Aus den Pilnacek-Chats: „Uns fehlt Trump“

Die Staatsanwaltschaft Innsbruck hat die Whatsapp-Chats von Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek ausgewertet. Diese offenbaren die Weltsicht des Karrierebeamten: Hass auf die WKStA, Spott für den Verfassungsgerichtshof und keine Scheu vor politischen Interventionen.

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Was man nicht so alles macht, für die „Familie“. Christian Pilnacek zum Beispiel. Am späten Abend des 8. Jänner 2021, das Leben des Sektionschefs im Justizministerium war noch vergleichsweise sehr beschwingt, setzte Pilnacek eine Whatsapp-Nachricht ab, die viel über sein Selbstverständnis erzählt. Empfänger: der steirische ÖVP-Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer. Pilnacek hielt sich nicht allzu lange mit Liebedienerei auf: „Lieber Herr LH, Prosit 2021 und viel Erfolg im Vorsitz der LH-Konferenz; möchte nur informieren, dass Präsident des OLG Graz ausgeschrieben ist; wäre Gelegenheit, das an unsere (sic!) Familie begangene Foul auszugleichen“, schrieb Pilnacek und spielte damit offenbar auf die von Justizministerin Alma Zadić 2020 verfügte Beschneidung seiner Macht im Justizministerium an. Pilnacek kam auch gleich zum Punkt: „Bitte um Deine Unterstützung; Caroline wäre eine Wohltat für die Gerichtsbarkeit in der Grünen Mark; herzliche Grüße Christian Pilnacek“.

Caroline heißt mit vollem Namen Caroline List, sie ist Pilnaceks Ehefrau, Juristin, seit 2017 Präsidentin des Grazer Straflandesgerichts. Ein neuer Top-Job für die Gattin als kleine Wiedergutmachung für den erlittenen Macht- und Prestigeverlust?

Christian Pilnacek, der lange Zeit einflussreichste Beamte des Justizministeriums, bittet den steirischen Landeshauptmann um Unterstützung, damit seine Frau Präsidentin des Oberlandesgerichts Graz werden kann – ein Stück Österreich auf wenigen Zeilen.

Schützenhöfer, der für Postenbesetzungen in der Justiz eher nicht zuständig sein dürfte, reagierte nicht auf Pilnaceks Intervention (den Job bekam Caroline List nebenbei nicht; als designierter Nachfolger von Manfred Scaria an der Spitze des OLG Graz gilt Manfred Schwanda, derzeit noch Leiter des Landesgerichts St. Pölten).

Die neuen Whatsapp-Chats

Die Chat-Nachricht ist Teil eines größeren Ganzen. Sie entstammt einem 146-seitigen Auswertungsprotokoll der Staatsanwaltschaft Innsbruck, welches profil, „Der Standard“, ORF und „Falter“ vollständig vorliegt. Es handelt sich um eine aus Sicht der StA relevante Auswahl von Pilnaceks Whatsapp-Kommunikation mit 15 Personen im Zeitraum 2018 bis 2021, unter ihnen ein Wiener Rechtsanwalt, der genannte Hermann Schützenhöfer, der Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien Johann Fuchs, der Chef des Bundeskriminalamts und allen voran: Wolfgang Brandstetter, vormals ÖVP-Justizminister und kurzzeitig auch Vizekanzler, seit 2018 Verfassungsrichter.

Christian Pilnacek ist seit Ende Februar suspendiert. Es sind unschöne Vorwürfe, die auf ihm lasten. Er soll einerseits vor dem parlamentarischen „Ibiza“-Untersuchungsausschuss unter Wahrheitspflicht mehrfach die Unwahrheit gesagt haben, andererseits geheime Informationen nach außen getragen haben. Die Staatsanwaltschaft Innsbruck ermittelt unter anderem wegen des vermuteten Verrats einer Hausdurchsuchung beim Unternehmer Michael Tojner. Pilnacek soll die bevorstehende Zwangsmaßnahme im Juni 2019 an Tojners Rechtsberater verpfiffen haben: Wolfgang Brandstetter. Brandstetter, wird in diesem Verfahren ebenfalls als Beschuldigter geführt. Beide bestreiten alle Vorwürfe.

Im Februar hatte die Staatsanwaltschaft zwei Samsung-Mobiltelefone Pilnaceks sicherstellen und auslesen lassen. Im April berichtete profil erstmals über Pilnaceks kompromittierende Signal-Chats. Unter diesen eine Nachricht an den Kabinettschef des ÖVP-Finanzministers, zwei Tage vor Gernot Blümels Einvernahme als Beschuldigter: „Das ist ein Putsch! … Wer vorbereitet Gernot auf seine Vernehmung?“

Und nun eben die Whatsapp-Kommunikation. Die Inhalte werfen abermals die Frage auf, die profil bereits einmal gestellt hat: Auf wessen Seite steht Christian Pilnacek?

Diese umfangreiche Chat-Kommunikation lässt sich in etwa so zusammenfassen: Pilnacek hasst die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, verachtet den ORF, verspottet den Verfassungsgerichtshof, scheut sich nicht vor politischen Interventionen und blickt insgesamt gelangweilt auf die Welt herab. Er sei, schreibt Pilnacek in einer seiner zahlreichen Nachrichten an Brandstetter, „von juristischen Laien geplagt“.

„VENCEREMOS!“

Überhaupt, Wolfgang Brandstetter. Die Kommunikation mit ihm nimmt in dem Auswertungsprotokoll breiten Raum ein. Die beiden sind allem Anschein nach sehr eng befreundet. So eng, dass man dann und wann ein Geheimnis teilt – und auch ein gemeinsames Leitbild: „Venceremos!“ Gerade Brandstetter schloss viele seiner Nachrichten an Pilnacek mit „Venceremos!“ (wahlweise auch „Vinceremos!“), spanisch für „Wir werden siegen!“. Das ist auch der Titel eines sozialistischen Kampfliedes aus Chile, aber das kann nur ein Zufall sein.

Man spricht eine gemeinsame Sprache. So sind offenbar Brandstetter und Pilnacek davon überzeugt, dass die Justiz von roten Netzwerken durchdrungen ist. Am 18. August 2019 zum Beispiel schrieb Brandstetter an Pilnacek: „Wie sagte SK kürzlich? Im BKA gibt es Beamte, die sich ihrer Partei mehr verpflichtet fühlen als dem Staat. Nicht nur dort …“

Darauf Pilnacek: „Uns fehlt Trump“

Doch es kommt noch besser. Zwecks Übersichtlichkeit haben wir die zentralen Chatpassagen nach Kapiteln und Daten geordnet.

Der VfGH und der Müll

Wenn ein Sektionschef im Justizministerium und ein Verfassungsrichter sich hingegen über den Verfassungsgerichtshof unterhalten, dann kommt etwa das dabei heraus.

14. Oktober 2020

Am Morgen dieses Tages kam über orf.at die Meldung, dass ausgemusterte Wiener Müllautos nun in Kuba unterwegs seien. Am späteren Vormittag schrieb Brandstetter an Pilnacek:

Brandstetter: „VINCEREMOS! (Nicht nur in Kuba!)“

Pilnacek: „Sonst exportieren wir den VfGH nach Kuba“.

Brandstetter: „Warum, die Kubaner waren doch immer freundlich zu uns …“

Pilnacek: „Ja, aber sie wären stolz auf die Vize und Kahr gebe (sic!) eine gute Müllfrau ab“

Brandstetter: „Heute bist echt giftig …“

Claudia Kahr, eine angesehen Juristin, seit 1999 Verfassungsrichterin – für Pilnacek eine „gute Müllfrau“, der Widerspruch des Verfassungsrichters Brandstetter fiel nicht allzu scharf aus.

11. Dezember 2020

Für den Nachmittag dieses Tages stand die Verkündung von zwei mit Spannung erwarteten Entscheidungen des VfGH an: eine zu dem von Türkis-Blau erlassenen Kopftuchverbot an Volksschulen und einer zur Sterbehilfe. Um es vorwegzunehmen: Der VfGH hob das Kopftuchverbot als verfassungswidrig auf und kippte auch das Verbot von Beihilfe zum Suizid.

Am Morgen korrespondierten Brandstetter und Pilnacek zur bevorstehenden VfGH-Veröffentlichung. Laut dem nachfolgenden Chatverkehr verriet Brandstetter Pilnacek sein Stimmverhalten – das eigentlich geheim ist.

Brandstetter: „Heute ab ca 17h öffentliche Urteilsverkündung bzgl Sterbehilfe und Kopftuchverbot. Die Mehrheit hat entschieden. Ist zu überlegen, wen man dort hinschickt, geht ja nur um die Verkündung ,ohne Widerrede‘ …“

Pilnacek: „Ah, schlechte Nachricht vor dem Wochenende“

Brandstetter: „Fahr besser nach Graz…“

Pilnacek: „Wieder Niederlage für den Rechtsstaat …“

Brandstetter: „Man muss trotzdem weitermachen! Wir müssen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen“ (Albert Camus)“

Pilnacek: „Nein, einen (sic!) vom VfGH fehlgeleiteten Rechtsstaat kann man nicht mehr dienen …“

Brandstetter: „Aber ja, darüber reden wir demnächst in gemütlichem Rahmen … PS: Ich hab die Richter nicht ausgesucht, aber das waren immer demokratisch legitimierte Organe … Mehr hat die Demokratie halt nicht zu bieten …“

Christian Pilnacek kann einem vom Verfassungsgerichtshof „fehlgeleiteten“ Rechtsstaat nicht mehr dienen? Wem dient er dann? Und wenn Brandstetter die Verfassungsrichter und -innen ausgesucht hätte, wer säße dann im VfGH?

Der Chat zum Kopftuchverbot wurde am Abend desselben Tages fortgesetzt.

Pilnacek: „Kein Eingehen auf Kindeswohl … ein schwarzer Tag für den Rechtsstaat …“

Brandstetter: „Ja, stimmt! Ich war eigentlich der einzige, der das Kindeswohl eingefordert hat. Leider sind die Protokolle 30 Jahre unter Verschluss …“

Nun gut, teilweise sind diese Protokolle hiermit öffentlich.

Pilnacek und die WKStA

Es ist eines der Leitmotive in den Pilnacek-Chats: der offen zutage tretende Hass gegen die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), die den Sektionschef im Jahr 2019 nach einer denkwürdigen Dienstbesprechung in der Causa Eurofighter angezeigt hatte. Wie äußerte sich Pilnacek gegenüber diversen Chat-Partner über die WKStA, deren Fachaufsicht er justizintern bis August 2020 innehatte? Beispielsweise so:

26. Mai 2020

Ein prominenter Rechtsanwalt schrieb an Pilnacek: „Ist alles zum Weinen, komm grad von einer BV (Beschuldigtenvernehmung, Anm.) bei der WKStA, wieder einmal unfassbar, was die aufführen!

Pilnacek: „Ja, aber, wer unternimmt was gegen diese missratene StA????“

6. Juni 2019

Pilnacek ließ Ex-Justizminister Wolfgang Brandstetter wissen: „die WKSA ist und bleibt ein Problem“.

14. August 2019

Brandstetter mutmaßte im Chat mit Pilnacek, dass Informationen von der WKStA an eine Journalistin gegangen wären und hatte einen weitreichenden Vorschlag: „Ich würde als BM (Bundesminister, Anm.) ernsthaft Ermittlungen nach 310 und 302 (Verletzung des Amtsgeheimnisses und Amtsmissbrauch, Anm.) gegen ut (unbekannte Täter, Anm.) bei Wksta oder Polizei einleiten und das Verfahren nach Linz oder Innsbruck delegieren. Dann würden sie zumindest vorsichtiger werden. Das Misstrauen der Behörden untereinander ist tödlich für den Rechtsstaat….“

Pilnaceks Replik fiel drastisch aus: „Ja, das müssen wir wohl tun; die schießen die Republik zusammen….“

23. August 2019

Im August war Pilnacek offenbar entschlossen, Zwangsmaßnahmen gegen unbequeme Staatsanwälte zu setzen. So schrieb er im Chat mit einer Kabinettsmitarbeiterin im Justizministerium: „Ja, aber wir müssen auch einmal aktiv werden; accounts der WKStA sichern…“

Die bemerkenswerte Antwort: „Ja, die OStA (Oberstaatsanwaltschaft, Anm.) kümmert sich darum!“

Der Sektionschef im Justizministerium wollte sich also 2019 Zugriff auf Kommunikationsdaten von Staatsanwälten verschaffen. Es ist schon eine Ironie des Schicksals, dass es dann seine Kommunikation war, die sichergestellt wurde.

3. Juli 2020

Pilnacek gab einem Journalisten einer Tageszeitung einen interessanten Tipp, den man durchaus als Anpatzversuch werten könnte: „L. (ein Universitätsprofessor, der außerdem für eine große Anwaltskanzlei tätig ist, Anm.) könnte viel über Fehlleistungen der WKStA berichten….“, machte der Sektionchef dem Journalisten den Mund wässrig – und schickte auch gleich die Handynummer und die Mailadresse durch.

14. Jänner 2021

Brandstetter bestärkte Pilnacek darin, dass ein von der WKStA zur Anzeige gebrachter Amtsmissbrauchsvorwurf „völlig absurd“ sei – Nachsatz: „Keep cool!“ Pilnacek wusste offenbar ohnehin schon mehr: „Yes, StA Innsbruck schlägt § 190 Z 1 StPO (Einstellung des Ermittlungsverfahrens, Anm.) vor, eine Knackwatsche für WKStA ….herzliche Grüße“.

Pilnacek und der ORF

Wenig Freude hatte Christian Pilnacek in den vergangenen zwei Jahren des Öfteren mit der medialen Berichterstattung. Dies führte zu einer – für einen hochrangigen Staatsdiener durchaus bemerkenswerten – Einstellung. So schrieb der Sektionschef am 22. April 2020 an Brandstetter: „Ja, wo ich kann, setze ich mich zur Wehr; aber man wird zum Gegner einer falsch verstandenen Pressefreiheit ….“

Aus Sicht von Pilnacek richtig verstandene Pressefreiheit erlebte der Spitzenbeamte offenbar im Austausch mit Thomas Prantner, dem Online-Chef des ORF, dem aktuell Ambitionen auf den Job des Generaldirektors nachgesagt werden.

18. Jänner 2020

Pilnacek übermittelte am Samstagvormittag Prantner den Link zu einem orf.at-Beitrag mit dem Titel „Zadic vor vielen Herkulesaufgaben“. Darin ging es auch um frühere Kritik von Zadic an Pilnacek. Pilnacek schrieb: „Was ist da los? Mit mir hat niemand Kontakt aufgenommen? Fair? Objektiv? HG“ Prantner antwortete einige Minuten später: „Lieber Christian. Habe grad ORF ON-Chefredakteur Heidegger tel. kontaktiert. Du wirst asap bez. Statement kontaktiert. LG Tommy“

Tatsächlich wurde der Beitrag noch am selben Tag aktualisiert und folgendermaßen ergänzt: „Pilnacek sagte am Samstag gegenüber ORF.at, dass es bereits ‚ausgezeichnete Gespräche‘ zwischen Zadic und ihm gegeben hat. Er freue sich auf eine ‚konstruktive und wertschätzende Zusammenarbeit‘. Und weiter: ‚Ich werde alles in uneingeschränkter Loyalität unternehmen, um meinen Beitrag zur erfolgreichen Umsetzung des Regierungsprogramms zu leisten und die Ressortleitung in jeder Hinsicht im Dienste der österreichischen Justiz zu unterstützen.“ (Mittlerweile gibt es Hinweise darauf, dass Pilnacek später die ÖVP beriet – bei einer parlamentarischen Anfrage an die Justizministerin.)

17. Februar 2020

Ein paar Tage nach der erfolgreichen Intervention in Sachen Online-Bericht half Prantner Pilnacek erneut. Zwar lancierte er – zumindest zunächst – nicht die gewünschte Berichterstattung, der ORF-Manager gab dem Sektionschef aber einen wertvollen Tipp: „Ideal wäre wenn Du Kontakt zur APA (Austria Presseagentur, Anm.) hättest und die eine red. (redaktionelle, Anm.) Meldung machen könnte. Message: Peschorn verteidigt Pilnacek gegen Doskozil-Vorwürfe“.

Wolfgang Peschorn, Präsident der Finanzprokuratur, war am Abend zuvor Gast in der Diskussionssendung „Im Zentrum“ gewesen und hatte dort Pilnacek in Zusammenhang mit dem Eurofighter-Verfahren verteidigt. Tatsächlich entstand Tags darauf eine APA-Meldung mit dem Titel: „Eurofighter: Pilnacek verweist zu Doskozil-Kritik auf Peschorn“. Diese Meldung landete dann weitgehend unverändert auf orf.at. Pilnacek schrieb an Prantner: „Danke für Deine Unterstützung; herzliche Grüße“. Prantner: „Sehr gerne. LG Tommy“

Pilnacek und der Whistleblower

Wie es jemandem ergeht, der es wagt, gegen den Willen Pilnaceks mit offenem Visier in der Justiz Vorgänge aufzudecken, zeigt das Beispiel eines langjährigen Kabinettsmitarbeiters und Staatsanwalts. K. hatte augenscheinliche Divergenzen zwischen einem E-Mailverkehr, in den er eingebunden war, und Aussagen von Pilnacek und dem Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien, Johann Fuchs, vor dem Ibiza-Untersuchungsausschuss gemeldet. Die WKStA erstattete daraufhin Anzeige. Inhalt der Mails waren mögliche Weisungen des damaligen Justizministers Josef Moser nach Veröffentlichung des Ibiza-Videos.

Am 15. Jänner 2021 schrieb Fuchs an Pilnacek: „Meldungen zu K., der sich heute in Eisenstadt als der heldenhafter Whistleblower geoutet hat… Die sind alle schockiert“. Pilnacek antwortete: „So ein Depp… Von wem sind die?“ Fuchs schreibt: „Erich Mayer (Leiter der Staatsanwaltschaft Eisenstadt und als solcher dort Nachfolger von Fuchs, Anm.) Dem K. geb ich dort keine lange Zukunft; die stehen alle noch hinter mir; (…)“ Pilnacek bricht endgültig den Stab über dem couragierten Beamten: „Super ...der soll sich eingraben“.

Pilnacek und die Blümel-Ermittlungen

Am 11. Februar 2021 führte die WKStA im Rahmen einer sogenannten freiwilligen Nachschau eine Hausdurchsuchung bei ÖVP-Finanzminister Gernot Blümel durch. Grund dafür waren Ermittlungen rund um ein SMS des damaligen Novomatic-Chefs Harald Neumann an Blümel im Juli 2017 mit dem Inhalt: „Guten Morgen hätte eine Bitte bräuchte einen kurzen Termin bei Kurz (erstens wegen Spende und zweitens bezüglich einen Problemes das wir in Italien haben!“ Die WKStA geht dem Verdacht nach, hier könnte eine Parteispende im Gegenzug für ein Amtsgeschäft in Aussicht gestellt worden sein. Blümel selbst war damals noch nicht in der Regierung, Bundeskanzler Sebastian Kurz war allerdings zu dieser Zeit Außenminister. Gegen den Kanzler wird nicht ermittelt. Blümel und Neumann haben sämtliche Vorwürfe immer bestritten.

Nach der Hausdurchsuchung gab der frühere Kabinettschef im Justizministerium und nunmehrigen Rechtsanwalt Georg Krakow, der auch im Vorstand von Transparency International Österreich sitzt, mehrere Interviews als Experte. Tags darauf schrieb Pilnacek an Krakow: „Lieber Georg, wo siehst denn Du ein Amtsgeschäft; die Vereinbarung eines Termins ist sicher keines…“ Die beiden Juristen fachsimpelten ein bisschen, wobei Pilnacek letztlich durchklingen ließ, dass er von dem Verdacht gegen Blümel wenig überzeugt war: „Ja, aus den Chats ergibt sich aber nur, dass ein Termin stattfinden sollte, die Weiterungen sind Dichtung der WKStA, so lebensnahe wie sie eben sind…“

Gestern, Mittwoch, wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht Christian Pilnaceks Suspendierung verhandelt. Die Entscheidung soll kommende Woche schriftlich mitgeteilt werden.

Stefan   Melichar

Stefan Melichar

ist Chefreporter bei profil. Der Investigativ- und Wirtschaftsjournalist ist Mitglied beim International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ).

Michael   Nikbakhsh

Michael Nikbakhsh

war bis Dezember 2022 stellvertretender Chefredakteur und Leiter des Wirtschaftsressorts.