Sami Ukelli, Botschafter der Republik Kosovo in Wien.
"EU riskiert Verlust ihres Einflusses am Westbalkan"

Kosovo-Botschafter: "EU riskiert Verlust ihres Einflusses am Westbalkan"

Kosovo-Botschafter Sami Ukelli über die EU-Annäherung und den Konflikt mit Serbien.

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"Die EU riskiert, Einfluss und Vertrauen in den Westbalkan-Staaten zu verlieren." Denn Brüssel habe zuletzt immer wieder Zusagen nicht eingehalten oder falsche Hoffnungen geweckt. So eindringlich mahnte der Botschafter der Republik Kosovo, Sami Ukelli, am 24. April bei einer Diskussion mit Mitgliedern der österreichischen Sektion der „Association of European Journalists" (AEJ) und des „Verbands der Auslandspresse in Wien". Beim nächsten EU-Gipfel Ende Juni sollte daher die EU wie angekündigt die Beitrittsverhandlungen mit Albanien und der Republik Nord-Mazedonien aufnehmen. Und bereits zuvor, beim Westbalkan-Gipfel am 29. April in Berlin, zu dem die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron eingeladen haben, sollte auch eine Initiative für die ins Stocken geratenen Verhandlungen zwischen Serbien und dem Kosovo gestartet werden.

"Wir brauchen jetzt vertrauensbildende Maßnahmen"

Ukelli kann sich ein Abgehen der Regierung in Prishtina von der 100-Prozent hohen Steuer auf Importe aus Serbien, die im November 2018 als Reaktion auf eine Reihe von „Provokationen" aus Belgrad verhängt worden sei, vorstellen. Die Regierung Serbiens, welche die 2008 ausgerufene Unabhängigkeit des Kosovo als eigenen Staat nicht anerkennt, hatte unter anderem die Mitgliedschaft des Kosovo bei der Polizei-Kooperation Interpol erfolgreich verhindert. „Wir brauchen jetzt vertrauensbildende Maßnahmen", so Ukelli.

Der zuvor zwischen dem Präsidenten des Kosovo, Hashim Thaci, und dem Präsidenten Serbiens, Alexander Vucic, diskutierte Gebietstausch zwischen beiden Ländern sei nicht vom Tisch, so Ukelli. Die EU habe dazu Vorbehalte geäußert, vor allem die deutsche Kanzlerin Merkel, die aber bis jetzt keine alternativen Vorschläge dazu gemacht habe.

Thaci betonte aber kurz vor dem Treffen in Berlin, dass er nicht bereit sei, "einen Handel mit Territorien des kosovarischen Staatsgebiets" zu treiben. Immerhin verpflichteten sich Thaci und Vucic in Berlin wieder zu einem Dialog zurückzukehren. In dem Abschlussdokument ist davon die Rede, dass ein rechtlich bindendes Abkommen über die vollständige Normalisierung zwischen Belgrad und Pristina „von zentraler Bedeutung für den Weg Serbien und Kosovos nach Europa" ist.

Seit dem Westbalkan-Gipfel unter bulgarischem EU-Vorsitz vor einem Jahr herrsche „Stillstand" in der Erweiterungspolitik der EU. Damals sei vor allem Frankreich von dem zuvor genannten Datum 2025 für die Aufnahme neuer Mitglieder abgerückt.

"Silicon Valley des Balkan"

Ukelli betonte, dass sein Land ein hohes Wirtschaftswachstum von vier Prozent aufweise und auf internationale Investoren hoffe. Derzeit gebe es viele Firmengründungen im IT-Bereich. „Wir hoffen, dass der Kosovo zum Silicon Valley des Balkan wird", so Ukelli. Auch die Absicherung der Auslands-Investitionen durch Schiedsgerichte werde laufend verbessert. Fünf EU-Staaten – Griechenland, Zypern, die Slowakei, Rumänien und Spanien – haben bislang die Republik Kosovo nicht anerkannt. Bewegung gebe es jetzt in Griechenland und in der Slowakei.

Im Kosovo sei zuletzt die Aufstellung eigener Streitkräfte angelaufen. Dafür habe es zuletzt auch „Rückenwind" aus den USA und anderen NATO-Staaten gegeben.

Ende Juni werden im Kosovo Feierlichkeiten zum 20. Jahrestag der „Befreiung des Kosovo" stattfinden.