Cyberama: Thomas Vašek

Cyberama von Thomas Vašek Netflix: Glotzen unlimited

Wie der Streaming-Dienst Netflix unsere Fernsehgewohnheiten verändert

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Es ist an der Zeit, dass sich das Fernsehen grundlegend verändert. Das finden zumindest die Leute von Netflix. Mitte September soll der Streaming-Dienst in Österreich, Deutschland und der Schweiz starten. Für eine Abogebühr von vermutlich 7,99 Euro monatlich kann sich dann jeder aus dem riesigen Netflix-Angebot sein eigenes, individuelles Fernsehprogramm zusammenstellen, von Kinofilmen bis zu Erfolgsserien wie "House of Cards“. Netflix gibt es heute schon in 40 Ländern, der Dienst hat über 50 Millionen Kunden, mehr als 70 Prozent davon in den USA. Dort entfallen zu bestimmten Zeiten bereits mehr als 30 Prozent des Datenverkehrs auf Netflix. Auch bei uns könnte die Online-Videothek die Fernsehgewohnheiten revolutionieren. Trotz aller Kabel- und Satellitenangebote: Bisher bedeutete Fernsehen, sich an Programmen der Sender zu orientieren. Fernsehen war das allabendliche "Lagerfeuer“, um das sich die Familie versammelte. Mit Netflix kann jeder sein eigenes Programm schauen. Und wer Lust darauf hat, kann sich auch gleich zehn "Mad Men“-Folgen hintereinander reinziehen; in Amerika nennt man das "Binge Watching“ (Exzess-Fernsehen). Dazu muss man nicht einmal zu Hause vor dem Schirm sitzen, denn Netflix funktioniert auch mit schnellem Mobilfunk. Mit Diensten wie Netflix könnte sich das Fernsehen immer mehr zur individuellen, ortsungebundenen Aktivität entwickeln. Serien schauen kann man schließlich auch in der U-Bahn. Der soziale Charakter des Fernsehens, das allabendliche Familien-Glotzen, geht dadurch womöglich verloren. Wenn jeder seine eigenen Serien schaut, kann man sich darüber auch nicht mehr unterhalten. Das ist nicht unbedingt zu bedauern. Es könnte auch dazu führen, dass in Familien wieder mehr geredet wird - und zwar nicht nur über das gerade laufende Fernsehprogramm. Wie denken Sie darüber? Bitte schreiben Sie mir unter [email protected]