Warten auf Wasserstoff: Warum Österreichs größte Wasserstofffabrik stockt
Der rechtliche Rahmen fehlt, um das Wasser wird gestritten und ein Konkurrenzprojekt wird 20 Kilometer entfernt entwickelt. Wie könnte eine Lösung aussehen?
Auf den flachen Feldern stehen bereits Windräder, eine Photovoltaikanlage gibt es in der Region auch schon. Warum also nicht grünen Wasserstoff daraus erzeugen, der die Industrie im Burgenland, Schwechat und Wien versorgen könnte? Seit drei Jahren arbeiten der Landesversorger Burgenland Energie und der Stromerzeuger Verbund an einer Wasserstofffabrik. Aber das Projekt kommt nicht so recht vom Fleck. In einem Jahr sollen 60 Megawatt produziert werden, ab 2030 sind 300 Megawatt geplant. „2026 ist mittlerweile unrealistisch“, merkt Burgenland-Energie-Chef Stephan Sharma an. „Aber wir müssen es unbedingt für die Industrie und die Energiesicherheit bis 2030 schaffen.“
Aus dem österreichweiten Hype um Wasserstoff und vielen Ankündigungen wurden mittlerweile ernsthafte Projekte. So richtig auf den Boden gebracht wurden sie in vielen Fällen allerdings noch nicht. Als profil vor einem Jahr vor Ort war, standen auf den Zurndorfer Feldern große Windräder, von der geplanten Fabrik war noch nichts zu sehen. Daran hat sich auch heute nichts geändert, trotzdem ist einiges passiert: Die Grundstücke wurden gesichert, eine Machbarkeitsstudie durchgeführt und die Wasserversorgung überprüft.
Der geplanter Standort der Fabrik - noch dominieren die Felder.
Zurndorf - Umgebung
Der geplanter Standort der Fabrik - noch dominieren die Felder.
„Wir haben alles gemacht, was wir bisher machen konnten“, sagt Sharma. Die Pläne stehen, aber für das Großprojekt fehlt ein nationales Wasserstoffgesetz. „Für den Wasserstoff dürfen wir die bestehenden Gasleitungen nur zu zehn Prozent nutzen.“ Die Betreiber der Gasinfrastruktur drängen hier auch auf schnellere Entscheidungen, denn sie würden gerne nicht nur lokal produzierten Wasserstoff transportieren, sondern auch Wasserstoff aus Nordafrika über Italien nach Deutschland leiten oder ihn nach Kriegsende aus der Ukraine importieren und damit ihre Rolle als Transitmarkt – wie früher bei Gas – retten. Die neue Regierung bekennt sich zum Hochfahren des Wasserstoffausbaus, große budgetäre Mittel wird es angesichts der Haushaltslage wohl nicht geben.
Das burgenländische Projekt hat jetzt auch noch Konkurrenz bekommen. Keine 20 Kilometer entfernt, auf der anderen Seite des Neusiedler Sees, knapp nach der niederösterreichischen Landesgrenze, plant die OMV eine Wasserstofffabrik in ähnlicher Größe. Die endgültige Investitionsentscheidung wird 2025 fallen, die Inbetriebnahme ist für Ende 2027 geplant, heißt es von der OMV. Doppelt sich das nicht? Wollen sich hier zwei Bundesländer, zwei Landeshauptleute und zwei Energieversorger den Wasserstoffausbau auf die eigene Fahne heften? Stephan Sharma antwortet diplomatisch: „Wir stehen im Austausch. Es gibt genügend Bedarf für Wasserstoff.“
Doch wie kann man in diesem Interessenskonflikt eine konstruktive Lösung finden? Eine, in der sich weder Bauern um ihr Wasser geprellt fühlen noch ein Klimaprojekt am Klimawandel scheitert?
Klimawandel vs. Klimaprojekt
In Zurndorf wird aber auch ein Interessenkonflikt verhandelt, der bald häufiger vorkommen könnte: Wer verwendet wie viel Wasser? Und vor allem: Wie viel bekommt die Landwirtschaft? Einer der Gegner des Projekts ist Werner Falb-Meixner, Biobauer und früherer ÖVP-Bürgermeister des Dorfs. „Wir sind eine Trockenregion. Wo soll das Wasser herkommen?“ Stephan Sharma von der Burgenland Energie stellt klar, dass laut Wasserleitungsverband kein Trinkwasser, sondern Rohwasser bereitstehe.
In ganz Österreich gibt es Vereinbarungen, wie viel Wasser Landwirte aus dem Brunnen entnehmen dürfen, genau kontrolliert wird das aber nicht. Ein Bericht des Rechnungshofs legt aber genau das nahe. Doch wie kann man in diesem Interessenskonflikt eine konstruktive Lösung finden? Eine, in der sich weder Bauern um ihr Wasser geprellt fühlen noch ein Klimaprojekt am Klimawandel scheitert? Ende April treffen sich das Projektteam und die Landwirte, um darüber zu diskutieren.