Der ­Umgekehrte

Der ­Umgekehrte: das unglaubliche Leben des ­Wiener ­Juden Ernst Frey

Exil. NS-Terror, Fremdenlegion, Ho-Chi-Minh-Kämpfer: das unglaubliche Leben des Ernst Frey

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Die Narbe auf dem Oberschenkel ihres Vaters erinnerte sie an die Umrisse von Österreich. Das sei eine „Kriegsverletzung aus Vietnam“, hatte er ihr erklärt. Sie war ein Kind und hörte die Worte, aber sie verstand sie nicht. Erst später, Irma Schwartz war längst Psychoanalytikerin in Wien, ging ihr die Bedeutung auf: Die Narbe war ein ins Fleisch gezeichnetes Souvenir aus einem früheren Leben, von dem sie nichts ahnte.
Ernst Frey hatte sich die Wunde zugefügt, als er 1949 fiebernd in einer Hütte im vietnamesischen Dschungel lag, gequält von Albträumen, in denen Soldaten wiederkehrten, die er hatte hinrichten lassen. Er war fast verrückt geworden, als er über das Böse und das Gute nachdachte. Die zahllosen Toten, die in den Reisfeldern des Landes lagen, verfolgten ihn. Da fasste er mit beiden Händen eine Handgranate und zog mit den Zähnen ab.

„Ich wollte nicht mehr leben“
In seinen Erinnerungen schrieb er: „Ich wollte nicht mehr kommandieren, wollte keine Macht mehr haben. Und ich wollte nicht mehr leben.“
Mit 31 hatte Ernst Frey so viel erlebt, dass es für zwei Menschen gereicht hätte. Der Wiener, dem Geburtsschein nach Jude, war 1938 vor den Hitler-Schergen geflohen, hatte als Fremdenlegionär in Algerien und Indochina gedient und war dort zum Kommunistenführer Ho Chi Minh übergelaufen. Nun lag vor ihm noch ein anderes Leben. Ein drittes. Auf seinem Oberschenkel bildete sich ein Blutfleck. Es dauerte lange, bis das Loch, das die Handgranate gerissen hatte, verheilte. Doch er lebte weiter.
Vergangene Woche legte der Czernin Verlag Ernst Freys unglaubliche Lebensgeschichte neu auf (siehe Kasten). Sie beginnt mit dem 1915 geborenen Buben, der in einer beengten Wohnung in Wien aufwächst. Sein Vater kehrt aus dem Krieg heim, als er drei ist. Die Begeisterung, die Mutter mit einem Fremden zu teilen, den er insgeheim „Stinkeriese“ nennt, hält sich in Grenzen. Die Kindheit ist voll düsterer Vorzeichen. Vor einer Berghütte steht: „Hunden und Juden ist der Zutritt verboten.“
Der Bub lernt früh, was Schutzbündler sind, sieht 1927 den Justizpalast brennen und erlebt mit, wie es in der Wirtschaftskrise bergab geht. Der Vater, ein aufrechter Sozialdemokrat und Atheist, verkauft die Rahmenfabrik des Onkels, in der er als Prokurist arbeitet, und erwirbt eine Parfümerie, die auch nicht zu halten ist. Die Mutter entlässt das Dienstmädchen. Ernst Frey, zum Gymnasiasten herangewachsen, gibt Nachhilfe, um zum Haushalt beizutragen.

Einzelhaft, Läusequalen, nächtliche Verhöre
Seine Gemütsverfassung entspricht einer „anarchistischen Bombenwerfertruppe“. Die Faschisten kann der junge Mann nicht ausstehen, die Sozialdemokraten sind „lammfromm“. Nach den Februarkämpfen 1934 findet er im Kommunistischen Jugendverband ein politisches Zuhause. Der Aufstand der Arbeiterklasse, der Sturz der Klerikalfaschisten und die Errichtung eines Sowjet-Österreichs scheinen ihm lohnenswerte Ziele zu sein. Die Konspiration dünkt ihn „ungewohnt und romantisch“.

Die politischen Ereignisse – Dollfuߒ Ermordung, das anschwellende Selbstbewusstsein der Nazis – lassen ihm keine Muße für die Matura. Der Direktor belehrt ihn hämisch, er sei nun von allen Mittelschulen in Österreich ausgeschlossen. Ein halbes Jahr später schafft Ernst Frey die Reifeprüfung als Externist doch noch und schreibt sich an der Technischen Hochschule ein. Er stürzt sich immer tiefer in die politische Arbeit und handelt sich ­einige Monate Gefängnis ein: Einzelhaft, Läusequalen, nächtliche Verhöre.

Mit der Amnestie im Juli 1936 kommt er frei. Er findet einen Job beim jüdischen Unternehmen Bunzl & Biach. Auf dem Weg ins Büro kreuzen Nazi-Trupps auf, seine Mutter wird zu den Putzscharen geholt und stundenlang auf offener Straße gequält. Am 15. März 1938 hält der Führer Einzug, und Ernst Frey, der sich Hals über Kopf in eine Kontoristin namens Klara verliebt hat, steht vor der Wahl: Entweder er verschwindet, oder er wird verhaftet.

Am 19. April nimmt er den Zug nach Hohenems in Vorarlberg. Dort kämpft er sich über verschneite Hänge, durchschwimmt den eiskalten Rhein, verliert die Orientierung und kriecht auf der österreichischen Seite eine Böschung hoch. SS-Männer stecken ihn in eine Zelle in Feldkirch. Nach drei Monaten hält man ihm ein Papier unter die Nase: „Ich, der Jude …“. Er unterschreibt, er werde das Staatsgebiet umgehend verlassen.
Dieses Mal schafft er es in die Schweiz. Die jüdische Gemeinde in St. Gallen nimmt sich des Flüchtlings an, der sich, seit er denken kann, „nie als Jude gefühlt hat“. Ernst Frey will gegen den spanischen General Franco kämpfen, doch er sitzt in der Ostschweiz fest, und die ist auch noch „völlig kommunistenfrei“. Eine Genossin, der er zufällig über den Weg läuft, hilft ihm, nach Frankreich zu gelangen.

Beginn der soldatischen Existenz
Seine Barschaft beträgt 130 Francs. Das reicht in Paris gerade, um sich für eine Weile als Bettgeher in einem Stundenhotel einzumieten. Ernst Frey fällt der kauzige Berliner ein, der ihm in der Gefängniszelle in Feldkirch geraten hat: „Wennste nach Paris kommst und du willst ankaschieren, gehste direkte mang in die Rue St. Dominique, det is gleich hinter den Invalides, kannste nich vafehlen!“ Hier, in der Zentrale der Fremdenlegion, beginnt die soldatische Existenz des Ernst Frey.

Als Legionär 78.502 wird er ins algerische Sidi Bel Abbes überstellt. Ernst Frey findet sich mit kahl geschorenem Schädel in einer Kaserne im Ödland wieder, wo er lernt, Habt Acht zu stehen, die Waffe zu schultern und alle Dienstgrade richtig zu grüßen. Seine Eltern schreiben aus Wien, sie bereiteten sich auf ihre Ausreise nach „Abessinien“ vor. Seine Schwester Trude versuche, ein Visum für Großbritannien zu bekommen. Im Kuvert findet sich das Foto, das Ernst Frey an seinem letzten Tag in Wien zeigt. „Lächeln Sie“, hatte der alte Studiobesitzer Weitzmann gesagt.

1939 langweilt sich der Soldat gerade im Atlasgebirge, als ihn die Nachricht vom Nichtangriffspakt zwischen Hitler und Stalin „wie ein Faustschlag ins Gesicht“ trifft. In der Kantine liegen französische Zeitungen aus. So hält er sich auf dem Laufenden: die Deutschen in Paris eingerückt, Frankreich in eine besetzte und eine freie Zone geteilt. Ende 1940 trommelt die französische Armee Freiwillige für Indochina zusammen. Der Wiener meldet sich in der Hoffnung, den Briten in die Hände zu fallen, um unter ihrer Flagge endlich gegen Hitler-Deutschland zu kämpfen. Doch als er in Saigon eintrifft, ist er immer noch Teil der Vichy-Truppen unter dem Kommando des profaschistischen Maréchal Pétain. Die Weltgeschichte habe sich einen „Witz mit mir erlaubt“, notiert er später.

Rettung naht, als „Geisterabteilungen“ aus Algerien anrücken. Sie bestehen aus Juden oder Deutschen, die flüchten mussten und unter falschem Namen in der Legion untertauchten – unter ihnen der Bankierssohn Schröder, Gastdozent für Germanistik an der Pariser Sorbonne. Mit ihm und einer Handvoll Gleichgesinnter gründet Ernst Frey die „erste und wahrscheinlich einzige“ kommunistische Zelle in der Fremdenlegion, und bald gelingt es ihm, Kontakt zu den vietnamesischen Kommunisten aufzunehmen. Zu den konspirativen Treffen erscheint ein Kontaktmann. Er stellt sich als Genosse Phong vor.

Im Oktober 1943 verlängert Ernst Frey seinen Legionärsvertrag und gerät in japanische Kriegsgefangenschaft. Es dauert eine Weile, bis sich zu ihm durchgesprochen hat, dass die Amerikaner die Japaner mit einer neuen, fürchterlichen Waffe bezwungen haben. Nach und nach trägt er zusammen, was alles passiert war, während er bis zum Umfallen Schützengräben ausgehoben hatte.

Frey arbeitet sich vor
Kommunistenführer Ho Chi Minh – von seinen Mitstreitern ehrfurchtsvoll Cu Ho gerufen (Cu wie Onkel) – führt die Befreiungsbewegung Viet Minh an. Ihr Ziel ist es, die französischen Besatzer zu vertreiben. Ernst Frey arbeitet sich in den innersten Zirkel der Kommunisten vor: Er wird von Truong Ching, dem neben Ho Chi Minh höchsten Parteifunktionär, empfangen. Der Wiener Legionär ist wie vom Donner gerührt, als er in ihm seinen Du-Freund Phong erkennt.

Vor Kurzem noch ein „halb verhungerter, schmutziger, kranker Kriegsgefangener, der um sein Leben fürchtete“, ist er nun in einem schwarzen Buick zum Regierungssitz unterwegs. Er wird dem Exekutivkomitee vorgestellt, von dem alle Entscheidungen ausgehen: Neben Generalsekretär Truong Ching gehören dazu Van Dong, der Mann für die Propaganda, und Vo Nguyen Giap, als Innenminister für alles Militärische zuständig.

Ernst Frey läuft zu den Vietnamesen über. Seine erste Aufgabe besteht darin, eine französischsprachige Zeitschrift herauszugeben, und er ist hocherfreut, als ihn General Giap bald mit der Ausbildung der Soldaten betraut. Auf der Fahrt in den unwirtlichen Dschungel im Norden des Landes erregt der langnasige Europäer, der außer „Nieder mit dem französischen Imperialismus!“, „Habt Acht!“, „Es lebe Präsident Ho!“ und „Bitte, danke!“ wenig Vietnamesisch spricht, einiges Aufsehen. Er hätte „um nichts in der Welt mit einem anderen Menschen tauschen wollen“, wird Ernst Frey sich in seiner Autobiografie erinnern. Im Juni 1946 obliegt ihm die Verteidigung des Passes An Khe. Seine Männer schaffen es, die französischen Truppen aufzuhalten. Dafür wird er zum Oberst befördert und bekommt einen Dienstausweis mit seinem neuen Namen: Nguyen Dan.

Nach vier Jahren als KPI-Mitglied lernt er Ho Chi Minh kennen. In einem Dschungelversteck führt ihn General Giap zu einem Mann in brauner Bauernkleidung, der sich für sein Alter erstaunlich geschmeidig bewegt. „Rauchst du?“, spricht ihn der Kommunistenführer an: „Ich freue mich, dass du mit uns zusammenarbeitest.“

Von der Begegnung bleibt Ernst Frey ein Foto, das ihm die Bewunderung seiner Kameraden einträgt, aber nichts daran ändert, dass er an der parteiinternen Entwicklung inzwischen einiges auszusetzen hat. So stört es ihn, dass Geheimdienstler Kameraden foltern, um Verschwörungen aufzudecken.

1948 setzt ein Malariaanfall Ernst Frey außer Gefecht. Die Franzosen sitzen immer noch am Pass An Khe und beherrschen die Städte im Süden des Landes. Die Gedanken des vietnamesischen Oberst aus Österreich bewegen sich im Kreis. „In seinen ungekürzten Erinnerungen ist an ­dieser Stelle von einem religiösen Erweckungserlebnis die Rede“, erzählen seine Töchter Irma Schwartz und Silvia Machto-Frey. Die Genossen in Vietnam aber tun es als wirre Fieberträume ab.

Bei einem Parteitag im Februar 1950, den die KPI ausgerichtet hat, verschwimmen die Fahnen mit dem gelben Stern vor seinen Augen zu Hakenkreuzen. Als Ernst Frey ans Rednerpult tritt, hat er seinen Text vergessen und redet den Genossen ins Gewissen, den Kampf nicht zu verherrlichen. „Es lebe der Friede!“ Die Führungskader merken, dass er zu Irrtümern und Fehlern künftig nicht mehr schweigen will, und erfüllen ihm sehr plötzlich den bereits länger gehegten Wunsch, nach Österreich zurückzukehren.

„Schauts, dass das Buch herauskommt“
Am 25. Mai 1951 klettert Ernst Frey in Bad Vöslau aus einer Aeroflot-Maschine. Seine Heimreise hat über Peking und Moskau geführt und Monate gedauert. Vielleicht war das die Zeit, die er brauchte, um sein Leben im Dienste Ho Chi Minhs abzustreifen und kopfüber in ein neues zu springen. Seine Eltern und seine Tante waren in Lodz von den Nazis ermordet worden, nur seine Schwester Trude hatte in England überlebt. Ernst Frey fängt wieder bei Bunzl & Biach zu arbeiten an. Er verliebt sich in Franzi Preminger-Auerhahn, eine junge Frau, die 1938 mit einem Kindertransport nach England entkommen und 1946 nach Österreich zurückgekehrt war, und heiratet sie nach zwei Monaten.

1953 wird Tochter Irma geboren. Im Alter von acht Jahren will sie katholisch werden. Sie hat es satt, die Klasse zu verlassen, wenn ihre Religionslehrerin, eine alte, ungarische Gräfin, mit Buntkreide biblische Episoden an die Tafel zeichnet. Was in dem Buch „Vietnam, mon amour“ nicht erzählt wird: Noch in Asien hatte Ernst Frey versucht, sich taufen zu lassen. Er findet nun, wenn sein Mädchen schon katholisch werden will, soll es auch die Messe besuchen. Der Pfarrer, Pater Faust, wird bald sein bester Freund.

Zwei Jahre später kommt Tochter Silvia zur Welt. Ernst Frey besteht darauf, dass auch sie römisch-katholisch wird. Die Ehe steht am Abgrund. Drei Wochen lang spricht seine Frau kein Wort. Dann gibt sie nach, mit einem Satz, der Irma Schwartz noch heute schmerzt: „Jetzt hast du mir auch mein zweites Kind genommen.“

Immer öfter bleibt der Vater im Kaffeehaus sitzen und schreibt in orangefarbene A5-Hefte. Seiner älteren Tochter verrät er als Erster, dass er damit begonnen habe, sein Leben aufzuzeichnen. Die Arbeit nimmt ihn fünf Jahre lang in Beschlag. Bis zur letzten Seite bleibt er kritisch gegen andere und gegen sich selbst. Er fragt sich, was aus ihm geworden wäre, wäre er nicht als Jude auf die Welt gekommen. Vielleicht ein Nazi?

Der glühende Kommunist wandelt sich zum glühenden Antikommunisten. In einem Brief, der 1978 im „Turrini Lesebuch“ abgedruckt wird, zieht er über „alte Kummerln“ her. Der frühere Soldat wird zum militanten Antimilitaristen. Er überweist Geld an Amnesty International und unterstützt junge Menschen vor der Zivildienstkommission. 1986, als Kurt Waldheim sich aus der Verantwortung stiehlt, er habe doch „nur seine Pflicht getan“, hören ihn seine Töchter laut überlegen, ob er auswandern solle.

Keine Heimat, die Ernst Frey im Laufe seines Lebens gefunden hat, hält ihn für immer. Die Abschiede sind mitunter dramatisch. An dem Tag, an dem er aus der Kirche austreten will, wirft ihn ein Herzinfarkt nieder. Sein Freund, der katholische Pfarrer, wird später bei seinem Begräbnis sagen: „Alles, was er war und tat, war und tat er ganz – auch, was er falsch machte, machte er ganz falsch. Er konnte aber auch umkehren.“
1992, zwei Jahre vor seinem Tod, söhnt Ernst Frey sich mit seinem einstigen Mentor, General Giap aus. In einem Brief an ihn schreibt er, Vietnam sei, „trotz der Sprachschwierigkeiten, meine Heimat, die ich 1950 verloren habe. Es war auch das einzige Land, für das ich bereit gewesen wäre, mein Blut zu vergießen (…).“

Jahrelang hatte Ernst Frey die drei Manuskriptbände mit seiner unglaublichen Lebensgeschichte von Verlag zu Verlag geschleppt. Am Totenbett, als seine Töchter ihn kaum noch verstanden, hat er nur noch einen Wunsch: „Schauts, dass das Buch herauskommt.“

Infobox I
Figur der Geschichte

1968 begann Ernst Frey an seiner Autobiografie zu arbeiten. Er brauchte fünf Jahre, um sie abzuschließen. Den Rest seines Lebens versuchte er vergeblich, dafür einen Verlag zu finden. Niemand wollte 1200 Seiten drucken, und er selbst sah sich nicht in der Lage, auch nur eine Zeile seiner Lebensgeschichte zu streichen. Ernst Frey starb am 13. Jänner 1994. Sieben Jahre später brachte die mittlerweile ebenfalls verstorbene Geistes- und Sozialwissenschafterin Doris Sottopietra einen 300 Seiten umfassenden Auszug seiner Erinnerungen im Czernin Verlag heraus. Vergangene Woche kam das seit Jahren vergriffene Buch wieder auf den Markt, dank einer Internet-Initiative, die Vormerkungen für eine Neuauflage gesammelt hatte. Nun soll „Vietnam, mon amour“ erstmals ins Vietnamesische übersetzt werden, sagt Duc Ngoc Vu, erster Sekretär der Vietnamesischen Botschaft in Wien: „Ernst Frey hat viel zur Unabhängigkeit unseres Landes beigetragen, er ist eine Figur unserer Geschichte.“

Ernst Frey: Vietnam, mon amour. Ein Wiener Jude im Dienst von Ho Chi Minh. Hg. Von Doris ­Sottopietra/Ernst Frey. Czernin Verlag Wien, 2013. 255 Seiten. 24,90 Euro.

Infobox II
Ho, Ho, Ho Chi Minh

Der vietnamesische Revolutionär Ho Chi Minh kam im Mai 1890 in der Provinz Nghe An auf die Welt. Angeblich. Wie so vieles in seiner Biografie ist auch das nicht gesichert. Als Kind hieß er Nguyen Sing Cung, doch wechselte er im Laufe seines Lebens Dutzende Male den Namen. Seit 1941 kennt man ihn als Ho Chi Minh. Indochina und damit auch Vietnam waren zu dieser Zeit unter japanischen Einfluss geraten. Der Kommunistenführer kehrte aus dem Exil zurück und führte die Unabhängigkeitsbewegung Viet Minh an, die sowohl gegen die japanischen Besatzer kämpfte als auch gegen Frankreich, das nach der Ausrufung der Unabhängigkeit Vietnams im Jahr 1945 versuchte, das Land erneut zu besetzen. Nach der Potsdamer Konferenz fiel Vietnam in britische Hände, während im Norden nationalchinesische Truppen einmarschierten, um die Japaner zu vertreiben.

Nach verlustreichen und aufreibenden Guerillakämpfen gelang es den Viet Minh unter General Vo Nguyen Giap 1954, die Franzosen zu schlagen. Es kam zu einem Waffenstillstand und zur Teilung des Landes in ein kommunistisches Nordvietnam (Hauptstadt Hanoi) und ein Südvietnam (Hauptstadt Saigon), das auf die Unterstützung der Westmächte bauen konnte. Ho Chi Minh wurde Präsident der „Demokratischen Republik Nordvietnam“. Im Vietnamkrieg kämpfte er gegen die USA und das von ihnen gestützte Regime im Süden. 1976 wurde das Land wiedervereint. Saigon wurde in Ho-Chi-Minh-Stadt umbenannt. Der einbalsamierte Leichnam des Namensgebers liegt in einem Mausoleum in Hanoi. Die heutige Sozialistische Republik Vietnam ist ein Einparteienstaat, alle Macht geht von der Kommunistischen Partei aus.

Foto: Michael Rausch-Schott

Edith   Meinhart

Edith Meinhart

ist seit 1998 in der profil Innenpolitik. Schreibt über soziale Bewegungen, Migration, Bildung, Menschenrechte und sonst auch noch einiges