„Jenseits der Budgetgrenzen”

Hypo: Bank musste Kosten für Berater tragen, die sie nicht bestellt hatte

Hypo Alpe-Adria. Bank musste Kosten für Berater tragen, die sie nicht bestellt hatte

Drucken

Schriftgröße

100.000 Unterstützungserklärungen – und trotzdem: Die Regierung beharrt auf ihrem eigenen Untersuchungsausschuss. Dessen Vorsitzende heißt Irmgard Griss, ist Höchstrichterin in Ruhe und soll nun im Auftrag des Finanzministers die Vorgänge rund um die Hypo Alpe-Adria seit der Verstaatlichung 2009 klären. In ihrer Arbeit wünsche sie nicht behindert zu werden, hat die Expertin für Handelsrecht bereits mehrfach betont. Und das glaubhaft.

Mehr als 100.000 Unterschriften von Bürgern auf einer Online-Petition waren also auch in der Vorwoche kein Argument, die Koalition von einem parlamentarischen U-Ausschuss zu überzeugen.

Es wären vor allem Spindeleggers Vorgänger, welche Entscheidungen der Vergangenheit schlüssig erklären müssten. Etwa jene: Das Hypo-Management hat seit 2009 rund 250 Millionen Euro für Anwälte, Expertisen, Restrukturierungspläne, Forensik ausgegeben – aber auch für Berater, die nicht nur für die Bank, sondern zugleich auch für das Finanzressort tätig waren. Die Kosten dafür musste sich stets die Bank vorhalten lassen, obwohl die Aufträge mehrheitlich vom Eigentümer der Bank, also vom Finanzministerium, erteilt worden waren. Eine rechtliche Grundlage dafür gab es nicht.

„Die Vergangenheit aufzuarbeiten”
Die Notverstaatlichung der Hypo Alpe-Adria im Dezember 2009 hatte ordentlich Staub aufgewirbelt. Als Josef Pröll dann die „CSI Hypo“ ins Leben rief, die „jeden Beleg in der Bank zweimal umdrehen“ sollte, war dies auch der Versuch, die aufgebrachte Öffentlichkeit zu beruhigen. Die Aufsicht dafür übertrug Pröll der Finanzprokuratur, ihres Zeichens Anwalt des Bundes. Im Juni 2010 musste sich die Bank in einer Grundsatzvereinbarung verpflichten, „die Vergangenheit aufzuarbeiten … und insbesondere die Ursachen für den Vermögensverfall … unter Zurverfügungstellung sämtlicher Unterlagen zu klären“. Im Dezember 2010 wurde in einer Zusatzvereinbarung fixiert: „Die Bank wird … Personen im Rahmen der CSI Hypo in dem erforderlichen Umfang, auch durch Bereitstellung von Personal- und Sachressourcen, bestmöglich unterstützen. Sämtliche Kosten für die vom Bund zu diesem Zweck namhaft gemachten Personen sind von der Bank zu tragen.“

Soll heißen: Die Bank zahlt, was der Bund anschafft. Und dieser schaffte ordentlich an. Dass sich Bankmanagement und CSI sehr bald gegenseitig im Weg stehen würden, lag auf der Hand: Die einen sollten Kreditfälle restrukturieren und Auslandstöchter verkaufsfit machen, die anderen dem politischen Auftrag gemäß die strafrechtliche Seite klären – wodurch sich wieder der Vorstand behindert sah. In einem bankinternen Schreiben vom September 2011 hieß es: „Tatsächlich nimmt das Projekt CSI Hypo eine Form an, die übliche Anforderungen an Effektivität und Effizienz, aber auch an Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit vermissen lässt.“

Der Ärger des Managements entzündete sich vor allem an der Nominierung von Experten, bei deren Auswahl der Bank kein Mitspracherecht eingeräumt wurde: „Die Auswahl der Berater erfolgte und erfolgt ausnahmenlos durch die Finanzprokuratur. … So wurde die Bank ausdrücklich angehalten, von Zeitvorgaben an Berater Abstand zu nehmen und Honorare trotz ungenügender Leistungsdokumentation anzuweisen. … Die erwirkten Zusatzbeauftragungen sind auch längst jenseits dieser Budgetgrenzen“. Und weiter: „Das vom Vorstand und vom Aufsichtsrat beschlossene Budget und die prognostizierten Gesamtkosten von rd 20 Mio. EUR für die Jahre 2010 und 2011 sind nicht mehr haltbar. … erwirkte Zusatzbeauftragungen sind zeitlich und budgetär unbeschränkt und für die Bank jedenfalls mit Kosten in Höhe vieler Millionen EUR verbunden.“

Nun waren Zahlungen des Instituts auch mit erheblichen Risken verbunden. Laut Aktienrecht haften Vorstand und Aufsichtsrat für sämtliche Vorgänge in der Bank, also auch für Ausgaben – doch der Bund, als Alleinaktionär der Hypo, traf alle Entscheidungen. Rechtswidrig, wie das Management vermutete – und sich zur eigenen Absicherung ein Gutachten erstellen ließ. Das knapp 30-seitige Papier des Unternehmensrechtsexperten Martin Karollus liegt bis heute gut verwahrt in der Bank und wird der Politik im Fall eines Untersuchungsausschusses erheblichen Erklärungsbedarf bescheren. Karollus stellte fest: „Ein einseitiges Weisungsrecht der Republik bezüglich der Auswahl der Berater und der genauen Aufträge an diese lässt sich … nicht entnehmen. … Wenn die Republik eine Federführung der Untersuchung anstreben hätte wollen, wäre es ein leichtes gewesen, derartiges im Vertragstext zu verankern.“ Es könne auch nicht die Aufgabe der Bank sein, „auf ihre Kosten dem Bund die Aufgabe der Strafverfolgung abzunehmen“.

Karollus geht sogar noch einen Schritt weiter: Was die Berater betrifft, sei „von einem Letztentscheidungsrecht der HBInt. (Hypo-Alpe-Adria-Bank International, Anm.) auszugehen“, ebenso, was die Honorare-Ausgestaltung betrifft: „Für die Festlegung der (finanziellen) Konditionen für die Berater und der Aufgabenverteilung … ist nicht einmal eine Mitbestimmung des Bundes … vorgesehen“. Zusammengefasst heißt das nichts anderes als: Der Bund hat sich nicht nur unzulässigerweise in die Agenden der Bank eingemischt; er ließ dort auch Kosten auflaufen, die bei einer ordnungsgemäßen Vorgehensweise so nicht entstanden ­wären.

Das wirft weitere Frage auf: Nach welchen Kriterien wurden die Berater ausgewählt? Kamen deren Leistungen tatsächlich nur der Bank zugute – oder wurden auch Dienste für das Ministerium eingerechnet? Und warum hat sich das Ressort in parlamentarischen Anfragebeantwortungen stets auf den Standpunkt zurückgezogen: „Die Vergabe von Aufträgen im Rahmen des Projekts CSI Hypo fällt in die Verantwortung der Geschäftsleitung der Bank“ – wenn nachweislich das Gegenteil der Fall war?

Dazu gibt es vorerst keine Antworten.

Unter Michael Spindelegger jedenfalls greift nun eine strenge Kostenrechnung Platz. Er lässt profil ausrichten: Die Experten rund um den deutschnen Berater Dirk Notheis „wurden vom Ministerium beauftragt und erhalten vom Ministerium ein marktübliches Entgelt. Sämtliche vergaberechtlichen Vorschriften wurden eingehalten.”