Rudolf Valenta

Forscher Valenta: "Wir fahren mit dem Reserverad"

Der Wiener Allergieforscher Rudolf Valenta erklärt, warum seine Arbeit jetzt von Russland gefördert wird - und weshalb Österreichs Wissenschaftspolitik ziemlich armselig aussieht.

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profil: Sie forschen an einer Vorsorgeimpfung gegen Allergien. Nun wird Ihre Arbeit durch Russland gefördert. Wie kam das? Valenta: Ich erhielt einen sogenannten Mega-Grant, der direkt vom Russischen Wissenschaftsministerium vergeben wird und mit rund 1,2 Millionen Euro dotiert ist. Insgesamt werden nur 35 Projekte gefördert.

profil: Was kann man sich darunter vorstellen? Valenta: Einreichen können nur Topwissenschafter, die ihre Qualifikation objektiv belegen können. Das Geld ist für Spitzenprojekte gedacht, es zählt nur die Qualität. Oft macht man sich vorschnell lustig über die Russen, aber in Wahrheit machen die das viel besser. Die Wirklichkeit stimmt mit dem Schein überhaupt nicht überein.

profil: Arbeiten Sie jetzt mit russischen Wissenschaftern zusammen? Valenta: Ja, es ist eine Win-win-Situation für beide. Ich bin jetzt öfter in Russland an der Sechenov University, die seit Kurzem mit der Med-Uni Wien kooperiert. Ich betreue dort eine Gruppe von Nachwuchsforschern. Die Russen haben das erklärte Ziel, die besten internationale Köpfe und damit Spitzenforschung ins Land zu holen, und nehmen dafür ordentlich viel Geld in die Hand. Und ich kann dadurch auf ein Reservoir unglaublich talentierter junger Leute zugreifen. Außerdem habe ich dort die besten Voraussetzungen, die Wirkung einer prophylaktischen Allergie-Impfung zu erforschen. Russland ist voller Birken, 25 Prozent der Menschen leiden unter einer Birkenpollenallergie. Das sind so viele wie bei uns alle Allergiker zusammen.

Momentan können etwa 1500 Projekte nicht gefördert werden, alles hervorragende Wissenschaft.

profil: Bei uns wäre so ein Projekt nicht möglich? Valenta: Das europäische Gegenstück ist der ERC-Grant, aber die Vergabe ist oft wie eine Lotterie. Und in Österreich fahren wir gerade noch mit dem Reserverad.

profil: Bitte? Valenta: Bei uns gibt es viel zu wenig Ressourcen. Alle halten sich für so toll, aber wir können gerade noch die Personalkosten bezahlen. Es ist nur Geld für 20 Prozent der wirklich guten Projekte vorhanden, und am Schluss wird quasi gewürfelt, wer was bekommt. Wir verlieren die besten Leute, weil sie es nicht schaffen, Projekte zu kriegen, obwohl sie sich für Anträge die Finger wundschreiben. Momentan können etwa 1500 Projekte nicht gefördert werden, alles hervorragende Wissenschaft. Auch in den derzeitigen Regierungsverhandlungen ist von Wissenschaft nicht die Rede, und wenn, ist es bloß heiße Luft. Wenn ich mir ansehe, was in Russland gerade abgeht, können wir uns bald hinten anstellen.

Zur Person

Rudolf Valenta, 54, zählt zu den international führenden Allergieforschern. Der Professor für Allergologie an der Medizinischen Universität Wien arbeitet an den ersten Impfungen gegen Allergien. Statt jahrelanger Therapien sollen künftig einige Injektionen ausreichen. Bisherige Studien erwiesen sich als äußerst vielversprechend. Langfristiges Ziel ist eine vorbeugende Impfung. Im November wurde Valenta ein russischer Mega-Grant zugesprochen.