Waldbrände in Niederösterreich: „Jemand hatte ein Lagerfeuer entfacht, um Würstel zu grillen“
Peter Lepkowicz ist Leiter der Forstverwaltung Quellenschutz der Stadt Wien, Bürgermeister von Schwarzau im Gebirge und war zum zweiten Mal binnen weniger Jahre beim Löschen eines Waldbrands am Mittagstein in Hirschwang an der Rax dabei. Er berichtet, wie es dort jetzt aussieht, warum nach der bislang größten Feuersbrunst Österreichs 2021 mit 115 Hektar verbranntem Wald niemand verhaftet wurde und wie sich die Region auf weitere Katastrophen vorbereitet.
Sie wurden nach dem Brandaus am Mittagstein Mittwoch Abend noch einmal zu einem Einsatz gerufen. Was war da los?
Lepkowicz
Im wenige Kilometer vom Mittagstein entfernten Höllental wurde Brandgeruch gemeldet, die Feuerwehr rückte aus. Als ich dort ankam, konnte ich es schwer glauben: Jemand hatte ein Lagerfeuer entfacht, um Würstel zu grillen – nachdem wir im selben Gebiet zwei Tage lang mit hunderten Feuerwehrleuten und Hubschraubern des Innenministeriums zwei Waldbrände löschen mussten. Das ist unfassbar.
Die beiden Brände in Hirschwang und Gutenstein waren von Blitzen entfacht worden. Aber der bis dato größte Waldbrand in Österreich wurde 2021 durch ein Lagerfeuer am Mittagstein ausgelöst. Hat man die Täter je gefunden?
Lepkowicz
Nein leider, und aus meiner Sicht sollte man solche Ermittlungen künftig anders führen. Die Staatsanwaltschaft ging zunächst von der „fahrlässigen Herbeiführung einer Feuersbrunst“ aus, was eine Auswertung von Handydaten der Menschen, die sich im fraglichen Gebiet aufgehalten haben, rechtlich nicht rechtfertigt. Denn: Eine Funkzellenauswertung ist erst ab einer Strafdrohung von mehr als einem Jahr und bei einem Vorsatzdelikt möglich. Erst Monate später schritten schließlich das Justizministerium und die Oberstaatsanwaltschaft ein und wiesen die Behörden an, wegen Brandstiftung zu ermitteln. Damit drohten den Tätern bis zu zehn Jahre Gefängnis, die Handydaten durften ausgewertet werden.
Warum wurde trotzdem niemand verhaftet?
Lepkowicz
Weil einer der großen Mobilfunkbetreiber bis dahin die fraglichen Daten schon gelöscht hatte. Es ist mir bis heute unverständlich, wie man so lange warten konnte.
Peter Lepkowicz
und seine Hündin vor einem 150 Jahre alten Maulbeerbaum am Mittagstein, der 2021 den Flammen zum Opfer fiel.
Nun hat es auf dem Mittagstein wieder gebrannt. Waren dieselben Flächen betroffen wie 2021?
Lepkowicz
Zum Glück konnten wir das verhindern. Es brannte am Grat desselben Hangs, das Feuer breitete sich bis auf etwa 100 Meter in Richtung der bereits verbrannten Flächen aus. Durch das extrem steile Gelände waren die Löscharbeiten sehr gefährlich, aber wir haben es geschafft.
Was wäre passiert, wenn das Feuer die betroffenen Flächen erreicht hätte?
Lepkowicz
Es hätte noch mehr Schaden angerichtet. 2021 wurden 115 Hektar Wald teilweise oder ganz zerstört. Seither kämpfen wir um jeden Baum: Manche haben das Feuer dem ersten Anschein nach überlebt und im Frühjahr 2022 wieder ausgetrieben, aber mittlerweile sind 45 Prozent der Bäume eingegangen. Der Nachwuchs wurde fast komplett zerstört, weshalb wir aufforsten und aufkeimende Jungbäume hegen und pflegen.
Warum ist gerade dieser Wald so wichtig?
Lepkowicz
Er beherbergt die Quellen für Wien und funktioniert wie ein Filter für das Trinkwasser der Hauptstadt.
Wie bereiten Sie sich auf künftige Brände vor? Durch die Klimakrise wird es künftig noch mehr Feuer geben.
Lepkowicz
Wir haben auf dem Schneeberg-Plateau einen Löschwassertank deponiert und jene auf der Rax adaptiert. Wir halten regelmäßig Waldbrandübungen ab und haben Brandschneisen geschlagen, die das großflächige Ausbreiten verhindern sollen.
Was passierte mit den Würstelgrillern im Höllental?
Lepkowicz
Sie bekamen von der Polizei eine Verwaltungsstrafe.