COP 27 Klimakonferenz: Hotspots der Klimakrise

Was von der Klimakonferenz in Ägypten zu erwarten ist – und welche Regionen besonders stark von extremwetterereignissen betroffen sind.

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Die 27. UN-Klimakonferenz im ägyptischen Badeort Sharm El Sheik wird ein Kraftakt. Ab 6. November verhandeln 30.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus 200 Staaten zwei Wochen lang darüber, wie die Erderhitzung auf ein erträgliches Maß eingegrenzt werden könnte. Die Voraussetzungen dafür sind denkbar schlecht: In Europa herrscht Krieg, die USA und China sind heillos zerstritten, das Vertrauen der Verhandlungspartner untereinander ist gering.

Schon im Vorfeld haben die Vereinten Nationen der internationalen Gemeinschaft vorgeworfen, zu wenig für den Klimaschutz zu tun. Nur radikale Veränderungen in allen Wirtschaftszweigen könnten eine Klimakatastrophe noch verhindern. Die Stimmung ist pessimistisch. Es wird sich zeigen, ob die Botschaft bei den Staaten angekommen ist. 

Dass die Konferenz heuer auf dem afrikanischen Kontinent stattfindet, ist kein Zufall. Der globale Süden leidet besonders unter den Folgen des Klimawandels – freilich ohne selbst viel zu den Emissionen beigetragen zu haben. Um diese Diskrepanz etwas zu mildern, haben die reichen Länder vor Jahren versprochen, von 2020 bis 2025 jährlich 100 Milliarden US-Dollar zu überweisen. Doch sie blieben weit hinter den Versprechungen zurück. Die Finanzierung lag in den vergangenen Jahren bei rund 80 Milliarden. Die volle Summe, so der Letztstand, wird wohl frühestens 2023 fließen.

In unseren Krankenhäusern sind überall Menschen, die von der Klimakrise betroffen sind.

Elisa de Siqueira

Ärzte ohne Grenzen 

Doch auch die würde nicht reichen, das hat der Gastgeber, Ägyptens Außenminister Samih Schukri, bereits vergangene Woche klar gemacht: „Ich will die Verpflichtungen nicht kleinreden. Aber 100 Milliarden US-Dollar im globalen Maßstab, im Maßstab der Fähigkeiten der Industrieländer, deren Budgets teilweise Billionen Dollar erreichen – das ist winzig.“

Neben den Delegationen der einzelnen Länder nehmen auch sogenannte Observer Organisations an der Klimakonferenz (COP 27) teil. Das sind rund 2000 Nichtregierungsorganisationen, die informieren und auf ihre Standpunkte aufmerksam machen können. Stimmrecht haben sie allerdings keines. Dennoch ist ihre Anwesenheit wichtig, um faule oder schwache Deals zwischen Regierungsdelegationen aufzudecken. 

Ärzte ohne Grenzen ist eine davon. Die in Krisen- und Kriegsgebieten tätige Hilfsorganisation nimmt heuer zum zweiten Mal an der Klimakonferenz teil. Hunger, kein sauberes Trinkwasser, Infektionskrankheiten, Fluchtbewegungen und die Gefahr der Entstehung neuer Seuchen: „Die Klimakrise ist eine Gesundheitskrise und eine humanitäre Krise. Wir sehen in unseren Krankenhäusern überall Menschen, die direkt oder indirekt von der Klimakrise betroffen sind“, sagt Elisa de Siqueira, politische Referentin im Berliner Büro von Ärzte ohne Grenzen, in der aktuellen Folge des Tauwetter-Podcasts. „Wenn man sich die Klima-Hotspots anschaut, also die Länder, die immer stärker von den Extremwettereignissen betroffen sind, das sind meistens die Länder, in denen wir auch Projekte haben.“ 

2022 war die Erderhitzung besonders spürbar, auch hierzulande. Der Neusiedler See drohte diesen Sommer auszutrocknen, auf Hitzetage folgten Tropennächte, teils wochenlang. Und das frühlingshafte Wetter Anfang November sollte mehr Sorge als Freude erregen. Das ist aber nichts im Vergleich dazu, was Menschen in den am stärksten von der Klimakrise betroffenen Regionen erleiden müssen. Eine Auswahl.

Pakistan: Land unter

Seit Monaten haben die Fluten Pakistan fest im Griff. Begonnen hatte alles mit verheerenden Monsunregen im Juni – zeitweise stand ein Drittel des Landes unter Wasser. 1700 Menschen sind gestorben, mehr als 33 Millionen Menschen sind direkt von den Fluten betroffen. Erst jetzt ziehen sich die Wassermassen allmählich zurück. Doch auch wer trockenen Boden unter den Füßen hat, ist nicht sicher. Es mangelt an Lebensmitteln und sauberem Trinkwasser, jedes neunte Kind ist schwer unterernährt. Zudem breiten sich Seuchen aus: Malaria, Dengue, Cholera.

Der Klimawandel trifft hier jene Menschen mit voller Wucht, die am wenigsten dafürkönnen. Pakistan ist für weniger als ein Prozent der jährlichen Treibhausgas-Emissionen verantwortlich. Den schweren Überschwemmungen ging Anfang des Jahres eine Dürre mit Temperaturen von über 50 Grad Celsius voran. Klimamodelle zeigen: Extremjahre wie 2022 werden häufiger.

Somalia: Dürre und Terror

Das Land am Horn von Afrika steckt in multiplen Krisen. Seit Ende 2020 sind in Somalia fünf Regenzeiten ausgefallen. Es herrscht die schlimmste Dürre seit 40 Jahren. Die Menschen fliehen aus ihren Dörfern, weil ihr Vieh mangels Futter verendet, nichts mehr wächst und es nichts zu essen gibt. 7,8 Millionen Menschen, also knapp die Hälfte der Bevölkerung, sind betroffen. 213.000 davon sind laut Angaben der UNO akut vom Hungertod bedroht. Dazu kommt der Terror durch die seit Jahren wütende radikalislamische Al-Schabab-Miliz. Um deren Gewalt zu entgehen, verließen rund eine Million Somalierinnen und Somalier den ländlichen Raum und zogen in die Städte in Lager für Binnenvertriebene oder in Slums. In den überfüllten Unterkünften breiten sich Krankheiten wie Cholera und Masern rasant aus. 

Franziska   Dzugan

Franziska Dzugan

schreibt für das Wissenschaftsressort und ist Moderatorin von tauwetter, dem profil-Podcast zur Klimakrise.

Christina   Hiptmayr

Christina Hiptmayr

ist Wirtschaftsredakteurin und Moderatorin von "Vorsicht, heiß!", dem profil-Klimapodcast (@profil_Klima).