Nobert Hofer: „In meinem Wahlkampf ändert sich gar nichts.“

Profitiert Nobert Hofer vom Trump-Effekt?

Profitiert Nobert Hofer vom Trump-Effekt?

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Ein erratischer Milliardär mit politischen Ambitionen, der sich mit Ex-Models umgibt und in jeden Fettbottich mit Anlauf hineinköpfelt. Gewählt haben ihn vergangenen Dienstag die Amerikaner, erfunden haben ihn wir: Frank Stronach. Wenn es einen „Austro-Trump“ gibt, dann ist es der kanadisch-österreichische Industrielle aus dem steirischen Weiz. Donald Trumps politisches Experiment mit der Welt als Versuchsanordnung beginnt im Jänner. Frank Stronachs Projekt ist so gut wie vorbei. Bei der nächsten Wahl tritt er nach eigenem Bekunden nicht mehr an. Und die von ihm gegründete Partei (aktueller Umfragewert: ein Prozent) wird aus dem Nationalrat fliegen.

Dass es das Team Stronach überhaupt ins Parlament geschafft hat, wird ihre einzige nennenswerte Leistung gewesen sein. Ein US-Präsidentschaftswahlkampf spielt in ganz anderen Dimensionen. Dennoch finden sich bei „The Donald“ und „The Frank“ vergleichbare Charaktereigenschaften: Exzentrik; der Glaube an die eigene Großartigkeit; die Fähigkeit, den Anhängern diesen Glauben zu vermitteln. Auch bei ihren Wählern finden sich ähnliche Muster: Ohnmacht; Wut auf Eliten; Sehnsucht nach einfachen Lösungen; Feindbilder als Wutableiter (siehe Covergeschichte).

Bei der Wahl 2013 erreichte Stronach immerhin 5,7 Prozent. Diese stehen bei wahrscheinlichen Neuwahlen im kommenden Jahr zur Verteilung an. Wenn ein Mitbewerber seine Marktanteile verliert, freut sich die Konkurrenz. Von Frank Stronachs Niedergang wird vor allem die FPÖ als rechtspopulistische Marktführerin profitieren. Gemessen an Stil und Erfolg ist Trump eine Mischung aus Frank Stronach und Heinz-Christian Strache. Das Tempo, mit dem Trump vom Outlaw zum Staatsschef aufstieg, dürfte dem FPÖ-Chef imponieren, wenn man seine Facebook-Eintragungen liest: „Die politische Linke und das abgehobene sowie verfilzte Establishment wird Zug um Zug vom Wähler abgestraft und aus diversen Entscheidungsfunktionen herausgewählt. Gut so, denn das Recht geht vom Volk aus.“

Bewegungen wollen so gesehen die neuen Volksparteien sein. Jörg Haider war der Erste, der dieses Konzept in Österreich umsetzte.

Nicht nur die klassischen rechtspopulistischen Inhalte von Trump und FPÖ ähneln einander, sondern auch auch die Methoden. In seiner ersten Stellungnahme nach dem überraschenden Wahlsieg hatte Trump davon gesprochen, dass aus seiner Kampagne eine Bewegung („Movement“) geworden sei. Im Gegensatz zu einer Partei zeichnet sich eine Bewegung dadurch aus, dass sie für alle und alles offen ist und kein abgeschlossenes Weltbild bieten will – und dass ihre einzige verbindende Idee die Bewegung selbst ist.

Bewegungen wollen so gesehen die neuen Volksparteien sein. Jörg Haider war der Erste, der dieses Konzept in Österreich umsetzte. Im Jahr 1995 erklärte er die FPÖ als Partei für abgeschafft und benannte sie auf „F“ um. Nicht mehr Mitglieder und Funktionäre sollten über Kandidatenlisten entscheiden, sondern jeder Interessierte auf „Wahlkonventen“. Mit dem Motto „Von der Partei zur Bewegung“ feierte Haider den 40. Geburtstag der FPÖ im April 1996. Noch im selben Jahr wurde das Konzept wieder entsorgt.

Wie Trump nützt auch Strache die sozialen Medien intensiv und schuf für sich und seine Anhänger eine Parallelwelt im Internet, in welche die „Systempresse“ nicht mehr vordringt. Diese bekam in Straches Wortmeldung zum Trump-Triumph ebenfalls ihr Fett ab: „Diverse österreichische Mainstreammedien und Journalisten, welche seit Wochen Stimmung gegen Trump gemacht haben und Hillary Clinton bereits im Vorfeld zur Siegerin erklärt haben, wurden wieder einmal vom Wähler blamiert.“

Dass Widersprüche und tatsachenwidrige Behauptungen ihre Wähler nicht irritieren, ist ein Teil der Phänomene „Trump“, „Strache“ und „Hofer“.

FPÖ-Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer gab sich zurückhaltender: Er gratuliere Trump und sei „überzeugt, dass wir die guten Wirtschaftsbeziehungen zwischen unseren Ländern weiter gut ausbauen“. Ein klassisch paradoxer Hofer-Satz, der auch von Trump stammen könnte: Gerade um die Wirtschaftsbeziehungen ausbauen zu können, wird derzeit das US-EU-Freihandelsabkommen TTIP verhandelt, das von Trump und Hofer allerdings gleichermaßen abgelehnt wird.

Dass Widersprüche und tatsachenwidrige Behauptungen ihre Wähler nicht irritieren, ist ein Teil der Phänomene „Trump“, „Strache“ und „Hofer“. Eine der luzidesten Analysen zum Thema stammt von der Publizistin Salena Zito im Magazin „The Atlantic“: Seine Kritiker würden Trump nicht ernst, aber beim Wort nehmen. Seine Anhänger nähmen ihn dagegen ernst, aber nicht beim Wort.

So verhält es sich auch bei der FPÖ. Als Hofer in einer TV-Diskussion ankündigte, man werde sich noch „wundern, was alles möglich sei“, wenn er Präsident wäre, beurteilten Kommentatoren dies als autoritäre Allmachtsfantasie und einen blauen Angriff auf Meinungs- und Pressefreiheit, Minderheiten- und Oppositionsrechte und politische Gegner insgesamt. Für Hofer-Fans bedeutete die Aussage lediglich, dass es da einer den Mächtigen zeigen werde.

Ob Trumps Sieg einen Effekt auf den Ausgang der Bundespräsidentenwahl haben wird, ist selbst den Betroffenen unklar. Bei einer Diskussion vor Gewerkschaftern meinte Alexander Van der Bellen, das US-Ergebnis könne ihm ebenso helfen wie Hofer. Für träge Van-der-Bellen-Wähler ist Trumps Erfolg Warnschuss und Weckruf, für zaudernde Hofer-Wähler der Hinweis, dass es auch in Österreich eine schweigende Mehrheit für ihren Kandidaten geben kann.

Norbert Hofer will dazu nicht auf Trumps Krawallmethoden setzen: „In meinem Wahlkampf ändert sich gar nichts.“

Die heimischen Demoskopen wagen keine Vorhersagen. Laut einer aktuellen Umfrage des SORA-Instituts bestünden derzeit zwar leichte Vorteile für Norbert Hofer (FPÖ), für eine seriöse Prognose seien diese aber zu gering. Bei der ersten Stichwahl erreichten beide Kanidaten je 2,2 Millionen Stimmen, wobei Van der Bellen knapp 31.000 Stimmen voran lag. Zwischen den Wählerblocks gibt es so gut wie keinen Austausch. Allerdings verfügen laut SORA beide Kandidaten über Sympathien bei jeweils weiteren 190.000 unentschlossenen Wählern. Wer mehr aus seinem Sympathisanten-Reservoir fischt, wird nächster Präsident.

Norbert Hofer will dazu nicht auf Trumps Krawallmethoden setzen: „In meinem Wahlkampf ändert sich gar nichts.“ Angriffigkeit sei nicht seine Sache. „Meine Stärke ist eben, dass ich mich nicht verstelle und authentisch bin und den Wahlkampf weiterführe wie bisher.“ Es würde auch die bisherige Strategie im Wahlkampf konterkarieren. Fürs Grobe ist Heinz-Christian Strache zuständig, um die 30 Prozent blauen Hardcore-Fans bei Laune zu halten. Die notwendigen Stimmen zur Präsidentenmehrheit will Hofer mit seiner „authentischen“ Sanftheit bringen.

Als Austro-Trump wäre Hofer auch nur bedingt glaubwürdig. Der designierte US-Präsident punktete mit seinem Outsider-Image und der Distanz zur Politik. Hofer ist seit drei Jahren Dritter Nationalratspräsident und damit hoher Repräsentant des Establishments. Und die FPÖ regiert im Burgenland und in Oberösterreich in Koalitionen mit.

Zu viel Trump wäre auch schädlich. Laut einer Gallup-Umfrage konnte sich nur ein Viertel der Österreicher für den seltsamen Kandidaten erwärmen. Und Frank Stronach hatte seine Wahlchancen 2013 mit skurrilen Ansagen à la Trump („Todesstrafe für Berufskiller“) vermindert. Hofers Parteifreunde in Graz wollen Trumps Wahlkampagne dennoch kopieren. Für die kommende Bürgermeisterwahl kreierten sie einen besonders originellen Slogan: „Make Graz Great Again“.

Gernot   Bauer

Gernot Bauer

ist Innenpolitik-Redakteur.