärzte oder Richter wollen Ackerland
Man muss nur durch die Kleinanzeigen der "Bauernzeitung“, dem wöchentlich erscheinenden Zentralorgan des Bauernbundes, blättern. Erstaunlich viele Branchenfremde, wie Zahnärzte oder Richter, erklären sich bereit, für Ackerflächen bis zu eine Million Euro hinzulegen. Auf ein Verkaufsangebot kommen neun Kaufgesuche. Jener Oberösterreicher, der aktuell einen Acker mit sechs Hektar Fläche auf den Markt wirft, wird sich vor Anrufen wohl kaum noch erretten können.

Eine Beobachtung die auch Maklerin Gabi Spiegelfeld teilt: "Das Interesse ist groß, aber die Flächen gibt es nicht.“ Sie habe zwar ein paar Jagden im Portfeuille, doch bei Anfragen nach landwirtschaftlich nutzbaren Ländereien müsse sie passen.

Zudem werden diese sukzessive weniger. Laut dem kürzlich von Global 2000 veröffentlichten "Bodenatlas“ wurden in den vergangenen Jahren hierzulande täglich rund 22 Hektar Boden verbaut, was einer Fläche von über 30 Fußballfeldern entspricht. Während es 1999 in Österreich noch 3,3 Millionen Hektar Agrarflächen gab, sind es heute nur noch 2,7 Millionen.

Österreich als Hochpreisland
Und jene, die über Grund und Boden verfügen, geben ihn nur ungern aus der Hand. Wenn landwirtschaftliche Nutzflächen den Besitzer wechseln, dann im Zuge von Hofübergaben oder Vererbung. Zum Verkauf stehen pro Jahr lediglich 0,2 Prozent der Flächen. Und um die herrscht ein ordentliches Griss. Das knappe Angebot und die hohe Nachfrage lassen die Preise in die Höhe schnellen. Experten wie Alois Leidwein, gerichtlich beeideter Sachverständiger für landwirtschaftliche Immobilien, sprechen bereits von einer Blase. Tatsächlich ist Österreich im europäischen Vergleich ein Hochpreisland. Im Durchschnitt kostet ein Hektar Ackerland rund 25.000 Euro. Teurer ist es nur in den Niederlanden. Dort ist fast das Doppelte zu berappen.

Auch bei landwirtschaftlichen Grundstücken bestimmt die Lage den Preis. Äcker in der Nähe von Ballungsgebieten sind teurer, weil eine Umwandlung in Bauland da wahrscheinlicher ist als in der tiefsten Provinz. Zu den exklusivsten Lagen zählen das Umfeld von Wien und - wegen des knappen Angebots - Flächen in Tirol. Vergleichsweise günstig lässt sich der Traum von den eigenen Erdäpfeln im südlichen Niederösterreich und im Waldviertel verwirklichen.

Angezogen haben die Preise jedoch landesweit. Den Aufwärtstrend beobachten Marktkenner seit Ausbruch der Finanzkrise. In Zeiten, in denen Anleger um den Bestand des Euro fürchten und gegenüber Banken und ihren Produkten immer skeptischer werden, besinnt man sich wieder traditioneller Werte, die zuvor aufgrund ihrer bescheidenen Renditen nur müde belächelt wurden.

"Da kann kein Landwirt mehr mithalten"
Sehr zum Verdruss der Bauern. Denn die Landwirte in spe kaufen teuer. Leidwein erhob anhand der Transaktionen in mehreren niederösterreichischen und burgenländischen Gemeinden, dass Akademiker mehr als das Doppelte des ortsüblichen Preises bezahlen, juristische Personen immerhin noch mehr als die Hälfte. "Einzelne Käufe können das gesamte Gefüge verändern und setzen die Preisspirale nach oben in Gang. Da kann kein Landwirt mehr mithalten“, so der Sachverständige.

Dabei ist der Erwerb von Agrarflächen nach dem Motto "Bauernland in Bauernhand“ im Grundverkehrsgesetz geregelt. Will ein Investor Land kaufen, muss das Geschäft bei der Grundverkehrsbehörde in der jeweiligen Bezirkshauptmannschaft gemeldet werden. Bietet ein Landwirt denselben Preis, bekommt er den Zuschlag. Auch Käufe zu überhöhten Preisen können beeinsprucht werden. Zumindest theoretisch.

Schätzungen gehen jedoch davon aus, dass österreichweit mehr als ein Drittel des Bauernlands nicht mehr in Bauerhand ist. "Die Landwirtschaft gerät durch den Preisdruck ins Hintertreffen. Dabei brauchen wir bald noch mehr Fläche für landwirtschaftliche Produktion“, sagt Helmut Burtscher von Global 2000.

Durchschnitts-Anleger chancenlos
Ein richtig lohnendes Investment sind Ackerflächen ohnehin nicht. Wer sein Geld lediglich sicher parken will und auf etwaige Wertsteigerungen beim Verkauf setzt, wird vermutlich zufrieden sein. Vorausgesetzt die politischen Rahmenbedingungen bleiben, wie sie sind (Stichwort Vermögenssteuer). Wer auf Renditen durch Verpachtung hofft, dürfte schwer enttäuscht werden. "Verkehrs- und Ertragswerte klaffen immer weiter auseinander“, sagt Leidwein. Eine Kapitalverzinsung erreicht man erst bei einer Betriebsgröße ab 250 Hektar, wie der Sachverständige errechnet hat. Allerdings nur, wenn man selbst bewirtschaftet. Nichtagrarier, die ihre Äcker verpachten, müssten über mindestens 400 Hektar verfügen, um eine Rendite zu erzielen. Damit bewegt man sich aber in einer finanziellen Liga, zu welcher der durchschnittliche Anleger üblicherweise keinen Zugang hat.

Abgesehen davon, dass Flächen in dieser Größenordnung ohnehin kaum auf den Markt kommen. Große Transaktionen finden nur alle heiligen Zeiten statt. Wie etwa vor zehn Jahren, als der Papierindustrielle Alfred Heinzel dem Ziegelhersteller Wienerberger das im burgenländischen Andau domizilierende Gut Albrechtsfeld abkaufte. Auf 1000 Hektar baut Heinzel Getreide, Mais und Kürbis an. Das macht ihn zu einem der größten Ackerbauern Österreichs. Derartige Deals sind hierzulande aber die absolute Ausnahme.

Wer mit der Landwirtschaft richtig Geld verdienen will, schaut sich ohnehin im Ausland um. Wie Milliardärswitwe Ingrid Flick, die gemeinsam mit der Familie Koch (Ex-Kika-Leiner-Eigentümer) in mehrere tausend Hektar Land im fruchtbaren Banat (Rumänien) investiert ist. Oder Superfund-Gründer Christian Baha, der Landwirtschaften in Uruguay, Serbien, Südfrankreich und der Schweiz besitzt.

Christina   Hiptmayr

Christina Hiptmayr

ist Wirtschaftsredakteurin und Moderatorin von "Vorsicht, heiß!", dem profil-Klimapodcast (@profil_Klima).