Von der Navy gefilmtes unbekanntes Flugobejekt: mysteriöse Unschärfe.
Nachrichtendienste

Anhörung von US-Whistleblower: UFOs im Kongress

Der ehemalige Agent David Grusch hat vor US-Abgeordneten über unbekannte Flugobjekte ausgesagt. Seine Behauptungen sind abenteuerlich: In einem geheimen Forschungsprojekt werde versucht, abgestürzte UFOs zu reparieren.

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Es waren Dialoge wie aus seinem Science-Fiction-Film, die da am vergangenen Mittwoch aus dem Kongress in Washington zu hören waren. Die Regierung sei „seit Jahren“ im Besitz von „intakten und teils intakten Flugobjekten nicht-menschlichen Ursprungs“, sagte der ehemalige Geheimdienstmitarbeiter David Grusch in einer öffentlichen Anhörung vor den Abgeordneten. Doch das Weiße Haus würde dieses Wissen geheim halten.

Vertuschung und Gewalt

Laut Grusch betreibt die US-Regierung seit Jahrzehnten ein geheimes Forschungsprojekt, bei dem abgestürzte UFOs „rekonstruiert“ werden. Er wisse von Personen, denen im Sinne der Geheimhaltung „Leid und Schaden“ zugefügt worden seien. Das Pentagon weist alle Behauptungen zurück.

Die Zweifel an Gruschs Erzählung sind freilich enorm. Es hilft nicht, dass er bei seiner Anhörung vor den Abgeordneten deutlich vorsichtiger war als zuvor in Medieninterviews . Noch im Juni hatte Grusch behauptet, die Regierung sei im Besitz eines außerirdischen Flugobjekts in der Größe eines Football-Feldes. Gegenüber der Zeitung „Le Parisien“ sprach er von einem „glockenartigen Fahrzeug“, das 1933 in Norditalien entdeckt und später in die USA gebracht worden sei. Darüber wollte Grusch am Mittwoch mit Verweis auf „Sicherheitsfragen“ nicht mehr sprechen.

Sein Schweigen könnte auch daran liegen, dass Grusch vor dem Kongress unter Eid stand. Ein neues Whistleblower-Gesetz schützt ihn zwar vor Strafverfolgung. Bei Falschaussagen muss Grusch aber durchaus rechtliche Konsequenzen fürchten. Es drohen mehrere Jahre Gefängnis.

Wer ist David Grusch?

Der 36-jährige US-Veteran hat schon in Afghanistan gekämpft. Später arbeitete er als leitender Mitarbeiter in der „Task Force for Unidentified Aerial Phenomena“ (UAP) im Pentagon. Weil die Nachrichtendienste Informationen über UFOs vor dem Kongress geheim hielten, schmiss er den Job hin. Als er Abgeordnete auf eigene Faust von den Entdeckungen in Kenntnis setzte, drohten die Nachrichtendienste ihm mit dem Tod. So erzählte es Grusch in Interviews und am vergangenen Mittwoch vor den Abgeordneten.

Wer Gruschs Worten Glauben schenkt, muss ihn für einen der mutigsten Whistleblower in der Geschichte der Geheimdienste halten. Der Astrophysiker Adam Frank gehört nicht dazu. Er findet Gruschs Behauptungen „überhaupt nicht aufregend“, immerhin handle es sich „lediglich um Hörensagen“. Grusch hat nie behauptet, je ein UFO mit eigenen Augen gesehen zu haben.

Im Kongress dürften ihn viele dennoch ernst genommen haben. Der Republikaner Glenn Grothman bezeichnete die Anhörung als „erhellend“ und sprach sich für mehr Transparenz der Regierung bei dem Thema aus: „Wir freuen uns darauf, in einem vertraulicheren Rahmen mehr zu erfahren, und gehen davon aus, dass daraus einige Gesetze hervorgehen werden.“

Wieso sind UFOs wieder Thema?

Immer wieder gelangen verwackelte Bilder von vermeintlichen UFOs an die Öffentlichkeit. Die meisten Sichtungen lassen sich rasch erklären (Ballone, Müll, Drohnen). Zwei bis fünf Prozent aber bleiben mysteriös. Ungewiss ist auch die Herkunft etlicher Flugobjekte, die von US-Kampfflugzeugen aus gefilmt wurden.

Ich habe an der atlantischen Küste jahrelang jeden Tag UAPs gesehen.

 

Ryan Graves

ehemaliger Navy-Pilot

Dass UFOs wieder zum Thema geworden sind, liegt auch an einer neuen Offenheit der US-Behörden im Umgang mit der Materie. Sogar die NASA meint mittlerweile, dass es bessere Daten brauche, um „nicht identifizierte Luftraumphänomene“ (UAP) zu untersuchen. Und laut dem Pentagon gibt es immer häufiger Sichtungen von rätselhaften Flugobjekten. Bei der Anhörung vor dem Kongress kam auch ein ehemaliger Pilot der US-Navy zu Wort. Er habe an der atlantischen Küste „einige Jahre lang täglich“ UAPs gesehen.

Die vor dem Kongress angehörten Piloten gaben an, dass viele Kollegen Sichtungen aus Angst um ihre Jobs gar nicht erst meldeten. Das könnte sich nun ändern. Die NASA will die Forschung an UAPs auf eine seriöse wissenschaftliche Basis stellen. Ein NASA-Expertengremium hat kürzlich die Entwicklung einer weltweit verfügbaren Handy-App empfohlen, mit der Fotos, Videos, Geräusche sowie Position und Zeitpunkt der unerklärbaren Sichtungen aufgezeichnet werden können. Damit könnte es bald einige Milliarden potenzielle UFO-Forscher geben.

Siobhán Geets

Siobhán Geets

ist seit 2020 im Außenpolitik-Ressort.